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In seiner Entscheidung C-633/20 vom 29.09.2022 erkannte der EuGH jüngst, dass unter den Begriff des Versicherungsvermittlers bzw des Versicherungsvertreibers auch eine juristische Person fällt, deren Tätigkeit darin besteht, eine freiwillige Mitgliedschaft in einer zuvor von ihr bei einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Gruppenversicherung anzubieten, für die sie von ihren Kunden eine Vergütung erhält und die die Kunden zur Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen berechtigt.
Im Ausgangsrechtsstreit beauftragte die Beklagte Werbeunternehmen damit, im Wege der Haustürwerbung Verbrauchern gegen Entgelt den Beitritt zu einer Gruppenversicherung anzubieten. Hierfür schloss die Beklagte selbst bei einer Versicherung einen Gruppenversicherungsvertrag mit Versicherungsschutz für Erkrankung und Unfall bei Auslandsreisen inklusive Rückholkosten ab. Die Beklage, selbst also Versicherungsnehmerin, entrichtet die geschuldeten Beiträge an die Versicherung. Die Tätigkeit der Beklagten war nicht auf den Abschluss von Versicherungsverträgen gerichtet, sondern zielte darauf ab, den Verbrauchern die Möglichkeit des Beitritts in der von ihr abgeschlossenen Gruppenversicherung anzubieten.
Der Kläger war der Ansicht, dass es sich bei der Tätigkeit der Beklagten um Versicherungsvermittlung handelt, dafür eine gewerberechtliche Konzession erforderlich ist und klagte dementsprechend auf Unterlassung der Tätigkeit.
Der Klage wurde in erster Instanz stattgegeben, in zweiter Instanz wurde sie abgewiesen. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) stellte folgende Vorlagefrage an den EuGH:
Ist ein Unternehmen, das als Versicherungsnehmer eine Auslandsreisekrankenversicherung sowie eine Auslands- und Inlands-Rückholkosten-Versicherung als Gruppenversicherung für seine Kunden bei einem Versicherungsunternehmen unterhält, gegenüber Verbrauchern Mitgliedschaften vertreibt, die zur Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen berechtigen, und von den geworbenen Mitgliedern eine Vergütung für den erworbenen Versicherungsschutz erhält, Versicherungsvermittler im Sinne von Art 2 Nrn 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 (IMD-RL) und Art 2 Abs 1 Nrn 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 (IDD-RL)?
Mit dieser Frage wollte der BGH also wissen, ob unter den Begriff Versicherungsvermittler (IMD-RL) und damit den Begriff "Versicherungsvertreiber" (IDD-RL) eine juristische Person fällt, deren Tätigkeit darin besteht, eine freiwillige Mitgliedschaft in einer zuvor von ihr bei einer Versicherung abgeschlossenen Gruppenversicherung anzubieten, für die sie von ihren Kunden eine Vergütung erhält und die die Kunden zur Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen berechtigt.
Der EuGH führte dazu Folgendes aus:
Zuletzt wies der EuGH für die genannten Tätigkeiten von Gruppenversicherungsnehmern auch ausdrücklich auf die entsprechenden Zulassungs- und Eintragungspflichten hin.
Erhält ein Versicherungsnehmer einer Gruppenversicherung für das Anbieten von Beitritten zur Gruppenversicherung an Dritte eine Vergütung, ist er daher als Versicherungsvermittler einzustufen. Diese Einordnung kann zur Folge haben, dass der Versicherungsnehmer nicht nur eine gewerberechtliche Berechtigung zur Ausübung der Versicherungsvermittlung benötigt, sondern auch sämtliche Informations- und Offenlegungspflichten sowie Weiterbildungsverpflichtungen eines Versicherungsvermittlers zu erfüllen hat.
Autoren: Marguerita Sedrati-Müller, Daniel Höhnl
Marguerita
Sedrati-Müller
Counsel
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