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23 June 2025
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Does the Nature Restoration Law already have an impact on approval procedures?

This article was first published in Der Standard 21.06.2025

Durch EU-Wiederherstellungsverordnung, besser bekannt als Renaturierungsverordnung soll die biologische Vielfalt in Europa verbessert und langfristig erhalten bleiben. Dafür müssen geschädigte Ökosysteme wiederhergestellt und in einen guten Zustand versetzt werden. Aufbauend auf bestehenden Umweltvorschriften, wie insbesondere der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL und Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL), werden den EU-Mitgliedsstaaten für verschiedene Ökosysteme konkrete Zielvorgaben gemacht, die sie zeitlich gestaffelt zu erreichen haben. Zudem sollen sich Flächen, die sich in gutem Zustand befinden oder durch Wiederherstellungsmaßnahmen in einen solchen versetzt wurden, nicht erheblich verschlechtern.

EU-Verordnungen sind grundsätzlich unmittelbar anwendbar und benötigen keine Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten. Doch ein genauerer Blick auf die Renaturierungsverordnung zeigt: Diese gibt nur einen Rahmen vor, und die einzelnen Staaten müssen noch viele Details in den nationalen Wiederherstellungsplänen regeln. Fraglich ist, ob die Verordnung dennoch bereits jetzt Auswirkungen auf Genehmigungsverfahren haben kann, insbesondere durch ihre Verschlechterungsverbote.

"Erhebliche Verschlechterung"

Die Renaturierungsverordnung sticht insbesondere durch ihre Ungenauigkeit hervor. So finden sich weder im Verordnungstext noch in den 91 Erwägungsgründen Anhaltspunkte für die Definition der "Verschlechterung" oder ihre Erheblichkeitsschwelle. Eine Orientierung an Bewertungsmaßstäben bestehender EU-Umweltvorschriften liegt zwar nahe, doch die zum Teil neuen Begrifflichkeiten der Renaturierungsverordnung deuten darauf hin, dass möglicherweise ein eigener Ansatz verfolgt wird. So entspricht zum Beispiel der "günstige Erhaltungszustand" der FFH-RL nicht dem "guten Zustand" der Renaturierungsverordnung. Ob sich in der Praxis neue Bewertungsmethoden entwickeln, bleibt abzuwarten.

Klar ist, dass die Verschlechterungsverbote der Verordnung einen Paradigmenwechsel in der EU-Umweltgesetzgebung markieren. Während die FFH- und VS-RL darauf abzielen, eine Verschlechterung des bestehenden Zustands in ausgewiesenen Schutzgebieten zu verhindern, knüpft die Renaturierungsverordnung an den bereits erreichten guten Zustand im Gesamtgebiet der EU an. Zudem setzt sie vorrangig auf einen maßnahmenorientierten Ansatz: Die Mitgliedsstaaten erfüllen ihre Verpflichtungen bereits durch das Ergreifen von Maßnahmen – unabhängig davon, ob die angestrebten Ziele tatsächlich erreicht werden.

Wann greifen Verbote?

Die Formulierung der Verschlechterungsverbote zeigt, dass ihre Anwendbarkeit jedenfalls vom Vorliegen der nationalen Wiederherstellungspläne abhängt. In diesen müssen nämlich die Maßnahmen zur Einhaltung der Verschlechterungsverbote festgelegt werden. Den einzelnen EU-Staaten bleibt dabei ein erheblicher Spielraum, nicht zuletzt, weil auch der Begriff "Maßnahme" in der Verordnung nicht definiert wird. Zwar könnte auf althergebrachte Instrumente, wie zum Beispiel strengere Genehmigungsvoraussetzungen, zurückgegriffen werden. Mangels konkreter Vorgaben kommen aber auch marktorientierte Ansätze wie Ausgleichsflächenpools in Betracht, wodurch Projektwerber Eingriffe in die Natur durch Finanzierung von Wiederherstellungsmaßnahmen an anderer Stelle ausgleichen können.

Ein zeitlicher Aspekt kommt hinzu: Die Mitgliedsstaaten sind derzeit mit der Erstellung der nationalen Pläne befasst, die bis spätestens 1. September 2026 der Europäischen Kommission vorgelegt werden müssen. Angesichts der föderalen Struktur Österreichs und der Vielzahl beteiligter Gebietskörperschaften, Behörden und Stakeholder, die teils unterschiedliche politische Interessen vertreten, bleibt offen, ob diese Frist tatsächlich eingehalten werden kann.

Bedeutung bei Genehmigungen?

Der entscheidende Punkt ist, dass die Verschlechterungsverbote frühestens dann greifen, wenn die Mitgliedsstaaten ihre Pläne an die EU-Kommission übermitteln. Eine Anwendung der Verschlechterungsverbote vor diesem Zeitpunkt würde den Kompetenzen der einzelnen EU-Staaten vorgreifen und den zahlreichen Ausnahmen sowie Spezialbestimmungen zur Erreichung der Wiederherstellungsziele und Verschlechterungsverbote widersprechen.

Ein Beispiel verdeutlicht diese Problematik: Ein Unternehmen plant ein Projekt auf einer "grünen Wiese". Ohne nationalen Wiederherstellungsplan ist unklar, ob das Projektgebiet als Fläche im "guten Zustand" im Sinne der Renaturierungsverordnung angesehen wird und daher geschützt ist. Ist dies der Fall, könnte das Projekt starken Einschränkungen unterliegen oder sogar gänzlich unzulässig werden.

Fest steht, dass die nationalen Wiederherstellungspläne das zentrale Instrument der Verordnung sein werden. Diese sind jedoch noch (länger) in Ausarbeitung. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig in den Prozess zur Erstellung der nationalen Pläne einbringen, um unerwartete Hürden für ihre Projekte zu vermeiden.

authors: Sarah Wolf, Isabel Bruckmoser

Sarah
Wolf

Attorney at Law

austria vienna

co-authors