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Der mit Spannung erwartete Begutachtungsentwurf des Bundesgesetzes über den Ausbau von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG) enthält ua Regelungen zu Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften. Damit soll die Bürgerbeteiligung an der Energiewende und eine verstärkte dezentrale Energieversorgung in Österreich gefördert werden.
Nachfolgend ein kurzer Überblick zu den neuen Marktteilnehmern! Details folgen im Rahmen unserer geplanten Veranstaltungsserie.
Mit dem Clean Energy Package der Europäischen Union wurde die Grundlage für neue Akteure auf dem Energiemarkt geschaffen: Die Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (in der Folge "RED II") verpflichtet die Mitgliedstaaten nationale Regelungen zu erlassen, die eine Gründung von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften ("EEGs") ermöglichen. Nach der RED II handelt es sich bei den EEGs um Rechtspersonen, die erneuerbare Energie erzeugen, verbrauchen und/oder verkaufen. Die RED II sieht für die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Einführung der EEGs zahlreiche Vorgaben vor. Mit dem EAG sollen diese Vorgaben umgesetzt werden. Bei genauerer Betrachtung beabsichtigt der Gesetzgeber von einzelnen Vorgaben der RED II abzuweichen.
Zulässige Betätigungsfelder
Der EAG-Entwurf beschreibt zunächst die möglichen Betätigungsfelder einer EEG: Sie kann Energie aus erneuerbaren Quellen (i)erzeugen und die eigenerzeugte Energie (ii) verbrauchen, (iii) speichern oder (iv) verkaufen. Die Einschränkung auf den Verbrauch und Verkauf von eigenerzeugter Energie ist insoweit bemerkenswert, als diese Regelung dahingehend verstanden werden könnte, dass EEGs grundsätzlich keinen "fremde" Energie verbrauchen, speichern oder verkaufen. Unserem Verständnis nach ist diese Bestimmung aber nicht im Sinne eines Verbots, sondern einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine EEG grundsätzlich eigenerzeugte, aber darüber hinaus auch fremde Energie verbrauchen, speichern und verkaufen darf, sofern die für diese Tätigkeiten einschlägigen Rechtsvorschriften eingehalten werden. Mit anderen Worten: Allenfalls bestehende regulatorische Erleichterungen (zB Fehlen der Lieferanteneigenschaft bei innergemeinschaftlichen Energiebezug) gelten nur für die eigenerzeugte Energie einer EEG. EEGs können darüber hinaus im Bereich der (v) Aggregierung1 tätig sein und andere Energiedienst-leistungen erbringen. Ob die Aggregierung auch fremderzeugte Energie umfassen kann, ist anhand des Gesetzesentwurfs nicht eindeutig zu beantworten. Eine EEG darf auch (vi) Eigentümerin oder Betreiberin eines Verteilernetzes sein. Die Regelung könnte zB für neue städtische Siedlungsgebiete oder Gemeinden interessant sein, die neben der Erzeugung auch die Funktion der Verteilung übernehmen wollen. Sollte eine EEG ein Verteilernetz betreiben wollen, so muss sie sich aber uneingeschränkt an die Vorschriften des ElWOG 2010 für Verteilernetzbetreiber halten (zB Entflechtung, Konzessionspflicht etc).
Beschränkter Mitgliederkreis
Die Mitgliedschaft an einer EEG ist auf folgenden Personenkreis beschränkt: Natürliche Personen, Gemeinden, Rechtsträger von Behörden in Bezug auf lokale Stellen sowie kleine und mittlere Unternehmen ("KMUs"). Von einer EEG ausgeschlossen sind beispielsweise große Unternehmen wie etablierte Energieversorgungsunternehmen ("EVUs") sowie große Handels- und Industrieunternehmen. Sie können aber selbstverständlich Vertrags- bzw Kooperationspartner einer EEG sein. Es ist zB möglich, dass ein EVU die mit der Verwaltung / Steuerung einer EEG verbundenen Aufgaben im Wege eines mit der EEG abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags übernimmt.
Die Mitglieder oder Gesellschafter der EEG müssen zudem nach § 5 Abs 1 Z 13 des EAG-Entwurfs im "Nahebereich" gemäß § 75 angesiedelt sein. Dieser Nahebereich wird mit der Netzebene 5 bzw Sammelschiene im Umspannwerk und damit vergleichsweise weiträumig abgegrenzt: Die Verbrauchsanlagen einer EEG müssen demnach mit den Erzeugungsanlagen entweder lokal über ein Niederspannungs-Verteilnetz und den Niederspannungsteil der Transformatorstation oder regional über das Mittelspannungsnetz und die Mittelspannungs-Sammelschiene im Umspannwerk im Konzessionsgebiet eines Netzbetreibers verbunden sein. Ob im letzteren Fall noch von "Nahebereich" gesprochen werden kann, ist fraglich. Ein überregionaler Verbrauch und Transport von eigenerzeugter Energie über die Netzebenen 1 bis 4 ist – mit Ausnahme der Mittelspannungsschiene im Umspannwerk – jedenfalls unzulässig. Auch eine netzbetreiberübergreifende Durchleitung ist nicht möglich.
Die Einführung einer "regionalen" EEG bedeutet, dass der Kreis jener Verbraucher, die ein Recht auf Teilnahme an einer EEG haben, von beachtlicher Größe sein kann. Das könnte die Errichtung und den Betrieb von EEG-Erzeugungsanlagen wirtschaftlich attraktiv machen: Zum einen könnten Errichtungs- und Betriebskosten und damit finanzielle Risiken auf eine Vielzahl von (größeren) Verbrauchern (Beteiligten) aufgeteilt werden; zum anderen kann eine Erzeugungsanlage eine Vielzahl von Abnehmern finden, die von vergünstigten Netztarifen profitieren (dazu näher unten). Da sich vermutlich nur größere EEGs wirtschaftlich rechnen werden, könnte die weiträumige Abgrenzung über Netzebene 5 bzw Sammelschiene ein wichtiger Schritt in die Richtung einer wirksamen Förderung von EEGs sein. Außerdem könnten dadurch gemeindeübergreifende Projekte ermöglicht werden.
Rechtsform
Die EEG ist als Verein, Genossenschaft, Personen- oder Kapitalgesellschaft, Eigentümergemeinschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz 2002 ("WEG 2002") oder ähnliche Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit zu organisieren. In Anbetracht des Hauptzwecks der EEG, der nicht im Erzielen eines finanziellen Gewinns liegen darf, sondern vorrangig darin besteht, den Mitgliedern oder den Gebieten, in denen die EEG tätig ist, ökologische, wirtschaftliche oder sozialgemeinschaftliche Vorteile zu bringen, erscheinen bestimmte Rechtsformen besser geeignet als andere. So eignen sich sowohl Vereine, speziell aber Genossenschaften für die Gründung einer EEG. Letztlich sieht der EAG-Entwurf aber keinen geschlossenen Kreis an möglichen EEG-Rechtsformen vor. Denkbar ist somit jede Organisations- und Gesellschaftsform, solange sie Rechtspersönlichkeit besitzt. Aus den Erläuterungen geht hervor, dass Eigentümergemeinschaften nach dem WEG 2002 die Möglichkeit haben sollen, im Rahmen der Verwaltung eine EEG zu gründen. Ob eine solche EEG in der Rechtsform der Eigentümergemeinschaft oder zB als Verein gegründet wird und inwieweit die Eigentümergemeinschaft nach dem WEG 2002 im Lichte ihrer eingeschränkten Rechtsfähigkeit eine geeignete Rechtsform bildet, muss in diesem Rahmen dahingestellt bleiben.
Mindestinhalt der Gründungsdokumente und Beitrittsverträge
§ 76 Abs 2 EAG-Entwurf hält fest, welchen (Mindest-)Inhalt die Gründungsdokumente (Statut oder Vertrag) einer EEG sowie die allenfalls abzuschließenden Beitrittsverträge aufweisen müssen:
Der Umstand, dass die Gründungs- und Beitrittsdokumente auch Regelungen zur Datenverwaltung und Datenbearbeitung durch den Netzbetreiber zu enthalten haben, bedingt das Erfordernis einer engen Abstimmung mit dem für die EEG zuständigen Netzbetreiber. Standardisierte Datenverwaltungs- und Datenbearbeitungsregeln wären von Vorteil, um zeit- und kostenintensive Abstimmungen zu vermeiden. Sollte die EEG bereits in einem frühen Projektentwicklungsstadium gegründet werden und können aus diesem Grund einzelne Angaben wie zB Zählpunktnummern der Erzeugungs- bzw Verbrauchsanlagen noch nicht in die Gründungsdokumente aufgenommen werden, müssten diese spätestens mit Inbetriebnahme der Erzeugungsanlage mit den fehlenden Daten ergänzt werden. Es ist andernfalls davon auszugehen, dass kein Rechtsanspruch auf die in § 77 EAG-Entwurf normierten Mess- und Verrechnungsleistungen des Netzbetreibers besteht; ohne diese Leistungen kann aber eine EEG nicht funktionieren. Apropos Rechtsanspruch: Der EAG-Entwurf normiert einen Rechtsanspruch "auf Teilnahme an einer EEG" gegenüber Netzbetreibern. Diese Formulierung muss wohl dahingehend verstanden werden, dass diejenigen, die Mitglieder einer EEG werden wollen oder bereits sind, einen Anspruch auf Erbringung der in § 77 erwähnten Netzbetreiberleistungen haben (Messung, Auslesung, Clearing, Energieanteilszuordnung sowie Rechnungslegung unter Berücksichtigung der Messwerte). Der Rechtsanspruch auf Teilnahme kann uE nur gegenüber der EEG selbst bestehen, die nach der RED II und dem EAG-Entwurf eine offene und diskriminierungsfreie Mitgliedschaft sicherstellen muss. Spannend ist die mit dem EAG nicht gelöste Frage, ob und inwieweit die EEG-bedingten Netzbetreiberkosten über die Netztarife sozialisiert werden. Eine ähnliche Frage stellt sich auch bei dem zugunsten von EEGs eingeführten vergünstigten Netztarif ("Ortstarif"; vgl unten).
Der EAG-Entwurf enthält keine Vorgaben für die Erzeugungsanlagen, mit Ausnahme der Bestimmung, dass es sich um Energie aus erneuerbaren Quellen handeln muss. Damit kommen grundsätzlich alle "Erneuerbaren" in Betracht (Wind, Sonne, Wasserkraft, Geothermie, Biomasse usw). Durch die Einschränkung des Mitgliederkreises auf den Nahebereich gem § 75 ergibt sich jedoch eine faktische Einschränkung auf die Erzeugung von erneuerbarem Strom. Die Erzeugung anderer erneuerbarer Energien ist daher uA derzeit nur als "Nebentätigkeit", neben der Erzeugung von erneuerbarem Strom möglich. Es gibt auch keine Einschränkungen hinsichtlich Anlagengröße und Kapazität. Diese Komponenten werden daher von wirtschaftlichen Faktoren bestimmt werden.
Unklar ist nach dem Gesetzeswortlaut, ob die EEG-Erzeugungsanlage im Eigentum der EEG stehen muss oder auch eine andere Form der (wirtschaftlichen/technischen) Verfügungsbefugnis ausreichend ist. Aus den Erläuterungen geht jedoch hervor, dass die Erzeugungsanlagen sowohl im Eigentum der EEG als auch der Mitglieder stehen können. Die Betriebs- und Verfügungsgewalt über die Anlage muss jedoch (ausgenommen für den Eigenverbrauch der Mitglieder) bei der EEG liegen. Ein Zusammenschluss zahlreicher Einzelerzeugungsanlagen (zB über einen mit der EEG abgeschlossenen Betriebsführungsvertrag) wäre somit möglich.
Der zuständige Netzbetreiber, in dessen Konzessionsgebiet die EEG bzw die betreffende Erzeugungsanlage angesiedelt ist, muss von der Gründung einer EEG informiert werden. Gleichzeitig hat die EEG den Netzbetreiber über wesentliche Inhalte des Gründungsdokuments zu informieren (zB Zählpunktnummer der Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen der Mitglieder). Der Netzbetreiber ist darüber hinaus verpflichtet, den Bezug der Verbrauchsanlage der Mitglieder sowie die Einspeisung und den Bezug der Erzeugungsanlage mit einem Lastprofilzähler bzw einem intelligenten Messgerät zu messen und die gemessenen Viertelstundenwerte seiner Rechnungslegung zugrunde zu legen. Die Messwerte sind den Lieferanten und der EEG gemäß Marktregeln zur Verfügung zu stellen. Auch muss der Netzbetreiber den innerhalb der EEG vereinbarten statischen oder dynamischen Anteil der erzeugten Energie den einzelnen Mitgliedern entsprechend zuordnen. Dieser Vorgang ist für die interne Aufteilung der Energie in der EEG sowie für die Abrechnung innerhalb der EEG notwendig.
Um die Attraktivität einer EEG zu erhöhen und gleichzeitig die eingeschränkte Netznutzung innerhalb einer EEG auch auf der Netzkostenebene abzubilden, sieht der Entwurf zur Novelle des ElWOG 2010 vor, dass das Netznutzungsentgelt für die teilnehmenden Netznutzer der EEGs bezogen auf jenen Verbrauch, der durch die zugeordnete eingespeiste Energie der Erzeugungsanlage(n) der EEG abgedeckt ist, gesondert festgelegt werden muss. Bei der Festlegung des Entgelts sind die Kosten für den Lokal- bzw Regionalbereich heranzuziehen und zwar ohne gewälzte Kosten der überlagerten Netzebenen. Diese Entgelte wiederum sind als Abschläge für den arbeitsbezogenen Anteil des jeweils anzuwendenden Netznutzungsentgelts zu bestimmen. Die E-Control hat dabei für den Lokal- und Regionalbereich einen bundesweit einheitlichen Wert auf Basis der Durchschnittsbetrachtung der gewälzten Kosten zu bestimmen, von dem nur bei wesentlichen Änderungen der Basisdaten abgegangen werden darf. Dieser Wert wird vermutlich einiges an Diskussionen nach sich ziehen, zumal sich bei einer bundeseinheitlichen Betrachtung die Frage der Kostenverursachungsgerechtigkeit stellt. Was unter einer "wesentlichen" Änderung der Basisdaten zu verstanden wird, ist ebenfalls diskussionswürdig. Für den leistungsbezogenen Anteil des Netzentgelts ist die am Zählpunkt aus dem öffentlichen Netz bezogene Leistung verringert um die Leistung, die aus der EEG bezogen wird, maßgeblich.
Auch betreffend den Erneuerbaren-Förderbeitrag sind die EEGs in Bezug auf den gemeinschaftlich erzeugten und verbrauchten Strom bessergestellt: Bei der Ermittlung des vom Endverbraucher zu zahlenden Erneuerbaren-Förderbeitrags bleiben diese Mengen außer Betracht. Mitglieder in einer EEG sparen somit zweimal: zum einen zahlen sie für den innerhalb der EEG erzeugten und verbrauchten Strom einen vergünstigten Netztarif; zum anderen müssen sie für den "innergemeinschaftlich" verbrauchten Strom keinen Förderbeitrag entrichten.
Die Regelungen zu den Bürgerenergiegemeinschaften ("BEGs") sind weitgehend identisch mit jenen für EEGs, es gibt aber wesentliche Unterschiede: BEGs dürfen nur im Strombereich tätig werden, allerdings ist ihr Tätigkeitsbereich nicht auf den Bereich der Erneuerbaren eingeschränkt. Die Kontrolle innerhalb von BEGs ist auf natürliche Personen, Gebietskörperschaften und kleine Unternehmen beschränkt, mittelgroße Unternehmen dürfen daher kein Kontrolle ausüben. Eine "einfache Teilnahme" ohne Kontrollmöglichkeit ist jedoch uneingeschränkt auch für große Unternehmen möglich. BEGs beschränken sich auch nicht auf einen Nahebereich; eine Teilnahme ist daher österreichweit und netzbetreiberübergreifend möglich. BEGs kommen nicht in den Genuss des für EEGs geplanten Ortstarifs.
1 Aggregator: Energiemanagement-Dienstleister, der verschiedene kurzfristige Verbraucher bzw. Erzeugerkapazitäten zwecks Ankauf, Verkauf oder Auktion in organisierten Energiemärkten oder bilateral bündelt.