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Wer ein gemeinsames Unternehmen gründet, sollte Beschränkungen von Anteilsübertragungen und Exit-Szenarien berücksichtigen.
Dieser Artikel erschien am 02. März 2023 auf derstandard.at.
Haben sich die Joint-Venture-Partner für die passende Form des Joint Ventures entschieden und die Gründung einschließlich der kartellrechtlichen Anforderungen erfolgreich gemeistert, stellen sich auch schon die nächsten Fragen: Wie kommt man aus dem Joint Venture wieder raus? Und: Was kann man tun, um den Ausstieg (Exit) des Joint-Venture-Partners zu verhindern?
Der Gesetzgeber macht es möglich, die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der Joint-Venture-Gesellschaft an unterschiedliche Übertragungsbeschränkungen und -vorbehalte zu knüpfen. Dabei (sogenannte Vinkulierung, "Lock Up") kann die Übertragung von Teilen oder sämtlichen Geschäftsanteilen oder (Namens-)Aktien von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig gemacht werden. Es können beispielsweise unterschiedliche Mehrheitserfordernisse oder eine zeitliche Befristung einer solchen Vinkulierung vorgesehen werden. Wird eine Vinkulierungsklausel im Gesellschaftsvertrag (Satzung) der Joint-Venture-Gesellschaft verankert, entfaltet sie absolute Wirkung gegenüber Dritten.
In einem solchen Fall kann ein Dritter auch nicht durch guten Glauben (das heißt bei fehlender Kenntnis oder fehlendem Kennen-Müssen, also unverschuldeter Unkenntnis) Eigentum am Geschäftsanteil (Aktie) erwerben, da die Vinkulierungsklausel dem im Firmenbuch öffentlich einsehbaren Gesellschaftsvertrag entnommen werden kann und sich der Dritte die Unkenntnis der Bestimmung vorwerfen lassen muss. Fehlende Kenntnis gereicht dem Erwerber somit zum Nachteil. Deshalb sollte jeder Erwerber eines Geschäftsanteils an einer österreichischen Kapitalgesellschaft Einsicht in deren Firmenbuchakt und Gesellschaftsvertrag nehmen. Anders verhält es sich bei sogenannten nichtstatutarischen Vinkulierungsklauseln, die lediglich außerhalb des Gesellschaftsvertrags geregelt werden (beispielsweise in Gesellschafter- und Syndikatsverträgen). Diesfalls kann ein Dritter trotz syndikatsvertraglicher Übertragungsbeschränkung unter Umständen gutgläubig Eigentum am Geschäftsanteil erwerben.
Darüber hinaus gibt es auch Übertragungsbeschränkungen, die eine Veräußerung an einen Dritten zwar auf den ersten Blick gestatten, aber den jeweiligen Mitgesellschaftern ein Vorkaufsrecht (Preemption Right) einräumen. Demnach kann ein Anteilskaufvertrag über den Verkauf von Geschäftsanteilen an einen Dritten nur unter dem Vorbehalt abgeschlossen werden, dass die Mitgesellschafter ein Vorrecht auf den Erwerb des Geschäftsanteils zu den mit dem Dritten vereinbarten Konditionen haben. Üblicherweise wird der Anteilskaufvertrag mit dem Dritten daher unter der aufschiebenden bzw. auflösenden Bedingung der (Nicht-)Ausübung des Vorkaufsrechts abgeschlossen. Bei GmbH-Geschäftsanteilen ist gem § 76 Abs 2 GmbHG darauf zu achten, dass deren Übertragung einen Notariatsakt erfordert, was nach der Rechtsprechung sowohl für Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäfte gilt. Daher muss auch die Ausübungserklärung des erwerbenden Gesellschafters in Notariatsaktsform abgegeben werden, um zu einer Eigentumsübertragung zu führen.
Daneben gibt es noch weitere Spielarten derartiger Übertragungsbeschränkungen, wie beispielsweise Mitverkaufsrechte (Tag-Along) oder Mitverkaufspflichten (Drag-Along), wonach die Mitgesellschafter im Verkaufsfall ihre eigenen Geschäftsanteile (Aktien) zu denselben Konditionen an den Dritten durch einseitige Erklärung verkaufen können (Tag-Along) oder müssen (Drag-Along). Generell gilt, dass derartige Bestimmungen in der zugrunde liegenden Vertragsdokumentation möglichst konkret zu beschreiben sind, da deren Ausübung ein hohes Konfliktpotenzial mit sich bringt und damit auch das Risiko, dass die betroffenen Mitgesellschafter alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um die Anteilsübertragung zu verhindern. Insbesondere im Falle einer Mitverkaufspflicht sollten die rechtlichen und wirtschaftlichen Parameter der Übertragung definiert werden, um besondere nachteilige Folgen (beispielsweise besonders nachteilige Vertragsbestimmungen wie etwa ausufernde Gewährleistungen oder Wettbewerbsverbote im Anteilsverkaufsvertrag, die auch gegen den verpflichteten Gesellschafter gelten würden) zu minimieren. Weiters empfiehlt sich die Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag, um der Klausel absolute Wirkung zu verleihen.
Auch besondere Ereignisse auf Ebene der Gesellschafter können vertraglich als sogenannter Aufgriffsfall deklariert werden. In einem solchen Fall (beispielsweise Insolvenz, gerichtliche Exekution auf den Geschäftsanteil oder ein sogenannte Kontrollwechsel [Change of Control]) kann den Mitgesellschaftern ein einseitig ausübbares Recht auf Erwerb ("Aufgriff") des Geschäftsanteils am Joint Venture zu einem vorab geregelten Aufgriffspreis eingeräumt werden. Das soll verhindern, dass Geschäftsanteile am Joint Venture Gegenstand eines Exekutions- und Insolvenzverfahrens werden, oder sich ein ungewünschter Dritter Kontrolle über einen Gesellschafter des Joint Ventures verschafft.
Der OGH (OGH 16.09.2020, 6 Ob 64/20k) hat zuletzt klargestellt, dass Aufgriffsrechte für den Insolvenzfall eines Mitgesellschafters zulässig sind und dabei weiters festgehalten, dass Aufgriffspreise (sogenannte Abfindungspreise) dem Verkehrswert oder gar einem geringeren Wert entsprechen dürfen, solange der Abfindungspreis "für jede Konstellation des freiwilligen (insbesondere der Anteilsübertragung) und des unfreiwilligen Ausscheidens des Gesellschafters vereinbart wird". Demnach dürfen Abfindungspreise zwar vorab vereinbart werden, Abschläge beim Kaufpreis müssen jedoch für unterschiedliche Veräußerungsszenarien gleich gelten. Absolute Grenzen sind jedenfalls die Sittenwidrigkeit (§ 879 Abs 1 ABGB) und die Verkürzung über die Hälfte (sogenannte laesio enormis), sodass eine vorab vereinbarte Abschlagshöhe beim Abfindungspreis genau geprüft werden sollte. Üblicherweise enthalten Joint Venture-Verträge entsprechende Bestimmungen zur Ermittlung des Verkehrswerts der Geschäftsanteile ("Fair Market Value Clause"), wobei insbesondere die Person des Bewerters (Gutachters) und der zu verwendenden Bewertungsmethode festgelegt werden.
Die Gespräche der Joint-Venture-Partner im Rahmen der Gründung des Joint Ventures drehen sich üblicherweise darum, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie sich vom gemeinsamen Projekt erhoffen und welchen Zeitplan sie dafür vorsehen. Dabei kann es sich bei der Joint-Venture-Gesellschaft beispielsweise um eine gemeinsame Investmentplattform der Gesellschaft handeln mit dem Zweck, eine möglichst hohe Bewertung (Valuation) zu erzielen, sodass die Gesellschafter anschließend ihre Geschäftsanteile an der Joint-Venture-Gesellschaft gemeinsam beispielsweise im Rahmen einer Auktion (Tender) an den Bestbieter veräußern. Bei einer solchen Exit-Bestimmung im Joint-Venture-Vertrag ist darauf zu achten, das auslösende Ereignis (zum Beispiel an wirtschaftliche Kennzahlen geknüpft) konkret zu beschreiben, sofern man sich nicht auf eine konkrete Zeitachse festlegen möchte.
Auch die Eckpunkte des Auktionsprozesses sind bereits vorab vertraglich möglichst konkret zu definieren, um das Konfliktpotenzial zum relevanten Zeitpunkt gering zu halten. Dabei empfiehlt es sich, im Falle der beabsichtigten Beauftragung von externen Beratern (beispielsweise Investmentbanken, wobei auch bereits eine Liste an möglichen Beratern aufgenommen werden kann) zur Leitung des Auktionsprozesses die wirtschaftlichen und rechtlichen Parameter genau zu regeln und festzulegen, welchen Mindesterlös (Return) sich die Joint-Venture-Partner erwarten und zu welchen kommerziellen und rechtlichen Bedingungen sie bereit sind, ihre Geschäftsanteile zu veräußern. So kann sichergestellt werden, dass die einlangenden Angebote der Bieter vergleichsfähig und im Kern für alle betroffenen Gesellschafter akzeptabel sind. Mitunter kann es empfehlenswert sein, für einen solchen Fall eine wechselseitige Mitverkaufspflicht (siehe dazu oben) zu vereinbaren, um nicht von der Mitwirkung eines nicht kooperierenden Gesellschafters abhängig zu sein.
In allen Fällen gilt: Die sorgfältige und präzise vertragliche Regelung von Übertragungsbeschränkungen und Exit-Szenarien kann davor schützen, dass von anderen Interessen geleitete Mitgesellschafter deren Umsetzung verzögern oder gar verhindern.
Michael
Marschall
Partner
austria vienna