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10 March 2020
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Coronavirus: Arbeitsrechtliche Aspekte

In den letzten Tagen sind Arbeitgeber (AG) mit zahlreichen Medieninformationen und behördlichen Stellungnahmen zum Coronavirus konfrontiert worden.

Aufgrund deren Fülle und den nahezu täglich ergehenden Erlässen des Gesundheitsministeriums ist es zweckmäßig, den arbeitsrechtlichen Status Quo zusammen zu fassen:

Fallkonstellationen

Ausgehend von der Systematik des Epidemiegesetzes (EpidemieG) können folgende Fallgruppen unterschieden werden:

  • Krankheitsfälle: Vorliegen eines positiven Testergebnisses;
  • Verdachtsfälle: akute Symptome sowie Kontakt mit einem Krankheitsfall innerhalb der vergangenen 14 Tage oder vorhergehender Aufenthalt in einem Risikogebiet;
  • Kontaktpersonen: Einteilung in drei Kategorien, bei Kategorie I (direkter Kontakt) und Kategorie II (Kontakt mit niedrigerem Infektionsrisiko) gilt Registrierungspflicht, bei Kategorie III (Reiserückkehrer aus Risikogebieten ohne Symptome) keine Registrierungspflicht;
  • Sonstige AN (AN).

In unserem Beitrag Rechtsrahmen der Epidemieregulierung vom 09.03.2020 sind die Voraussetzungen für die Einteilung in eine der oben genannten Kategorien, die Risikogebiete sowie die über das Arbeitsrecht hinausgehenden regulatorischen Vorgaben ausführlich dargestellt.

Krankheitsfälle

Über Krankheitsfälle kann mittels Bescheid ua eine Quarantäne oder eine Verkehrsbeschränkung verhängt werden. Soweit der AN aufgrund solcher behördlichen Maßnahmen nicht zur Arbeit erscheinen kann, hat er einen Vergütungsanspruch

auf das regelmäßige Entgelt iSd Bestimmungen des

Entgeltfortzahlungsgesetzes. Die AG haben diesen Anspruch zu erfüllen. Mit Erfüllung hat dann der AG wiederum einen Anspruch gegenüber dem Bund auf Rückerstattung.

Sollte ein AN positiv auf das Coronavirus getestet, jedoch keine behördliche Quarantänemaßnahme verhängt worden sein (was wohl nur der Ausnahmefall sein wird), besteht bei entsprechender Krankschreibung dennoch Entgeltfortzahlungspflicht. Ein Rückerstattungsanspruch des AG ist diesfalls nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen.

Achtung: Der Rückerstattungsanspruch ist binnen sechs Wochen vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahme bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahme getroffen wurde, geltend zu machen, widrigenfalls der Anspruch erlischt (§ 33 EpidemieG). Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiellrechtliche Frist, der Antrag auf Rückerstattung muss daher zwingend innerhalb der sechs Wochen bei der Behörde einlangen, sonst erlischt der Anspruch.

Verdachtsfälle

Bei Verdachtsfällen kann ebenfalls mittels Bescheid eine Quarantäne oder eine Verkehrsbeschränkung verhängt werden. Auch hier gelten wiederum dieselben Entgeltfortzahlungsregeln wie bei Krankheitsfällen, insbesondere ist auch wiederum die Sechswochenfrist zur Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs zu beachten.

Sollte bei einem Verdachtsfall keine behördliche Quarantänemaßnahme verhängt worden sein und wird dieser AN vom AG dienstfreigestellt, hat der AG aufgrund der Freistellungsweisung das Entgelt fortzuzahlen, hat aber keinen Rückerstattungsanspruch gegenüber dem Bund.

Kontaktpersonen

Bei Kontaktpersonen ist je nach "Kategorie" zu unterscheiden:

  • Kategorie I: es besteht Registrierungspflicht, die Kontaktperson ist häuslich abzusondern.
  • Kategorie II und III: hier ist in der Regel keine Quarantäne anzuordnen. Wenn diese Personen dennoch vom AG dienstfrei gestellt werden, haben diese einen Entgeltfortzahlungsanspruch aufgrund der allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften. Ein Ersatzanspruch des AG gegenüber dem Bund besteht wiederum nicht.

Sonstige AN

Dabei handelt es sich um jene Personen, die weder ein Krankheitsfall noch ein Verdachtsfall und auch keine Kontaktperson sind. Diese AN sind grundsätzlich verpflichtet, unabhängig von der "Coronavirus-Krise" zur Arbeit zu erscheinen. Tun sie dies nicht, haben sie auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. In Extremfällen riskieren diese AN sogar, dass ihr Dienstverhältnis durch Entlassung vom AG beendet werden könnte, wenn sie nämlich während einer den Umständen nach erheblichen Zeit die Dienstleistung unterlassen. Von einer eheblichen Zeit wird man der Rechtsprechung folgend jedoch erst dann sprechen können, wenn der AN mehr als bloß ein paar Tage nicht zum Dienst erscheint.

Ein Recht des AN, nicht zum Dienst zu erscheinen, besteht jedoch selbstverständlich dann, wenn der Betrieb aufgrund des Bestehens einer außerordentlichen Gefahr behördlich geschlossen würde. Auch diesfalls greifen wieder die besonderen Entgeltfortzahlungsregelungen des EpidemieG.

Im umgekehrten Fall, nämlich dann, wenn der AG vorsorglich eine Dienstfreistellung anordnet, obwohl kein Quarantänefall des EpidemieG vorliegt, behalten die AN ihren Entgeltfortzahlungsanspruch.

Fürsorgepflicht

Der AG hat bei der Organisation der Arbeit auf die Gesundheit der AN Rücksicht zu nehmen. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus sollten AG daher entsprechende organisatorische Maßnahmen (Bereitstellung von Desinfektionsmitteln, Hygienehinweise) ergreifen. Die Ausgabe von Schutzmasken ist aus derzeitiger Sicht – außer bei besonderer Gefährdung (z.B. Duty Free Shop am Flughafen) - nicht erforderlich. Wenn eine massive Ansteckungsgefahr besteht, könnten AG gehalten sein, dies der Gesundheitsbehörde anzuzeigen, damit diese gegebenenfalls die entsprechenden gesundheitsrechtlichen Maßnahmen treffen kann (zB Schließung des Betriebs).

Home-Office

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob der AG vorsorglich die Erbringung der Arbeitsleistung im Home-Office anordnen kann. Das EpidemieG enthält dahingehend keine Vorschriften. Die Frage, ob der AG Home-Office einseitig anordnen bzw. umgekehrt der AN einseitig Home-Office in Anspruch nehmen kann, ist daher nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu beantworten.

Demnach bedarf die Änderung des bisherigen Arbeitsortes grundsätzlich einer Vereinbarung zwischen AN und AG. Soweit der Arbeitsvertrag allerdings eine einseitige Versetzungsklausel zu Gunsten des AG vorsieht, kann der AG anstelle des bisherigen Arbeitsortes auch die Erbringung der Arbeitsleistung von zu Hause aus anordnen, soweit dies der Natur der Dienstleitung nach möglich ist. Dieses einseitige Weisungsrecht muss auch dann gelten, wenn im Dienstvertrag zwar keine Versetzungsklausel vorgesehen ist, der Dienstort aber derart weit gefasst ist, dass neben der Betriebsstätte auch der Wohnort des AN erfasst ist (Beispiel: der Dienstvertrag sieht vor "Dienstort ist Wien"; bisheriger Arbeitsort befindet sich in Wien, der AN wohnt ebenfalls in Wien).

Das EpidemieG lässt offen, ob ein AN, der als Verdachtsfall oder Kontaktperson der Kategorie I oder II gilt und für den häusliche Quarantäne angeordnet wird, währenddessen im Home-Office seine Arbeitsleistung weiter erbringen kann. Nach unserem Verständnis ist der AN ja nicht aufgrund Krankheit oder Unglücksfall an der Leistung seiner Dienste verhindert. Andererseits erhält der AG das Entgelt, dass er dem AN während dieser Zeit fortzahlt auf Antrag vom Bund ersetzt, sodass er letztlich die Arbeitsleistung des AN "gratis" erhalten würde.

Dienstreisen

Wenn ein AN (entweder aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung oder aufgrund der bisher gelebten Praxis) verpflichtet ist, Dienstreisen zu verrichten, stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob AN die Vornahme einer Dienstreise in einen ausländischen Staat verweigern dürfen.

Der AN darf die Vornahme einer Dienstreise in ein von den Behörden deklariertes Risikogebiete berechtigt verweigern. Die Fürsorgepflicht des AG gebietet es sogar, derartige Dienstreisen nicht anzuordnen.

In Gebiete, die keine Risikogebiete sind, können AN nicht ohne weiteres die Vornahme einer Dienstreise verweigern. Hier wäre eine Verweigerung uE nur dann denkbar, wenn etwa am konkreten Reiseziel bereits in stärkerem Ausmaß Corona-Verdachtsfälle oder Krankheitsfälle aufgetreten sind.

Urlaub

Der AG kann dem AN nicht verbieten, in ein bestimmtes Urlaubsgebiet zu fahren, auch wenn es sich um ein Risikogebiet handelt. Steckt sich ein AN im Urlaub in einem Risikogebiet mit dem Coronavirus an, könnte der AG nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen die Entgeltfortzahlung allenfalls mit dem Argument verweigern, dass der AN die Dienstverhinderung durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat (§ 8 Abs 1 letzter Satz AngG). Allerdings würde in diesen Fällen wiederum das EpidemieG greifen und bei Anordnung von Quarantäne ein Entgeltfortzahlungsanspruch aufgrund dieser sondergesetzlichen Vorschrift bestehen.

Kinderbetreuung aufgrund der Schließung von Kindergarten/Schule

Erkrankt ein Kind aufgrund des Coronavirus kann Anspruch auf Pflegefreistellung und somit Entgeltfortzahlung nach dem UrlG für eine, bei Kindern unter zwölf Jahren für eine weitere Woche bestehen.

Werden Schule oder Kindergarten geschlossen, ohne dass das eigene Kind erkrankt ist, besteht kein Anspruch auf Pflegefreistellung nach dem UrlG. Allerdings sieht das AngG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung vor, wenn der Arbeitnehmer durch andere, wichtige Gründe ohne sein Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Leistung seiner Dienste verhindert ist. Darunter kann unseres Erachtens auch die unerwartete Schließung des Kindergartens oder der Schule aufgrund des Coronavirus fallen.

In jedem Fall bleibt es AG und AN unbenommen, Home-Office zu vereinbaren.

Kurzarbeit

Im Zusammenhang mit der Verbreitung des Coronavirus wird aktuell von der Bundesregierung die Bereitstellung von (weiteren) finanziellen Mitteln für Kurzarbeit diskutiert. Derzeit wurden dahingehend jedoch noch keine rechtlichen Erleichterungen vorgesehen, sodass bis auf weiters die allgemeinen (strengen) Vorgaben gelten:

Das AMS kann Unternehmen, welche die Normalarbeitszeit der AN zulässigerweise (durch BV oder Einzelvereinbarung) vorübergehend um mindestens 10% bis maximal 90% reduzieren, Kurzarbeitsbeihilfen gewähren. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen von vorübergehenden, nicht saisonbedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten betroffen ist, die auf unternehmensexterne Umstände zurückzuführen sind und die das Unternehmen nur schwer oder überhaupt nicht beeinflussen kann. Die Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe setzt weiters voraus, dass das Unternehmen die regionale Geschäftsstelle des AMS rechtzeitig verständigt und sich mit dem AMS über anderweitige (innerbetriebliche) Lösungs- und Unterstützungsmöglichkeiten berät. Enden die Beratungen mit dem Ergebnis, dass die Beschäftigungsschwierigkeiten nur mit Kurzarbeit zu überwinden sind, ist in weiterer Folge eine sogenannte Sozialpartnervereinbarung zwischen den kollektivvertraglichen Körperschaften der AG und AN abzuschließen, welche die Bedingungen der Kurzarbeit genauer regeln.

 

Wir ersuchen Sie, zu beachten, dass es sich bei dieser Information um keine abschließende Darstellung handelt und diese ein Studium der einschlägigen Vorschriften und Anordnungen nicht ersetzen kann. Manche der dargestellten Aspekte können kurzfristigen Änderungen unterworfen sein. Wir laden Sie daher ein, unseren Informationsbereich auf www.schoenherr.eu wiederkehrend zu besuchen.

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Stefan
Kühteubl

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