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In den letzten Jahrzehnten sind Studenten deutlich mobiler geworden. Um dem Trend nach flexiblen Wohnraumlösungen am Studienort gerecht zu werden, sind sogenannte "gewerbliche" Betreiber von Studentenheimen in den Markt eingetreten.
Das Bild, dass das Studentenheimgesetz aus dem Jahr 1986 vor Augen hatte, nämlich die Bereitstellung von spärlich ausgestattetem Wohnraum für sozial bedürftige Studenten, passt nicht mehr zur Realität. Studenten wollen heute flexibel angemietete, modern gestaltete, all-inclusive Apartments. Daher ist mit 01.09.2019 eine umfassende Novellierung des Studentenheimgesetzes in Österreich in Kraft getreten.
Die wichtigsten Neuerungen sind einerseits die Gleichschaltung der Definition der Ausnahme aus dem Mietrechtsgesetz und der Anwendbarkeit des Studentenheimgesetzes: beide stellen jetzt auf den Betrieb eines Studentenheims ab (und nicht mehr auf die Satzung des Betreibers). Es ist daher jetzt zwingend entweder das MRG oder das StudHG anzuwenden; die Möglichkeit, dass das ABGB alleine Anwendung findet, die bisher viele gewerblich tätige Betreiber gewählt haben, gibt es nicht mehr. Andererseits wurde eine Differenzierung zwischen gemeinnützigen und nicht-gemeinnützigen Studentenheimbetreibern eingeführt. Gemeinnützige Studentenheimbetreiber stellen Heimplätze zum Zweck der sozialen Förderung von Studenten ohne Gewinnerzielungsabsicht zur Verfügung. Nur mehr für gemeinnützige Studentenheimbetreiber gelten die Bestimmungen, dass sie das Benützungsentgelt nur nach dem Kostendeckungsprinzip festsetzen und einen in der lehrveranstaltungsfreien Zeit erwirtschafteten Überschuss nur für Zwecke des Studentenheims verwenden dürfen.
Hat der Studentenheimbetreiber für die Errichtung oder Generalsanierung des Studentenheims staatliche Förderungen in Anspruch genommen, so gelten weitere Beschränkungen. Geförderte Studentenheime haben eine Betriebspflicht als Studentenheim und dürfen auch außerhalb der lehrveranstaltungsfreien Zeit keinen anderen Zwecken (mit der Ausnahme der Führung eines Beherbergungsbetriebs) zugeführt werden. Die Förderung durch den Staat führt auch dazu, dass sozial bedürftigen Studenten ein Heimplatz nicht verwehrt werden darf. Betreiber von nicht geförderten Studentenheimen sind bei der Auswahl der Bewohner frei.
Der Benützungsvertrag für einen Heimplatz ist schriftlich abzuschließen und darf nur eine Laufzeit von maximal 12 Monaten haben. Ausschließlich mit Studienanfängern darf ein Benützungsvertrag auf 24 Monate geschlossen werden, wenn der Studienanfänger dies wünscht. Eine kürzere Vertragslaufzeit kann nur auf Wunsch des Studenten vereinbart werden. Der Studentenheimbetreiber kann sich aussuchen, ob die Benützungsverträge immer zu einem bestimmten Stichtag (z.B. 1. Oktober - Studienjahr) beginnen oder ob die 12 Monate individuell vom jeweiligen Vertragsabschluss laufen. Nach Ablauf des Benützungsvertrags hat jeder Heimbewohner einen Anspruch auf Verlängerung des Vertrags um weitere 12 Monate, sofern der Student nicht schon die eineinhalbfache Mindeststudienzeit überschritten hat oder andere vom Studentenheimbetreiber festzulegende Kriterien nicht mehr erfüllt.
An Nicht-Studenten können Heimplätze nur vergeben werden, wenn das Studentenheim nicht voll ausgelastet ist (z.B. bei frühzeitiger Kündigung eines Studenten). Während der lehrveranstaltungsfreien Zeit kann im Studentenheim auch ein Beherbergungsbetrieb geführt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass für einen Beherbergungsbetrieb eine eigene Gewerbeberechtigung und auch eine gewerberechtliche Betriebsanlagenbewilligung erforderlich ist.
Insgesamt spiegelt das neue Studentenheimgesetz die Realität am Markt für Studentenheime besser wider und schafft einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den geschäftlichen Interessen der Studentenheimbetreiber und den Interessen der Studenten an Wohnraum während der Studienzeit.
Author: Peter Madl, Florian Weisgram