you are being redirected

You will be redirected to the website of our parent company, Schönherr Rechtsanwälte GmbH: www.schoenherr.eu

18 January 2023
newsletter
austria

Austria: FMA präsentiert Aufsichts- und Prüfungsschwerpunkte für 2023

Die FMA veröffentlichte mit Ende des Jahres 2022 im Rahmen ihres Ausblicks auf das Jahr 2023 auch ihre Prüfungsschwerpunkte für das Jahr 2023. Die Veröffentlichung der Aufsichtsschwerpunkte soll sowohl die Marktteilnehmer und Stakeholder informieren als auch beaufsichtigten Unternehmen die Möglichkeit geben, sich gezielt auf die risikoorientierten aufsichtlichen Schwerpunkte im Jahr 2023 vorzubereiten.

In den folgenden sechs Bereichen wird die FMA im Jahr 2023 Schwerpunkte setzen. Der vollständige Bericht ist hier abrufbar.

Schwerpunkt 1: Resilienz und Stabilität

Trotz Herausforderungen der letzten Jahre haben der österreichische Finanzmarkt und seine Finanzteilnehmer Stabilität und Widerstandsfähigkeit bewiesen. Dennoch nehmen die geopolitischen und realwirtschaftlichen Herausforderungen zu und werden gewisse direkte und/oder indirekte Auswirkungen auf die Finanzteilnehmer haben. Um ein rasches aufsichtsrechtliches Handeln sicherzustellen, plant die FMA daher, die Entwicklungen sowie ihre Auswirkungen gesamthaft zu beobachten, wobei dafür neben dem Dialog auch die Durchführung von Vulnerabilitätsanalysen und Stresstests geplant ist. Die Kapitalausstattung soll weiter verbessert werden, um erkannte Risiken zu adressieren und damit sie internationalen Vergleichen standhält.

Ein besonderer Fokus aus dem Blickwinkel der Resilienz und Stabilität liegt auf dem Thema Abwicklung. Die FMA plant, die Abwicklungsfähigkeit der Banken zu stärken. Hierbei wird die FMA einerseits bei der Erstellung und Überprüfung der Sanierungspläne für zentrale Gegenparteien zur Absicherung von kritischer Marktinfrastruktur beitragen. Die in Österreich angesiedelte CCP.A wird nun ebenfalls einbezogen. Andererseits wird die FMA die schrittweise Implementierung europäischer Vorgaben zur Abwicklungsfähigkeit von Banken sowie die Identifikation und Adressierung von Abwicklungshindernissen vorantreiben. Zum Fokus auf Abwicklung gehört, nach den Erfahrungen mit Sberbank Europe, auch die Durchführung von einem grenzüberschreitenden Abwicklungs-Dry-Run anhand eines Abwicklungsfalls.

Beim Thema sorgfältiger und nachhaltiger Kreditvergabe möchte die FMA einen Schwerpunkt darauf legen, dass angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds das Kreditrisiko eingedämmt wird. Dazu soll auch die KIM-VO bei privater Finanzierung von Wohnimmobilien dienen (deren Vorgaben aber am Markt umstritten sind).

Schwerpunkt 2: Digitaler Wandel

Um sowohl Innovationen zu ermöglichen und zu fördern als auch faire Wettbewerbsbedingungen und einen angemessenen Verbraucherschutz sicherzustellen, wird sich die FMA im Sinne ihres Prüfmandats auf die Stabilität digitaler Systeme und auf die Resilienz gegenüber Cyberrisiken fokussieren.

Als Maßnahme zur Förderung der Stabilität digitaler Systeme und in Vorbereitung auf den Digital Operational Resilience Act ("DORA") wird der Fokus auf IKT-Risiken, deren Risikomanagement und Governance liegen. Die FMA wird unter anderem die IKT-Dienstleistungslandschaft genau analysieren, um daraus resultierende Risiken, insbesondere Systemrisiken und Ansteckungskanäle, zu evaluieren. Teil dieser Maßnahmen ist es, das institutsspezifische IKT-Risikomanagement bei Banken zu beurteilen. Bei Vor-Ort-Prüfungen wird der Schwerpunkt auf IKT der beaufsichtigten Unternehmen mit Fokus auf IKT-Sicherheit, Auslagerungen und Drittanbieter gelegt. Daneben plant die FMA, das Cyber-Dashboard weiterzuentwickeln.

Um die Resilienz gegenüber Cyberrisiken auszubauen, plant die FMA, die Cyber Maturity Level Assessments beaufsichtigter Unternehmen voranzutreiben. Bei Vor-Ort-Prüfungen soll der Fokus auch auf Cyberrisiken liegen. Die FMA plant, an der Umsetzung eines österreichischen TIBER-Frameworks mitzuwirken. Zum Aufbau der Resilienz gegen Cyberrisiken gehört auch ein marktweites Assessment der Risikominderungsmaßnahmen anhand eines konkreten Cybervorfallszenarios.

Schwerpunkt 3: Neue Geschäftsmodelle

Mit der "Markets in Crypto-Assets Regulation" ("MiCAR") für Kryptowerte, ihrer Anbieter und Kryptodienstleister sowie dem "DLT-Pilot-Regimes" zur unionsweiten Abwicklung von DLT-basierten Wertpapieren gibt es mehrere Legislativvorhaben, welche den digitalen Wandel regulieren sollen. Die FMA bereitet sich auf diese durch den Aufbau des notwendigen Know-hows vor, um beide Krypto-Geschäftsmodelle rasch, effizient und effektiv aufsichtlich anwenden zu können. Gemeinsam mit der Verordnung über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister, welche bereits anwendbar ist, stehen die Geschäftsmodelle dieser drei Gesetzesvorhaben auch 2023 im Zentrum konkreter Aufsichtsmaßnahmen.

Die Schwarmfinanzierungs-Verordnung tritt neben das Alternativfinanzierungsgesetz, ermöglicht aber den unionsweiten Vertrieb und ein höheres Projektfinanzierungsvolumen. Da der Betrieb einer Crowdfunding-Plattform technologisch wie regulatorisch herausfordernd ist und es dies unionsweit bisher nicht gab, ist es ein innovatives Geschäftsmodell und ermöglicht die Aufnahme in die Regulatory Sandbox. Sechs Crowdfunding-Plattformen nehmen den regulatorischen Experimentierraum bereits in Anspruch und werden bis zur endgültigen Zulassung regulatorisch begleitet. Insgesamt beabsichtigt die FMA, die Regulatory Sandbox weiter auszubauen und sich um den Eintritt weiterer Unternehmen zu bemühen. Im laufenden Dialog mit dem Beirat der Regulatory Sandbox und dem BMF will man neue Impulse für innovative Geschäftsmodelle schaffen. Dienstleister in der Sandbox sowie das Wertpapierunternehmen, welches bereits im Rahmen der Sandbox eine Konzession erhielt, sollen bei schrittweisen Erweiterungen der Konzession aufsichtsrechtlich begleitet werden.

Neben dem DLT-Pilot Regime, welches ab 23.3.2023 in Kraft tritt, ist auch die Umsetzung der Verordnung 2019/20233 ("IFR") und Richtlinie 2019/2024 ("IFD") im Wertpapierfirmengesetz, welches am 21.12.2022 beschlossen wurde und ab 1.2.2023 in Kraft tritt, im Laufe des Jahres 2023 ein weiterer Schwerpunkt der FMA. Die FMA wird Schritte zum Aufbau der organisatorischen Voraussetzung zur Konzessionierung und zum Aufbau von Know-how setzen.

Schwerpunkt 4: Kollektiver Verbraucherschutz

Um den Herausforderungen, welche durch Veränderung des Verbraucherverhaltens entstehen, zu begegnen, plant die FMA den Aufbau eines risikoorientierten Market-Monitorings, indem Finanzmarkttrends und -risiken identifiziert und überwacht werden sollen und die Marktüberwachung nach MiFIR vertieft wird. Hier spielt vor allem die zukünftige Verbraucherbeschwerde und Anfrage-Datenbank (VERBA-DB) eine Rolle, welche den Zugang zu Verbraucherinformationen erleichtern, die Übermittlung von Information mühelos gestalten und die Erfassung, Bearbeitung und Auswertung von Informationen und Daten so effizient und effektiv wie möglich machen soll.

Da die junge Kundengruppe, die ihre Investitionen über das Internet abwickelt, anwächst, verlieren nationale Grenzen an Relevanz. Die FMA plant mit anderen Aufsichtsbehörden in einer gemeinsamen und akkordierten Aktion, die faire Darstellung von Chancen, Risiken, Rechten und Pflichten bei Finanzprodukten zu überprüfen, wobei der Schwerpunkt auf "grünen Produkten" und Werbung im Rahmen der Geschäftsanbahnung liegt. Im Zuge dessen wird die FMA auch Marketingmitteilungen und Informationen auf ihre Ausgewogenheit prüfen. Darüber hinaus plant die FMA, auch die Auswirkungen der Inflation, gerade in Bezug auf Information und Transparenz bei Prämienerhöhungen bei Versicherungen, zu evaluieren.

Die FMA will sich auf Verbraucherinformation zu Inflation, Altersvorsorge, Nachhaltigkeit und Krypto-Assets auf ihrer Website fokussieren, um Verbrauchern einfache und klare Informationen zukommen zu lassen.

Schwerpunkt 5: Nachhaltigkeit

Da dem Finanzsektor große Bedeutung beim Erreichen der Pariser Klimaziele zukommt, sollen Investitionen in klimafreundliche Maßnahmen umgelenkt werden, wofür auch der regulatorische Rahmen weiterentwickelt werden muss, der durch die Aufsicht überwacht werden soll. Der Übergang zu einem klimafreundlichen, nachhaltigen Wirtschaftsmodell erfordert ein angemessenes Management der Nachhaltigkeitsrisiken. Bereits jetzt sind grüne Geldanlagen ein stark wachsendes Segment.

Die FMA legt daher ihren Aufsichts- und Prüfungsschwerpunkt beim Thema Nachhaltigkeit auf die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken ins Risikomanagement, in die Strategie und Governance beaufsichtigter Unternehmen. Die FMA wird die Integration laufend kontrollieren, analysieren und evaluieren.

Darüber hinaus wird die FMA im Rahmen der zuständigen Aufsicht über den Vollzug der Offenlegungsverordnung und der Taxonomie-Verordnung die Analysen der erstmaligen Offenlegung gemäß dieser und der Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung durchführen.

Die FMA wird auch die Einhaltung und korrekte Anwendung von Nachhaltigkeitsvorgaben schwerpunktmäßig kontrollieren und Verstöße konsequent verfolgen, wobei iS des Verbraucherschutzes der Fokus auf Fonds liegt. Ein Teil der schwerpunktmäßigen Prüfung wird auch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen beim Vertrieb von Finanzinstrumenten. Die ESMA plant 2023 zwei "Common Supervisory Actions" einerseits zum Thema Greenwashing bei Fonds und andererseits bei Werbung für nachhaltige Finanzinstrumente und die FMA wird an diesen teilnehmen.

Schwerpunkt 6: Sauberer Finanzplatz

Um der zunehmenden Anzahl dubioser Anbieter und krimineller Aktivitäten am Finanzmarkt zu begegnen, plant die FMA eine Reihe an Projekten im Jahr 2023. Mit zeitnahen, anlassbezogenen Ermittlungen gemäß Marktmissbrauchsrichtlinie sollen neue Trends frühzeitig erkannt werden. Darüber hinaus sind Anlageempfehlungen, Meldungen über das Suspicious Transaction and Order-Reportingsystems sowie Compliance-Prüfungen hinsichtlich der Handhabe von Insiderlisten und Sperrfristen im Fokus der FMA. Mit der Analyse von Whistleblowing-Meldungen und -Beschwerden wird ein Schwerpunkt beim Anlagebetrug gesetzt.

Zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung setzt die FMA auf Kooperation und Vernetzung mit internationalen Partnern, beispielsweise indem grenzüberschreitende Supervisory Colleges (AML-Aufsichtskollegien iSd der EBA-Leitlinien, bei denen mehrere Aufsichtsbehörden zusammenwirken) aufgebaut werden sollen. Innerhalb der FMA soll ein Info- und Kompetenzhub aufgebaut werden, um die Vernetzung mit nationalen und internationalen Akteuren im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu forcieren. Dies soll auch die Etablierung der europäischen Anti-Money Laundering Authority (AMLA) sowie die Rolle der FMA im dezentralen System vorbereiten. Die datenbasierte Risikoanalyse sowie die Nutzbarmachung von geldwäscherelevanten Informationen und Daten werden im Rahmen des risikobasierten Aufsichtsansatzes (Colleges, FIU-Daten, andere NCAs, weitere Akteure) gestärkt.

Viele neue Regelungen machen es zunehmend schwierig zu erkennen, wo der unerlaubte Betrieb beginnt. Um 2023 mehr Transparenz zu schaffen, plant die FMA einerseits eine Informationskampagne, die über die unterschiedlichen aufsichtsrechtlichen Schutzniveaus bestimmter Geschäftsmodelle (zB Krypto) informiert. Andererseits plant sie, den Informationsaustausch sowie Abstimmung mit Strafverfolgungsbehörden zu stärken, um Verfahren wegen unerlaubten Betriebs zielgerichteter führen zu können.

Fazit

Die Prüfschwerpunkte der FMA für das Jahr 2023 folgen zu einem Großteil den europäischen Trends in der Aufsichtslandschaft, besonders im Bereich Resilienz gegen realwirtschaftliche und geopolitische Entwicklungen sowie im Bereich Nachhaltigkeit und der Bekämpfung von Greenwashing. Zudem entnimmt man den Prüfungsschwerpunkten, dass sie sich stark mit der Vorbereitung auf die kommenden EU-Legislativvorhaben (einschließlich des digitalen Finanzpakets der EU und der Vereinheitlichung der Anti-Geldwäscherechtlichen Standards) beschäftigen.

authors: Matthias Pressler / Maximilian Nusser

Matthias
Pressler

Counsel

austria vienna

co-authors