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First published on Der Standard, 28.10.2019
Junge Unternehmen versuchen, ihre Mitarbeiter durch Beteiligungen in der Firma zu halten. Doch nicht jedes Modell funktioniert gleich gut
Für den Erfolg jedes Unternehmens spielen die Mitarbeiter eine Schlüsselrolle – bei Start-ups noch mehr. Da solche Jungunternehmen nicht immer die entsprechenden finanziellen Mittel haben und gutes Gehalt allein oft zu wenig ist, um Talente anzulocken, bieten sie oft Mitarbeiterbeteiligungen an.
Die Relevanz solcher Beteiligungen wird auch dadurch gesteigert, dass Start-up-Investoren oft einen raschen Exit durch den Verkauf des Unternehmens anstreben.
Das österreichische Recht bietet mehrere Varianten für Mitarbeiterbeteiligungen: 1. Übertragung von Anteilen am Unternehmen; 2. Einräumung von Optionen auf Anteile; oder 3. "virtuelle Anteile", die zu einer Bonuszahlung berechtigen, als ob der Mitarbeiter "echte Anteile" halten würde.
Bei der Entscheidung, welche Variante infrage kommt, sind folgende Fragen zu bedenken:
Die drei Varianten für eine Mitarbeiterbeteiligung variieren anhand dieser Fragen deutlich. Während echte Beteiligungen den höchsten Motivationsfaktor für Mitarbeiter einbringen, sind sie relativ komplex, können zum Zeitpunkt des Erwerbs eine Steuerpflicht auslösen und bringen rechtliche und faktische Risiken für das Unternehmen und dessen Gesellschafter mit sich.
Virtuelle Beteiligungsprogramme sind weniger komplex, führen jedoch bei Zahlungen stets zu lohnsteuerpflichtigen Einkünften, was demotivierend wirken kann – auch weil die Mitarbeiter sich nicht wie Gesellschafter fühlen.
Andere Optionen sind irgendwo dazwischen angesiedelt, vermitteln aber auch keine echte Beteiligung und bringen nur geringe steuerliche Vorteile.
Daneben gibt es auch aus Sicht des Arbeitsrechts mehrere Aspekte, die bei der Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen zu berücksichtigen sind. Wesentlich ist dabei die Ausgestaltung der einzelvertraglichen Zusage. Grundsätzlich kann die Zusage einen Rechtsanspruch oder ein bloßes Inaussichtstellen beinhalten.
Die zweite Variante hat zwar den Vorteil, dass es der Arbeitgeber letztlich in der Hand hat, ob er eine Beteiligung gewährt. Allerdings kann dann bei Mitarbeitern die Sorge entstehen, dass sie selbst bei vollstem Einsatz und Erfüllung aller Ziele am Ende mit leeren Händen dastehen könnten. In der Praxis ist es daher zumeist erforderlich, den Mitarbeitern einen echten Rechtsanspruch zu gewähren.
Ein Kernelement von Mitarbeiterbeteiligungszusagen ist die Vereinbarung der Bedingungen, bei deren Eintritt die Beteiligung zusteht. Aus Sicht der Gesellschaft ist es wichtig, dass dies von einem messbaren Erfolg abhängig ist. Dabei stellt sich die Frage, welche Parameter erfüllt sein müssen und wer deren Eintritt beurteilt.
Oft möchte sich das Unternehmen dafür größtmöglichen Spielraum offenlassen, was aber die Attraktivität des Modells bei der Rekrutierung verringert. Eine zu offene Gestaltung kann zudem dazu führen, dass beim späteren Ausscheiden des Mitarbeiters darüber gestritten wird, ob die Bedingungen erfüllt worden sind.
Weit verbreitet sind auch sogenannte "Good Leaver"- und "Bad Leaver"-Klauseln. Unternehmen möchten die besten am Markt verfügbaren Talente für sich gewinnen. Doch gerade diese werden gerne von Mitbewerbern abgeworben. Für diesen Fall sollen Beteiligungen verfallen oder gar nicht erst entstehen.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht kann eine Sonderregelung des Angestelltengesetzes dem Arbeitgeber hier jedoch einen Strich durch die Rechnung machen: Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine periodische Remuneration oder auf eine andere besondere Entlohnung, gebührt sie ihm anteilig auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis, aus welchen Gründen auch immer, vorzeitig endet. Das kann "Bad Leaver"-Klauseln deutlich entwerten.
Sinnvoll sind auch Clawback-Klauseln, mit denen ein Beteiligungsanspruch bei Eintritt bestimmter Ereignisse nachträglich für nichtig erklärt werden kann – etwa wenn sich herausstellt, dass der Arbeitnehmer seine Ziele nur durch Vorgabe falscher Parameter erreicht hat oder dass er parallel für einen Mitbewerber tätig ist.
Start-ups vereinbaren mit den Mitarbeitern zu Beginn ihrer Tätigkeit häufig einen relativ niedrigen Grundlohn, stellen aber bei einem entsprechenden Unternehmenserfolg eine attraktive Beteiligung in Aussicht.
Hierbei sind allerdings die Vorschriften des Lohn- und Sozialdumping-Regimes zu berücksichtigen. Demnach haben Arbeitnehmer zumindest Anspruch auf den kollektivvertraglichen Mindestlohn.
Wird dieser unterschritten, macht sich der Arbeitgeber strafbar, es drohen im Extremfall saftige Strafen von bis zu 50.000 Euro pro unterentlohntem Arbeitnehmer. Künftige Unternehmensbeteiligungen bleiben dabei außer Betracht.
Selbst junge Unternehmen sind daher gut beraten, ihr Gehaltsschema einer kollektivvertraglichen Bestandsprüfung zu unterziehen, um im Falle einer Überprüfung durch die Behörden entsprechend gewappnet zu sein.
Authors: Thomas Kulnigg und Stefan Kühteubl
Stefan
Kühteubl
Partner
austria vienna