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04 June 2020
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Viele Beschäftigte beziehen neben einem Grundgehalt ein variables Entgelt. Hier kann Covid-19 zu unerwarteten Problemen führen

Boni, Prämien und Provisionen sind für viele Arbeitnehmer ein wichtiger Bestandteil ihres Einkommens. In den vergangenen Jahren konnten die Arbeitnehmer bei entsprechender Leistung und entsprechendem Geschäftsergebnis erwarten, dass sie die vom Arbeitgeber ausgelobte oder gar vertraglich nach Zielen vereinbarte Vergütung auch tatsächlich bekommen werden.

Die durch das Coronavirus ausgelöste Pandemie stellt diese Erwartungshaltung nunmehr infrage. Führt das Virus dazu, dass die vereinbarten Ziele nicht erreichbar sind oder im Extremfall sogar dazu, dass gemachte Bonuszusagen nicht mehr gelten?

Variable Entgelte begegnen uns in der arbeitsrechtlichen Praxis in vielfältiger Form, sei es als Bonus auf Grundlage jährlich neu abzuschließender Zielvereinbarungen oder einseitig vorgegebener Bonuspläne – sogenannter Short- Term- oder Long-Term-Incentive-Plans –, sei es als Umsatzprovisionen, die den Arbeitnehmer in einem bestimmten Ausmaß an abgeschlossenen Geschäften oder realisierten Umsätzen partizipieren lassen.

Inwieweit Covid-19 hier zu Minderung oder allenfalls gar zum Entfall führen kann und vor allem ob der Arbeitgeber diesen Ausfall gar zu kompensieren hat, hängt daher zunächst stark davon ab, um welche Art von variablem Entgelt es sich handelt.

Geringere Provisionen

Provisionen lassen den Arbeitnehmer unmittelbar an einer erfolgreichen Geschäftsvermittlung oder einem erfolgreichen Geschäftsabschluss partizipieren. Werden weniger Geschäfte als erwartet abgeschlossen, fällt die Höhe der insgesamt zukommenden Provisionen geringer aus.

Es steht außer Zweifel, dass Geschäftsvereitelungen aufgrund hoheitlich festgesetzter Verkehrsbeschränkungen, z. B. die bis Mai geltenden Betretungsverbote bei den Dienstleistern, in die neutrale Sphäre fallen und dahingehende Einkommensverluste der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht zu ersetzen sind.

Was gilt aber dann, wenn ein Arbeitgeber sehr vorsichtig ist und seinen Mitarbeitern Kundenbesuche untersagt, obwohl dies rein rechtlich wieder zulässig wäre – etwa um Ansteckungen der Mitarbeiter und damit die Gefährdung der eigenen Belegschaft hintanzuhalten?

Das Angestelltengesetz sieht zugunsten der Provisionsempfänger einen Vereitelungsschutz vor: Unterbleibt die Ausführung eines Geschäfts aufgrund eines schuldhaften Verhaltens des Arbeitgebers, behält der Arbeitnehmer dennoch den Anspruch auf Provision. Aber was bedeutet hier genau "schuldhaft"? Der Arbeitgeber kann ja argumentieren, dass er dann, wenn er zu rasch wieder hochfährt und dadurch Infektionsfälle entstehen, im Worst Case die Schließung seines Betriebs aufgrund des Epidemiegesetzes riskiert.

Festgelegte Ziele

Boni und Prämien gebühren Arbeitnehmern abhängig von der Erreichung bestimmter Ziele, die vorab in einer Zielvereinbarung vereinbart oder vom Arbeitgeber einseitig festgelegt werden. Diese Ziele werden zumeist jährlich für das jeweilige Wirtschaftsjahr definiert.

Werden im Jahr 2020 Ziele aufgrund der Auswirkungen von Covid-19 nicht erreicht, ist anhand der Vertragsauslegung zu beurteilen, inwiefern dies eine negative Wirkung für den Bonus des Mitarbeiters hat oder ob dem Mitarbeiter allenfalls dennoch der volle Bonus zusteht.

Haben die Parteien dazu nichts vereinbart, so wird eine Covid-19-bedingte Nichterreichung von Zielen zulasten des Bonusanspruchs der Arbeitnehmer gehen.

Keine Zielvereinbarung

Unklarer wird die Rechtslage aber dann, wenn die Parteien für das kommende oder selbst für das laufende Wirtschaftsjahr keine Zielvereinbarung abgeschlossen haben und dies nun vor dem Hintergrund der Corona-Krise ansteht. Arbeitnehmer werden diesfalls insofern auf eine Berücksichtigung der Krise pochen, als die Ziele entsprechend nach unten anzupassen sind.

Arbeitgeber werden mitunter ein eher gegenläufiges Interesse haben, nämlich dass die Ziele möglichst ambitioniert bleiben, um rasch wieder das Verlorene aufholen zu können. Laut Oberstem Gerichtshof müssen Zielvereinbarungen realistisch sein, es muss dem Arbeitnehmer grundsätzlich bei entsprechendem Bemühen möglich sein, die gesetzten Ziele auch zu erreichen. Unrealistische Ziele sind daher zu korrigieren, also auf ein vom Arbeitnehmer erreichbares Maß zu reduzieren.

Einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer überhaupt nicht, ziehen die Gerichte in der Praxis oftmals die Zielvereinbarung des vorangehenden Jahres als Bewertungsmaßstab heran. Ob dies allerdings vor dem Hintergrund von Covid-19 auch für nicht zustande gekommene Zielvereinbarungen, die einen sich mit der Pandemie überlappenden Zeitraum betreffen, zutrifft, bleibt abzuwarten.

(Stefan Kühteubl, 4.6.2020)

Stefan
Kühteubl

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