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Seit 9. April gilt das mit der Verordnung (EU) 2022/576 erlassene 5. Sanktionen-Paket gegen Russland. Erstmals werden damit auch öffentliche Auftraggeber unmittelbar in die Pflicht genommen.
Die Folgen und Kosten für öffentliche Auftraggeber sind weitreichend:
Durch die Sanktionen werden Unternehmen mit einem Russland-Bezug von öffentlichen Auftragsvergaben und der öffentlichen Aufträgen vollständig abgekoppelt und ausgeschlossen. Konkret ist es
Die Sanktionen richten sich gegen sämtliche Bieter und Auftragnehmer mit Russland-Bezug, dh
Darüber hinaus gilt das Verbot auch für Aufträge oder Verträge, an denen Subunternehmer und Lieferanten mit Russland Bezug zu über 10 % (gemessen am Auftragswert) an dem konkreten Vertrag beteiligt sind.
Die vergaberechtlichen Sanktionen (Zuschlagsverbot und Vertragserfüllungsverbot) sind unmittelbar anwendbar und gelten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinien über die öffentliche Auftragsvergabe fallen. Betroffen sind daher
Zu beachten ist dabei, dass die Sanktionen auch für zahlreiche Leistungen gelten, die vom Anwendungsbereich des BVergG ausgeschlossen sind, wie etwa Rechtsberatungsleistungen, Kredite, oder der Erwerb von Grundstücken und oder vorhandenen Gebäuden.
E contrario gilt das Sanktionen-Paket nicht für Aufträge / Konzessionen im Unterschwellenbereich oder Aufträge / Konzessionen von öffentlichen Unternehmen, die nicht zur Durchführung einer Sektorentätigkeit dienen.
Das 5. Sanktionen-Paket sieht zahlreiche praxisrelevante Ausnahmen vor, in denen das oben genannte Zuschlags- und Vertragserfüllungsverbot im Einzelfall durchbrochen werden kann. Betroffen sind unter anderem
Öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber haben unverzüglich durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass in laufenden Vergabeverfahren kein Zuschlag an ein Unternehmen mit Russlandbezug oder ein Angebot, an dem Subunternehmer oder Lieferanten mit Russlandbezug zu über 10 % beteiligt sind, erfolgt.
Unklar ist, ob öffentlich Aufträge / Konzessionen aus Anlass eines erzwungenen Lieferanten / Subunternehmerwechsels auch weitere Bedingungen des Vertrags ohne Durchführung einer neuerlichen Ausschreibung anpassen können. Während im Rundschreiben des Justizministerium bereits klargestellt wurde, dass die verordnete Vertragskündigung keine Rechtfertigung für einen Austausch des Auftragnehmers ohne neuerliches Vergabeverfahren ist, stellt sich die Frage, ob etwa eine Anpassung der Vergütungsregelungen zulässig ist: Denn im Lichte der aktuellen Wirtschaftsbedingungen wird ein Austausch eines Subunternehmers / Lieferanten kaum ohne einer Erhöhung des Preises möglich sein. Während Entgeltanpassung im Umfang von 10 bzw 15 % und unterhalb der relevanten Schwellenwerte vergaberechtlich grundsätzlich zulässig sind, könnten darüber hinausgehende Änderungen uU durch die Ausnahmebestimmung des § 365 Abs 3 Z6 BVergG gerechtfertigt sein. Ob und welche konkreten Vertragsanpassung zulässig sind, ist naturgemäß stets im Einzelfall zu prüfen.
Gemäß Art 11 Abs 1 der (durch die Verordnung (EU) 2022/576 geänderten Fassung d) Verordnung (EU) 833/2014 werden Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen oder Geschäften, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit dieser Verordnung verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar berührt wird, einschließlich Schadensersatzansprüchen, nicht erfüllt.
Schadensersatzansprüche der Auftragnehmer, die einen Bezug zu Russland aufweisen und mit denen die Vertragsbeziehung beendet worden ist, sind daher regelmäßig ausgeschlossen.
Auftraggeber, die die Sanktionen nicht (zeitgerecht) umsetzen, müssen mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen rechnen: Insbesondere droht bei einem Verstoß gemäß § 879 Abs 1 ABGB die Nichtigkeit des sanktionswidrig abgeschlossenen oder aufrechterhaltenen Vertrags.
Aufgrund des 5. Sanktionen-Pakets ist es öffentlichen Auftraggebern / Sektorenauftraggebern untersagt, Aufträge an Unternehmen mit Russlandbezug zu erteilen. Bestehende Verträge mit entsprechenden Unternehmen müssen spätestens zum 11.10.2022 gekündigt werden. Öffentliche Auftraggeber müssen diese Verpflichtung ernst nehmen und unverzüglich handeln. Bei einem Verstoß droht die Nichtigkeit der betroffenen Verträge. Das Sanktionen-Paket kommt öffentlichen Auftraggebern / Sektorenauftraggebern damit teuer zu stehen: Besonders ins Gewicht fallen nicht nur die Kosten der damit ggf erforderlichen Neuausschreibungen, sondern insbesondere auch die zu erwartenden konjunkturbedingten Preisanpassungen bei einem Lieferanten- / Subunternehmerwechsel.
Johannes
Stalzer
Counsel
austria vienna