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07 April 2025
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austria

Erkenntnisse aus der jüngsten Klauselentscheidung und einem Individualverfahren

Am 25.03.2025 und 03.04.2025 wurden zwei OGH-Entscheidungen veröffentlicht, mit denen der OGH seine bisherige Judikatur teilweise (bloß) fortschrieb und teilweise verschärfte. Jedoch gibt es auch positive Anzeichen. 

Klauselentscheidung 8 Ob 74/24 a vom 27.02.2025 (veröffentlicht am 25.03.2025)


In der jüngsten Klauselentscheidung des OGH betreffend ein Verbandsverfahrenim Teilanwendungsbereich des MRG wurden insgesamt 106 Klauseln eines Mustermietvertrags, den die beklagte Hausverwaltung verwendete, beanstandet.Der OGH hat hinsichtlich 37 der 39 in der Revision (noch) gegenständlichen Klauseln die Unzulässigkeit bestätigt.

  1. Betriebskosten
    Der OGH betonte neuerlich, dass bereits die bloß demonstrative Aufzählung von Betriebskosten (etwa durch Einleitungen der wie "Insbesondere", "beispielsweise" oder "unter anderem") Intransparenz der Klausel im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG bedingt, zumal für den Mieter nicht erkennbar sei, welche Kostenkategorien noch in Betracht kommen. Erfreulicherweise hat der OGH hingegen bestätigt, dass die Überwälzung von im MRG genannten Betriebskosten auch außerhalb des MRG-Vollanwendungsbereichs nicht grundsätzlich als gröblich benachteiligend beurteilt werden kann.

  2. Erhaltungspflichten 
    Hinsichtlich der Überwälzung von Erhaltungspflichten hält der OGH an seiner bisherigen Judikaturlinie fest, wonach diese im Teilanwendungsbereich des MRG dann gröblich benachteiligend ist, wenn sie ohne sachliche Rechtfertigung erfolgt.

  3. Wertsicherung
    Zur Thematik der Wertsicherung gab es keine nennenswerten Neuerungen. Es bleibt daher bei der bisherigen Judikatur (8 Ob 6/24 a, 2 Ob 36/23 t und 
    8 Ob 37/23 h), wonach eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Wertsicherungsklausel, nach welcher der Vermieter innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt beanspruchen kann, gegen § 6 Abs 2 Z4 KSchG verstößt.

  4. Gesetzesbegriffe 
    Im Zusammenhang mit einer Klausel betreffend die Aufteilung der Betriebskosten (Aufteilungsschlüssel) hat der OGH verdeutlicht, dass die Verwendung von anderen als im Gesetz verwendeten Begriffen zur Intransparenz der Klausel führen kann. Konkreterachtete der OGH den Begriff der "Mietfläche"(anders als "Nutzfläche") mangels gesetzlicher Definition als intransparent.

  5. Schriftformgebot
    Hinsichtlich mehrerer Klauseln erinnert der OGH in seiner Entscheidung daran, dass die Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen des Vermieters oder seiner Vertreter zum Nachteil eines Konsumenten nicht ausgeschlossen werden kann, sodass das Abstellen auf eine "schriftliche" Zustimmung des Vermieters zur Unzulässigkeit der Klausel führt.

  6. Vermieterwahlrechte
    Eine Verschärfung der Judikaturlinie ist im Hinblick auf Vermieterwahlrechte zu erkennen. Die Berechtigung des Vermieters, bestimmte Handlungen zu setzen, ohne jedoch weitere Voraussetzungen zu normieren und eine entsprechende Verpflichtung des Vermieters bei Vorliegen dieser Voraussetzungen festzulegen, erachtet der OGH als gröbliche Benachteiligung des Mieters (etwa hinsichtlich der Berechtigung zur Anpassung des Verrechnungsschlüssels bei Änderung der Gesamtnutzfläche oder der Berechtigung zur Installation von WasserSubzählern). 

Individualverfahren zu 8 Ob 81/24 f (veröffentlicht am 03.04.2025)

Hingegen hat der OGH in dieser im Individualverfahren ergangenen Entscheidung – entgegen der Entscheidungen der Vorinstanzen – eine Wertsicherungsvereinbarung (Indexklausel) als zulässig erachtet, indem den Regelungsinhalt der Klausel in den konkret bei der Indexierung angewendeten Teil und die sonstigen Bestandteile bei der Beurteilung der Zulässigkeit außer Acht ließ.

Demnach ist für die Qualifikation einer (Teil)Klausel als eigenständig nicht die Gliederung der Klausel, sondern ein materiell eigenständiger Regelungsbereich maßgeblich. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können.

Ausgehend von der Teilbarkeit der Indexklausel hat der OGH nur die vorgenommene Indexierung selbst auf deren Zulässigkeit geprüft, nicht jedoch die – nicht zur Anwendung gelangte – Vereinbarung über den Ersatzindex und die Untergrenze für die Indexierung.

Zudem stellte der OGH klar, dass das Fehlen des Hinweises auf die zweimonatige "Sperrfrist" gemäß § 6 Abs 2 Z 4 KSchG nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Wertsicherungsvereinbarung führt.

Ausblick

Während im Verbandsverfahren eine zunehmende Verschärfung der Judikatur des OGH zu erkennen ist, kommt dem Vermieter im Individualverfahren zu Gute, dass der Grundsatz der kundenfeindlichsten Interpretation nicht anwendbar ist. 

Die Unzulässigkeit einer Klausel im Verbandsverfahren führt sohin nicht 
zwangsläufig dazu, dass die Klausel auch im Individualverfahren unzulässig ist.

Zudem ist in den Klarstellungen des OGH betreffend die Teilbarkeit von Klauseln nach deren Inhalt (und nicht nach der formaler Aufteilung) eine erfreuliche Tendenz zu erkennen.

Autoren: Michael Lagler, Constantin Klausegger

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Michael
Lagler

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