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21 January 2022
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Impfpflicht in Österreich – quo vadis?

Inzidenzen, (Intensiv-)Bettenbelegungen, COVID-19-Virus(varianten), eine Durchimpfungsrate von 90 %, nicht zuletzt die Omikron-Variante sind seit Monaten aus dem Wortschatz der medialen Berichterstattung über die omnipräsente und themenbestimmende COVID-19-Pandemie kaum wegzudenken.

authors: Andreas Lopatka-Sint, Günther Leissler

Ausgangspunkt für folgenden Newsletter und die näheren Ausführungen ist die in Österreich seit Monaten diskutierte COVID-19-Impfpflicht und der dazu seit Dezember 2021 vorliegende Begutachtungsentwurf1 zum COVID-19-Impfpflichtgesetz (COVID-19-IG). Das Begutachtungsverfahren hat einen neuen Rekord an (überwiegend kritischen) Stellungnahmen gebracht.2 Diese außerordentlich kritische Resonanz zur allgemeinen Impfpflicht in Österreich hat offensichtlich Spuren hinterlassen; der jüngste Gesetzesentwurf (in der Fassung eines gesamtändernden Abänderungsantrags)3 und in weiterer Folge der gestrige Gesetzesbeschluss des Nationalrats weichen vom Begutachtungsentwurf in wesentlichen Punkten ab.

Die wesentlichen praxisrelevanten Änderungen im vorliegenden Gesetzesbeschluss zur Einführung einer allgemeinen COVID-19-Impfpflicht umfassen

  • flexible Regeln auf Grundlage von Verordnungsermächtigungen, die die Eckpfeiler der Impfpflicht – Gegenstand, Adressatenkreis und Durchführung – betreffen und die kurzfristige Reaktionen auf wechselnde epidemiologische Zustände zulassen,
  • die Begriffsdefinition der Schutzimpfung gegen COVID-19,
  • den Kreis der impfpflichtigen Personen,
  • den Umfang der Impfpflicht bzw des gültigen Impfstatus,
  • die mehrphasige Durchführung der Impfpflicht,
  • die Rücksichtnahme auf Epidemieärzte iSd EpiG,
  • die Durchsetzung der Impfpflicht (Sonderbestimmungen für das Verwaltungsstrafverfahren – inkl Einführung einer sog "Impfstrafverfügung" – und für das Verfahren vor Verwaltungsgerichten),
  • die Einführung eines Datenqualitätsmanagements,
  • die Einführung eines begleitenden Monitorings durch Fachexperten an den Nationalrat, Gesundheitsminister und die Bundesregierung, oder etwa
  • das frühzeitige Nichtanwenden von Regeln für den Fall fehlender Impfstoffe oder wesentlicher Änderungen nach dem Stand der Wissenschaft hinsichtlich der Wirksamkeit von Impfstoffen oder der sonstigen Eignung und Erforderlichkeit der Impfpflicht.

Der gestrige Gesetzesbeschluss im Nationalrat zum COVID-19-IG wird Anfang Februar nach seiner Behandlung im Bundesrat in Kraft treten. Geplantes Außerkrafttreten der COVID-19-Impfpflicht ist mit 31.01.2024 angesetzt.

Anhand folgender Kriterien wird der Gesetzesentwurf zum gestrigen Nationalratsbeschluss hier strukturiert dargestellt:

  • Ausgangspunkt laut Gesetzesmaterialien
  • Gegenstand der Impfpflicht – Schutzimpfung gegen COVID-19
  • Impfpflichtige Personen
  • Ausnahmen von der Impfpflicht
  • Durchführung der Impfpflicht
  • Durchsetzung der Impfpflicht

Dem lebendigen Entstehungsprozess vom COVID-19-IG geschuldet wird hier anhand desselben Aufbaus der Begutachtungsentwurf fürs leichtere Verständnis des nunmehr vorliegenden Gesetzesbeschlusses skizziert.

Abschließend werden hier folgende Fragen zur COVID-19-Impfpflicht beantwortet:

  • Wie ist eine Impfpflicht in Österreich einzustufen? Ist eine allgemeine Impfpflicht grundrechtskonform möglich? Gibt es dazu bereits Leitlinien nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)?
  • Was bedeutet eine Impfpflicht im Arbeitsalltag? Dabei werden ua der "2G-Nachweis" am Arbeitsplatz und Verstöße gegen Kontrollpflichten aus verwaltungs-, arbeits- und gewerberechtlicher Sicht inkl Auswirkungen auf COFAG-Hilfen und die "2G-Kontrolle" im Handel diskutiert.

 

[1]     IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP.
[2]     parlament.gv.at; orf.at; orf.at.
[3]     AB 1312 BlgNR 27. GP Gesetzestext.

 


Gesetzesentwurf: Eckpfeiler des Gesetzesentwurfs über das COVID-19-Impfpflichtgesetz

Das COVID-19-Impfpflichtgesetz (COVID-19-IG)[1] soll Anfang Februar 2022 in Kraft und mit Ablauf von 31.01.2024 außer Kraft treten. Während seiner Geltung wird das Gesetz laufend auf seine Verhältnismäßigkeit (Eignung, Erforderlichkeit, Angemessenheit) geprüft. Dafür ist ein begleitendes Monitoring und Berichtspflichten durch Fachexperten an den Nationalrat, Gesundheitsminister und die Bundesregierung vorgesehen. Zudem ist der Gesundheitsminister nach einem Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats zu Verordnungen ermächtigt, das gesamte COVID-19-IG oder einzelne seiner Teile auf Sachverhalte nicht anzuwenden.[2] Ferner kann jederzeit der Bundesgesetzgeber ein früheres Außerkrafttreten beschließen.

[1] COVID-19-IG idF AB 1312 BlgNR 27. GP (fortan: COVID-19-IG).

[1] § 19 COVID-19-IG.

Als Ziel des COVID-19-IG ist (weiterhin) das Erreichen und Aufrechterhalten einer Durchimpfungsrate von 90%, um das Infektionsgeschehen nachhaltig zu stabilisieren und die Viruszirkulation zu reduzieren, ausgegeben. Neuerdings sprechen die Gesetzesmaterialien [1] (angesichts der kritisierten Verhältnismäßigkeit der COVID-19-Impfpflicht) davon, dass

  • hinsichtlich einer etwaigen Reduktion der Transmissionsrate der Omikron-Variante durch die Impfung derzeit noch keine endgültige Aussage getroffen werden könne und die Effektivität hinsichtlich der Verhütung einer Transmission durch die Impfung mit 60% angenommen werde
  • der Fokus im Schutz vor COVID-19, verursacht durch die Omikron-Variante, auf eine Reduktion der Krankheitslast zu legen sein werde
  • wenngleich derzeit von der Eignung der Maßnahmen auszugehen sei, die Wirksamkeit der Impfstoffe einer kontinuierlichen Neubewertung unterliege, da sie von multiplen Faktoren beeinflusst werde
  • die Impfung sowohl humorale- als auch zelluläre Immunität stark aktiviere, sodass nach Impfung jedenfalls eine deutlich bessere und belastbare Immunität bestehe. Dies spreche auch weiterhin für die Vorteile der Impfung gegenüber der Infektion
  • jedenfalls davon auszugehen sei, dass das Coronavirus auch in den nächsten Jahren in Österreich zumindest endemisch weiter vorkommen und eine ernstzunehmende Krankheitslast verursachen werde
  • das Ziel des Gesetzes sei, langfristig das Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen, insbesondere durch das Vermeiden von schweren Krankheitsverläufen, und auch die Reduktion der Gesamt-Viruslast in der Bevölkerung durch das Erreichen und Aufrechterhalten einer Durchimpfungsrate von über 90%
  • die derzeit verfügbaren Impfstoffe gegen COVID-19 im Sinne der Primärprävention eingesetzt werden, in der Verwendung von Medikamente hingegen ein kurativer Ansatz verfolgt werde. Obwohl keine 100%ige Schutzwirkung durch Impfungen vermittelt werde, bestehe durch deren Einsatz dennoch die Möglichkeit, Infektion oder symptomatische Verläufe zu verhindern. Dieses Ziel könne durch Medikamente, welche erst im Falle einer Erkrankung greifen jedenfalls nicht erreicht werden
  • in Bezug auf die Omikron-Variante könne mittlerweile jedenfalls gezeigt werden, dass nach drei Impfungen eine ausreichende Schutzwirkung gegeben sei. Dies unterstreiche die Relevanz der Verabreichung einer ersten Impfserie bestehend aus mindestens zwei Impfungen gefolgt von mindestens einer weiteren Impfung
  • sowohl die Angemessenheit als auch die Geeignetheit gelinderer Mittel an die jeweilige epidemiologische Situation anzupassen sei, so dass auch nach Beschlussfassung dieses Bundesgesetzes eine kontinuierliche Beurteilung der Lage stattzufinden habe, um die Eignung und die Verhältnismäßigkeit der Impfpflicht evaluieren zu können und damit die Verfassungskonformität dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten
  • in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sei, dass eine Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung ab dem 18. Lebensjahr ein gelinderes Mittel zur Verhinderung einer unkontrollierten Verbreitung von SARS-CoV-2 und damit zur Erreichung des Ziels des Schutzes der Gesundheit ist als Betretungsverbote oder Ausgangsbeschränkungen
  • sich ein Entschädigungsanspruch für Impfungen aufgrund des Impfpflichtgesetzes durch einen Verweis auf das Impfpflichtgesetz unmittelbar aus dem Impfschadengesetz ergeben solle

 

[1]     AB 1312 BlgNR 27. GP 13 ff.

Nach dem Gesetzesentwurf [1] zum COVID-19-IG ist die Schutzimpfung gegen COVID-19 eine Schutzimpfung bestehend aus einer Impfung oder mehreren Impfungen mit einem

  • zentral zugelassenen Impfstoff oder
  • einem anerkannten Impfstoff

gegen COVID-19.[2]

Demnach kann eine Impfserie (nur) aus einer Impfung bestehen.

Die zentral zugelassenen Impfstoffe werden nicht (mehr) aufgelistet, sondern als zentral durch die Europäische Kommission nach Empfehlung der Europäischen Arzneimittelagentur zugelassene Impfstoffe beschrieben.[3] Sie sind auf der Website des Gesundheitsministeriums zu veröffentlichen. Aktuell sind Impfstoffe von BioNTech/Pfizer, AstraZeneca, Janssen, Moderna und Novavax (bedingt) zentral zugelassen.

Anerkannte Impfstoffe gegen COVID-19 sind Impfstoffe, denen nach einer Verordnung des Gesundheitsministers eine den zentral zugelassenen Impfstoffen vergleichbare epidemiologische Wirksamkeit und Sicherheit zuerkannt wird. In der Verordnung sind Impfintervall, Anzahl und allenfalls Kombinationen von Impfstoffen als Voraussetzung für die Erfüllung der Impfpflicht zu regeln.[4] Hinsichtlich des Umfangs der Impfpflicht ist erforderlichenfalls zwischen zentral zugelassenen und anerkannten Impfstoffen zu unterscheiden.[5] Folglich beruhen Regeln zu anerkannten Impfstoffen auf Verordnungen des Gesundheitsministers, die nach einer Anhörung des Nationalen Impfgremiums und einem Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats erlassen werden.[6]

 

[1]     COVID-19-IG idF AB 1312 BlgNR 27. GP (fortan: COVID-19-IG).

[2]     § 2 Z 2 COVID-19-IG.

[3]     § 2 COVID-19-IG, AB 1312 BlgNR 27. GP 17 f.

[4]     § 4 Abs 3 COVID-19-IG.

[5]     § 4 Abs 4 COVID-19-IG.

[6]     § 18 COVID-19-IG.

Von der Impfpflicht sind nach § 1 COVID-19-IG (nunmehr) grundsätzlich Personen ab vollendetem 18. Lebensjahr erfasst, die im Bundesgebiet einen aufrechten Wohnsitz haben oder über eine Hauptwohnsitzbestätigung verfügen. Eine Impfung wird bereits ab dem vollendetem viertem Lebensjahr empfohlen, jedoch gesetzlich aufgrund der geringeren Krankheitslast in der Altersgruppe bis zum vollendetem 18. Lebensjahr nicht vorgeschrieben.[1]

Das COVID-19-IG stellt auf den aufrechten Wohnsitz (ausreichend Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen) nach § 1 Abs 6 Meldegesetz (MeldeG) und setzt damit keinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet voraus. Damit sollen 24-Stunden-Betreuer und Wochenpendler erfasst sein.

 

[1]     AB 1312 BlgNR 27. GP 17.

Eine Ausnahme von der Impfpflicht gilt bis zum Ablauf des Folgemonats nach Wegfall des Ausnahmegrunds.[1]

Von der Impfpflicht sind

  • Personen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (§ 1 COVID-19-IG) ausgenommen; ausgenommen von der Impfpflicht sind nach § 3 COVID-19-IG ferner
  • Schwangere (Z 1),
  • Personen (Z 2),
    • die nicht ohne konkrete und ernstliche Gefahr für Leben oder Gesundheit mit einem zentral zugelassenen Impfstoff geimpft werden können,
    • bei denen aus medizinischen Gründen eine Immunantwort auf eine Impfung gegen COVID-19 nicht zu erwarten ist,
    • die nach mehrmaliger Impfung gegen COVID-19 keine Immunantwort auf die Impfung ausgebildet haben,[2]
  • Genese (Z 3): Personen, die eine bestätigte Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben, für die Dauer von 180 Tagen ab dem Tag der Probenahme (Z 3), oder
  • Personen, die im Fall einer Änderung der Rechtslage oder des Standes der Wissenschaft künftig durch eine Verordnung des Gesundheitsministers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats ausgenommen werden.[3]

Abweichende Regeln zu den bisherigen Ausnahmen von der Impfpflicht hat der Gesundheitsminister (wiederum im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats) im Fall einer Änderung der Rechtslage hinsichtlich der Zulassung von Impfstoffen oder einer Änderung des Standes der Wissenschaft insbesondere hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer Weiterverbreitung von SARS-CoV-2 zu verordnen. Personen, die aus gesundheitlichen Gründen (iSd § 3 Abs 1 Z 2 COVID-19-IG) nicht geimpft werden können, sind von der Impfpflicht stets auszunehmen.

Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ausnahme aus gesundheitlichen Gründen (iSd § 3 Abs 1 Z 2 COVID-19-IG) hat der Gesundheitsminister zu verordnen.[4] Die Ausnahme umfasst jene seltenen erwartbaren Nebenwirkungen, deren (geringe) Häufigkeit aus Zulassungsstudien und Zulassungsverfahren bereits bekannt ist. Diese Ausnahme liegt daher insbesondere vor, wenn Kontraindikationen gegen Impfstoffe bestehen. Echte Kontraindikationen gegen die Impfung stellen nur sehr seltene Allergien gegen Inhaltsstoffe von Impfungen dar. Zudem gibt es Krankheitsbilder, die zur Folge haben, dass Personen vorübergehend oder dauerhaft nicht impfbar sind. Demnach sind in einer Verordnung festzulegen, (i) auf welche Krankheitsbilder die Ausnahme zutrifft und (ii) die Anzahl an Impfungen, um auf eine fehlende Immunantwort ("Non-Responder") schließen zu können.[5]

Der Nachweis einer Ausnahme für Schwangere und Personen aus gesundheitlichen Gründen (iSd § 3 Abs 1 Z 2 COVID-19-IG) ist durch eine Bestätigung einer mittels Verordnung festgelegten fachlich geeigneten Ambulanz einer Krankenanstalt für die dort in Behandlung befindlichen Patienten oder durch eine amtsärztliche oder epidemieärztliche Bestätigung zu erbringen. Die Ausnahme ist im zentralen Impfregister zu speichern.[6] Für die Ausstellung einer Bestätigung haben die betroffenen Personen die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Genese haben ihre Infektion durch (i) einen im Register anzeigepflichtiger Krankheiten verarbeiteten molekularbiologisch bestätigten Test auf SARS-CoV-2, (ii) durch ein Genesungszertifikat iSd EpiG, (iii) eine ärztliche Bestätigung oder (iv) einen Absonderungsbescheid nachzuweisen.[7] Der Nachweis über eine (künftig) neu geschaffene Ausnahme ist durch eine amtsärztliche oder epidemieärztliche Bestätigung zu erbringen.[8]

 

[1]     § 3 Abs 2 COVID-19-IG.

[2]     Fortan erfasst als Personen, die aus "gesundheitlichen Gründen" ausgenommen sind.

[3]     § 3 Abs 8 COVID-19-IG.

[4]     § 3 Abs 7 COVID-19-IG.

[5]     AB 1312 BlgNR 27. GP 18.

[6]     § 3 Abs 3 COVID-19-IG.

[7]     § 3 Abs 5 COVID-19-IG.

[8]     § 3 Abs 9 COVID-19-IG.

Nach dem (neuen) Konzept des Gesetzesentwurfs als "Impfpflichtrahmengesetz"[1] ist nur der Beginn der Impfpflicht als Verwaltungsübertretung und der Rahmen für die dreistufige Durchführung und Durchsetzung der Impfpflicht gesetzlich normiert. Genaueres hinsichtlich Impfintervalle und (Erinnerungs-, Folge-, Impf-)Stichtage ist erst durch Verordnungen des Gesundheitsministers oder der Bundesregierung zu bestimmen. Die Stichtage können erst ab der technischen Verfügbarkeit bzw den technischen Möglichkeiten, einen automatisierten Datenabgleich durchzuführen, bestimmt werden.

Die Impfpflicht erfüllt, wer ab dem 16.03.2022 über einen gültigen Impfstatus gegen COVID-19 verfügt. Über einen gültigen Impfstatus gegen COVID-19 verfügt, wer sich einer Erstimpfung und – bei aus mehreren Impfungen bestehenden Schutzimpfungen – innerhalb der in einer Verordnung des Gesundheitsministers festgelegten Impfintervalle den im Rahmen der jeweiligen Impfserie erforderlichen weiteren Impfungen unterzogen hat. Dazu hat der Gesundheitsminister nach Anhörung des Nationalen Impfgremiums und im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft

  • das Impfintervall im Rahmen der jeweiligen Impfserie,
  • Abweichungen vom Impfintervall aufgrund bestätigter Infektionen oder Überschreitungen vorgegebener Impfintervalle und
  • Kombinationen von Impfstoffen

erforderlichenfalls für die jeweils zentral zugelassenen oder anerkannten Impfstoffe getrennt zu verordnen.[2] Die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums zum Impfschema werden laufend entsprechend den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Dies dient dazu, die optimale, evidenzbasierte Anwendung von Impfungen zur Eindämmung des infektionsepidemiologischen Geschehens zu ermöglichen. Es handelt sich also um einen dynamischen Prozess, und die entsprechenden Impfintervalle werden kontinuierlich den aktuellen Gegebenheiten und entsprechend den wissenschaftlichen Erkenntnissen und Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums angepasst. Bezüglich berücksichtigter Impfstoffe sowie zukünftiger, etwaiger an Virusvarianten angepasster Impfstoffe sollten aus medizinisch-fachlicher Sicht jedenfalls die zum jeweiligen Zeitpunkt seitens des Nationalen Impfgremiums empfohlenen Impfstoffe berücksichtigt werden. Die bestmögliche Verfolgung des Ziels des Gesundheitsschutzes und die Sicherstellung der durchgehenden Eignung der Maßnahme erfordern Flexibilität in der Festlegung der Gültigkeit des Impfstatus.[3]

Zur Ermittlung der impfpflichtigen Personen zwecks Erinnerung an einen ungültigen Impfstatus hat die Bundesregierung durch Verordnung einen Erinnerungsstichtag festzulegen. Am Erinnerungsstichtag und in weiterer Folge in Abständen von jeweils sechs Monaten von diesem Tag (sog Folgestichtag) hat der Gesundheitsminister Personen, die unzureichend geimpft sind, in einem Erinnerungsschreiben über ihre Impfpflicht und daran zu erinnern, dass die jeweilige Impfung ehemöglichst und spätestens bis zum sog Impfstichtag nachzuholen ist.[4] Versand oder Erhalt des Erinnerungsschreibens sollen allerdings keine Voraussetzung für eine Strafbarkeit sein. Anfragen und Beschwerden von Personen über das Erinnerungsschreiben (ua betreffend zentrales Impfregister oder Register anzeigepflichtiger Krankheiten) sind an eine (künftige) Stelle für das Datenqualitätsmanagement zu richten, die der Gesundheitsminister zu betreiben hat.[5]

Der Impfstichtag und in weiterer Folge die in Abständen von je sechs Monaten von diesem Tag gelegenen Folgestichtage dienen der Ermittlung der impfpflichtigen Personen durch einen automatisierten Datenabgleich, um Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen. Nur sofern dies zur Sicherstellung der Erfüllung der Impfpflicht erforderlich ist, kann ein Impfstichtag durch die Bundesregierung nach einem Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats verordnet werden.[6] Die Erlassung der Verordnung liegt im Ermessen der Bundesregierung und soll anhand epidemiologischer Kriterien oder faktischer Bedingungen wie personeller Ressourcen der zuständigen Behörden eine verhältnismäßige Maßnahme darstellen. Sie unterliegt (wie weite Teile des COVID-19-IG) einer ständigen Evaluierungspflicht und hat allenfalls wieder aufgehoben zu werden.[7] Pro Jahr gibt es zwei Impfstichtage, die frühestens einen Monat nach dem Erinnerungsstichtag liegen dürfen.

Bis zu einem Impfstichtag haben Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts die Einhaltung der Impfpflicht stichprobenartig zu kontrollieren.[8] Erst durch den automatisierten Datenabgleich an einem Impfstichtag und an dessen Folgestichtagen wird eine durchgängige Kontrolle der Impfpflicht ermöglicht. Daraus folgt ein dreistufiger Ablauf:

  • "Übergangsphase": Bis zum 15.03.2022 ist ein ungültiger Impfstatus gegen COVID-19 einer impfpflichtigen Person unbeachtlich. Diese erste Phase soll der Aufklärung zum Zweck einer freiwilligen Impfung dienen und ermöglicht das kostenlose Impfangebot sanktionslos in Anspruch zu nehmen.
  • "Kontrollphase I": Ab dem 16.03.2022 ist ein ungültiger Impfstatus als Verwaltungsübertretung zu bestrafen: Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts haben im Rahmen der ihnen sonst obliegenden Aufgaben bei Amtshandlungen, die eine Identitätsfeststellung des Betroffenen umfassen (zB Verkehrskontrollen, Kontrollen nach dem COVID-19-MG), die Einhaltung der Impfpflicht zu kontrollieren und eine Verletzung anzuzeigen. Aufgrund dieser Anzeige wird die betroffene Person durch die Bezirksverwaltungsbehörde zur Vorlage eines Nachweises über die Erfüllung der COVID-19-Impfpflicht oder über das Vorliegen eines Ausnahmegrunds[9] binnen zwei Wochen aufgefordert. Kann der Impfnachweis bzw der Nachweis eines Ausnahmegrundes erbracht werden, wird das (ordentliche) Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Kann ein solcher Nachweis nicht erbracht werden, kann von der Bezirksverwaltungsbehörde eine sog Impfstrafverfügung in der Höhe von bis zu € 600 ausgestellt oder ein Straferkenntnis (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren) mit einer Geldstrafe bis zu € 3.600 erlassen werden. Solche Verfahren dürfen höchstens vier Mal pro Kalenderjahr zu einer Bestrafung führen.[10]

Als Nachweis für die Erfüllung der Impfpflicht[11] gilt

  • ein Impfzertifikat iSd EpiG,
  • ein Eintrag im Impfpass,
  • ein Eintrag im zentralen Impfregister, oder
  • eine ärztliche Bestätigung über die erfolgte Impfung.

Zusätzlich zu dieser stichprobeartigen Kontrolle der Einhaltung der COVID-19-Impfpflicht, hat die Bundesregierung, sobald die technischen Voraussetzungen für einen automatisierten Datenabgleich mit dem Melderegister, dem zentralen Impfregister und dem Epidemiologischen Meldesystem erfüllt sind, einen Erinnerungsstichtag festzulegen. Am Erinnerungsstichtag und seinen Folgestichtagen wird mittels Datenabgleich ermittelt, wer zum jeweiligen Stichtag noch nicht mit den vorgesehenen Impfungen im zentralen Impfregister erfasst wurde. Daran anknüpfend hat der Gesundheitsminister in einem postalischen Erinnerungsschreiben alle Personen, die ihre Impfpflicht nicht erfüllen, darüber und über die Schutzimpfung gegen COVID-19 und einschlägige Beratungsangebote zu informieren. Zusätzlich wird darauf hingewiesen, Ausnahmegründe von den dazu befugten Ambulanzen, Amts- oder Epidemieärzten ins zentrale Impfregister eintragen zu lassen. Genesene Personen erhalten für 180 Tage ab dem Tag der Probennahme des positiven PCR-Tests kein Erinnerungsschreiben.

  • "Kontrollphase II": Ab einem (noch von der Bundesregierung festzulegenden) Impfstichtag werden automationsunterstützt sog Impfstrafverfügungen an impfpflichtige Personen wegen Verstöße gegen die COVID-19-Impfpflicht ausgestellt: Im Erinnerungsschreiben ist ua daran zu erinnern, dass die jeweilige Impfung spätestens bis zum nächsten Impfstichtag nachzuholen ist. An den Impfstichtagen müssen alle Personen, die von der COVID-19-Impfpflicht erfasst sind, geimpft sein oder einen Ausnahmegrund im zentralen Impfregister eingetragen haben. Um festzustellen, wer der COVID-19-Impfpflicht nicht nachgekommen ist, wird ein Datenabgleich aus dem zentralen Melderegister, dem zentralen Impfregister und dem Epidemiologischen Meldesystem am Impfstichtag durchgeführt. Die örtliche zuständige Bezirksverwaltungsbehörde wird informiert, welche Personen in ihrem Zuständigkeitsbereich die COVID-19-Impfpflicht nicht erfüllen und daher eine Verwaltungsübertretung nach § 10 COVID-19-IG zu verantworten haben. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann ohne weiteres Verfahren eine Geldstrafe wegen der Verwaltungsübertretung am jeweiligen Impfstichtag mittels sog Impfstrafverfügung verhängen.

 

[1]     Laut VK Kogler (https://orf.at/stories/3244309/).

[2]     § 4 Abs 4 COVID-19-IG.

[3]     AB 1312 BlgNR 27. GP 20 f.

[4]     §§ 2, 5, 8 COVID-19-IG.

[5]     § 7 COVID-19-IG.

[6]     § 9 COVID-19-IG.

[7]     AB 1312 BlgNR 27. GP 28 f.

[8]     § 15 Abs 1 COVID-19-IG.

[9]     Vgl zum Nachweis von Ausnahmengründen obigen Pkt "Ausnahmen von der Impfpflicht".

[10]    § 11 Abs 1 COVID-19-IG.

[11]    § 2 Z 9 COVID-19-IG.

1. Grundsätze der Strafbarkeit nach dem COVID-19-IG

  • Grundsätzlich wird ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren (inkl Parteiengehör) oder ein besonderes, abgekürztes Verwaltungsstrafverfahren (sog "Impfstrafverfügung") zur Durchsetzung der allgemeinen, indirekten Impfpflicht von der örtlichen zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde
  • Die örtliche Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde bestimmt sich vorrangig nach dem Hauptwohnsitz, sonst nach dem Wohnsitz oder der Kontaktstelle der impfpflichtigen Person.[1]
  • Wer nach dem 15.03.2022 die Impfpflicht verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe
    • (im ordentlichen Verfahren) bis zu € 3.600
    • (im abgekürzten Verfahren mittels "Impfstrafverfügung") bis zu € 600

zu bestrafen.

  • Nur im ordentlichen Verfahren ist bei der Strafbemessung insbesondere auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgfaltspflichten des Beschuldigten Bedacht zu nehmen.[2]
  • Die Verletzung der Impfpflicht ist als Dauerdelikt ausgestaltet: Es ist eine Strafe für einen ungültigen Impfstatus (Tat) während desselben Tatbegehungszeitraums zu verhängen. Somit ist das gesamte deliktische Verhalten (als eine Verwaltungsübertretung) bis zur Bestrafung erfasst, das Dauerdelikt endet mit der Bestrafung. Wird das Delikt weiter verwirklicht, kann neuerlich eine Strafe verhängt werden.[3]
  • Verfahren, die nicht aufgrund eines automationsunterstützten Datenabgleichs nach § 6 COVID-19-IG eingeleitet werden, dürfen höchstens vier Mal pro Kalenderjahr zu einer Bestrafung führen.[4]
  • Eine Ersatzfreiheitsstrafe ist für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ausgeschlossen.
  • Die Impfung darf nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden: Die Durchführung einer Schutzimpfung gegen COVID-19 kann daher weder durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt noch durch Anwendung unmittelbaren Zwangs iSd § 7 VVG erzwungen werden. Die Erfüllung der Impfpflicht wird im Übrigen (anders als die nach diesem Bundesgesetz verhängten Geldstrafen) nicht im Wege des VVG vollstreckt, insbesondere auch nicht im Wege einer Beugestrafe.[5]
  • Tätige Reue: Die Strafbarkeit entfällt, wenn die Impfpflicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung einer Impfstrafverfügung oder nach Aufforderung iSd § 40 Abs 2 VStG nachweislich nachgeholt Dazu kann die Bezirksverwaltungsbehörde auf die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten des Beschuldigten zugreifen, um sich über dessen Impfstatus zu informieren.[6]
  • In Bezug auf Sachverhalte, die sich vor dem Außerkrafttreten dieses Bundesgesetzes ereignet haben, sind Strafverfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes weiterzuführen. In diesem Zusammenhang gilt das Günstigkeitsprinzip gemäß § 1 Abs 2 VStG nicht, da das strafrechtliche Unwerturteil aufrecht bleibt.[7]
  • Gegen Straferkenntnisse ist eine Bescheidbeschwerde an das zuständige Landesverwaltungsgericht zulässig. Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gelten folgende Sonderbestimmungen, die für das Ziel einer effektiven Impfpflicht zum Schutz der öffentlichen Gesundheit durch das COVID-19-IG als erforderlich angesehen werden:[8]
    • Grundsätzlich sind in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in Verwaltungsstrafsachen öffentlich mündliche Verhandlungen durchzuführen. Nach § 13 Abs 1 COVID-19-IG ist ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung abzusehen, wenn eine Beschwerde lediglich mit der Behauptung der Verfassungswidrigkeit des COVID-19-IG erhoben wird und soweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken nach Art 6 EMRK bzw Art 47 GRC entgegen stehen. Dabei wird betont, dass der Entfall einer Verhandlung der Verfahrensbeschleunigung diene, sodass der Beschwerdeführer seine verfassungsrechtlichen Bedenken rascher an den dafür zuständigen Verfassungsgerichtshof gem Art 144 B-VG herantragen könne.
    • Die Verjährungsfrist für eine Strafbarkeit ist verlängert. Sind seit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten gegen ein Straferkenntnis bei der Behörde 24 Monate vergangen, tritt es außer Kraft und das Verfahren ist einzustellen.
    • Beachte: Das Verbot, dass eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung eine höhere Strafe als im angefochtenen Bescheid (Straferkenntnis) verhängt, (reformatio in peius) ist aufrecht.[9]

2. Sonderfall Impfstrafverfügung

    • In §§ 10, 11 COVID-19-IG ist ein eigenes, abgekürztes Verwaltungsstrafverfahren geregelt, das dem Ziel einer effizienten Durchsetzung der Impfpflicht und dem Erreichen einer höheren Durchimpfungsrate dienen soll.[10]
    • Eine sog Impfstrafverfügung ist nach fruchtlosem Verstreichen einer Aufforderungsfrist oder im Zusammenhang mit einem stichtagsbezogenen Datenabgleich am Impfstichtag und an dessen Folgestichtagen in Abstand von je sechs Monaten zulässig.
    • An Impfstichtage anknüpfende automationsunterstützt eingeleitete Verfahren können höchstens zwei Mal pro Kalenderjahr geführt werden.[11]
    • Das Anknüpfen an den stichtagsbezogenen Datenabgleich ändert nichts an der Qualifikation der Verwaltungsübertretung als Dauerdelikt.
    • Es kann eine Geldstrafe von bis zu € 600 verhängt werden. Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten sind dabei nicht zu berücksichtigen.
    • Ein begründeter Einspruch kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Impfstrafverfügung erhoben werden. Durch einen begründeten Einspruch wird das ordentliche Verfahren eingeleitet. Der begründete Einspruch gilt als Rechtfertigung iSd § 40 VStG, womit dem Parteiengehör aber wohl unzureichend entsprochen wird. Bemerkenswert ist, dass im Straferkenntnis (im Rahmen des ordentlichen Verfahrens) eine höhere Strafe als in der vorangehenden Impfstrafverfügung zulässig ist (kein Verbot der reformatio in peius).
    • Wird ein begründeter Einspruch nicht erhoben oder zurückgezogen, ist die Impfstrafverfügung (durch Pfändungen nach VVG)[12] zu vollstrecken.

 

[1]     § 12 COVID-19-IG.

[2]     § 10 Abs 2 COVID-19-IG, AB 1312 BlgNR 27. GP 29.

[3]     AB 1312 BlgNR 27. GP 29, 31.

[4]     § 11 Abs 1 COVID-19-IG.

[5]     § 1 Abs 2 COVID-19-IG.

[6]     § 10 Abs 3 COVID-19-IG.

[7]     AB 1312 BlgNR 27. GP 32.

[8]     § 13 COVID-19-IG, AB 1312 BlgNR 27. GP 31.

[9]     § 42 VwGVG.

[10]    AB 1312 BlgNR 27. GP 30 f.

[11]    § 11 Abs 2 COVID-19-IG.

[12]    Dazu genauer Teil "Eckpfeiler des Begutachtungsentwurfs über das COVID-19-Impfpflichtgesetz".


Begutachtungsentwurf: Eckpfeiler des Begutachtungsentwurfs über das COVID-19-Impfpflichtgesetz

Ziel des COVID-19-Impfpflichtgesetz (COVID-19-IG) ist das Erreichen und Aufrechterhalten einer Durchimpfungsrate von 90%, um das Infektionsgeschehen nachhaltig zu stabilisieren und die Viruszirkulation zu reduzieren.[1] Der Begutachtungsentwurf war unter den Voraussetzungen der bereits dominierenden Omikron-Variante (grundrechtlich) zu beurteilen. Die parlamentarischen Materialien gingen zum Stand Dezember 2021 hingegen noch von der damals vorherrschenden Delta-Variante aus.[2] Damit wird klar, wie punktuell nachfolgend skizzierter einfach-gesetzlicher Rahmen über eine Impfpflicht in der Dynamik der vorherrschenden Pandemie zu bewerten war.

Nach dem Begutachtungsentwurf soll das COVID-19-IG mit Anfang Februar 2022 in Kraft und mit Ablauf vom 31.01.2024 außer Kraft treten und damit für ca zwei Jahre gelten.

 

[1]     IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 8 f.
[2]     IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 9.

Die Schutzimpfung gegen COVID-19 ist eine aus mehreren Impfungen bestehende Impfserie mit einem

  • anerkannten Impfstoff oder
  • zentral zugelassenen Impfstoff

gegen COVID-19.[1]

Unter einem zentral zugelassenen Impfstoff ist ein Impfstoff zu verstehen, der in einem zentralen Verfahren durch die Europäische Arzneimittelagentur zugelassen wurde (BioNTech/Pfizer, AstraZeneca, Janssen, Moderna).[2] Eine (dreiteilige) Impfserie ist für zentral zugelassene Impfstoffe festgelegt.

Auf Basis einer Verordnung des Gesundheitsministers[3] können (nachträglich) Impfstoffe, die (noch) nicht zentral zugelassen sind, als Schutzimpfung anerkannt werden, sofern ihnen eine mit zugelassenen Impfstoffen vergleichbare epidemiologische Wirksamkeit und Sicherheit zukommt. Darin sind auch die erforderlichen Impfserien und Impfintervalle festzulegen. Ferner können (sogar) Änderungen betreffend zentral zugelassener Impfstoffe, derer Impfintervalle und Impfserien, sowie Kombinationen von Impfstoffen durch den Gesundheitsminister verordnet werden.

Die Verordnungsermächtigung des Gesundheitsministers nach § 4 Abs 7 COVID-19-IG ist evident umfassend, sie ermöglicht etwa eine Gleichbehandlung (bloß) anerkannter Impfstoffe mit Impfstoffen, die (bereits) zentral zugelassen sind. Die Ermächtigung ist an ein Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats geknüpft und damit verstärkt demokratisch legitimiert. Zudem hat der EGMR bestätigt, dass auch Verordnungen als gesetzliche Grundlage (im materiellen Sinn) für Grundrechtseingriffe genügen.[4] Aus rechtsstaatlicher Sicht ist jedoch zu erwägen, dass solche gesetzesergänzenden Verordnungsermächtigungen grundsätzlich einer verfassungsrechtlichen Grundlage bedürfen.[5] Eine solche ist allerdings weder gegeben noch angedacht.[6] Ferner ist die vom VfGH für grundrechtlich eingriffsintensive Verordnungen betreffend COVID-19 geforderte Dokumentationspflicht und damit die Transparenz über die Willensbildung und deren zugrundeliegende Entscheidungsgrundlagen vom Verordnungsgeber zu beachten.[7]

 

[1]     § 2 Z 2 COVID-19-IG.

[2]     § 2 Z 3 COVID-19-IG.

[3]     § 4 Abs 7 COVID-19-IG.

[4]     EGMR 08.04.2021 (GK), Vavřička ua gegen Tschechien, Rn 269.

[5]     Vgl Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) Rz 600.

[6]     IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 14.

[7]     ZB VfGH 16.06.2021, V 34/2021 ua Rn 20; 01.10.2020, V 405/2020 Rn 35 f, 45.

Von der Impfpflicht sind nach § 1 COVID-19-IG grundsätzlich Personen erfasst, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben oder über eine Hauptwohnsitzbestätigung[1] verfügen und

  • das 18. Lebensjahr vollendet haben, oder
  • zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr über die erforderliche Entscheidungsfähigkeit für Einwilligungen in medizinische Behandlungen[2] verfügen.

Der Begutachtungsentwurf stellt auf den Wohnsitz (ausreichend Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen) nach § 1 Abs 6 Meldegesetz (MeldeG) und setzt damit keinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet voraus. Damit sollen 24-Stunden-Betreuer und Wochenpendler erfasst sein.[3]

Spätestens mit Eintritt der Volljährigkeit gilt eine allgemeine Impfpflicht, sofern keine Ausnahmegründe nach § 3 COVID-19-IG zum Tragen kommen.

 

[1]     § 19a MeldeG.

[2]     § 173 Abs 1 ABGB; solche Entscheidungsfähigkeit (vgl dazu § 24 Abs 2 ABGB) wird gesetzlich bei mündig Minderjährigen und damit (erst) ab Vollendung des 14. Lebensjahres vermutet, vgl §§ 21, 173 ABGB. Ebenso liegt Strafmündigkeit ab Vollendung des 14. Lebensjahres zum Tatzeitpunkt vor, vgl § 4 VStG. Unpräzise bei Altersschwelle IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 11.

[3]     IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 11.

Eine Ausnahme von der Impfpflicht gilt bis zum Ablauf des Folgemonats nach Wegfall des Ausnahmegrunds.[1]

Von der Impfpflicht sind

  • Personen bis zu ihrem vollendeten 13.[2] Lebensjahr, und
  • Personen zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr mit fehlender Entscheidungsfähigkeit spätestens bis zur Volljährigkeit (§ 1 COVID-19-IG) ausgenommen; ausgenommen von der Impfpflicht nach § 3 COVID-19-IG sind ferner
  • Schwangere (Z 1),
  • Personen, die nicht ohne Gefahr für Leib oder Gesundheit geimpft werden können, sofern dieser Gefahr auch nicht durch die Wahl des Impfstoffs des Impfpflichtigen begegnet werden kann (Z 2),
  • Genese: Personen, die eine bestätigte Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben, für die Dauer von 180 Tagen ab dem Tag der Probenahme (Z 3), oder
  • Personen, die künftig durch eine Verordnung des Gesundheitsministers ausgenommen[3] Personen, die nicht ohne Gefahr für Leib oder Gesundheit geimpft werden können, sind (grundrechtskonform) von der Impfpflicht stets auszunehmen.[4]

Wie bereits unter Punkt 1.1 dargelegt, ist eine solche (gesetzesergänzende) Verordnungsermächtigung des Gesundheitsministers weitgehend und rechtsstaatlich bedenklich. Sofern der Schutz der öffentlichen Gesundheit und (i) die Änderung der Rechtslage oder (ii) der Stand der Wissenschaft es erfordern, kann der Gesundheitsminister Ausnahmegründe – ausgenommen § 3 Abs 1 Z 2 COVID-19-IG – streichen, ändern oder ergänzen.

Eine bestätigte Infektion mit SARS-CoV-2 (Z 3) ist durch ein Genesungszertifikat, eine ärztliche Bestätigung[5] oder einen Absonderungsbescheid nachzuweisen. Näheres kann der Gesundheitsminister dazu verordnen.

Die Ausnahmegründe der Schwangerschaft, der Gefahr für Leib oder Gesundheit und der fehlenden Entscheidungsfähigkeit sind durch eine (amts-)ärztliche Bestätigung nachzuweisen.

Die Gefahr für Leben und Gesundheit soll insbesondere Fälle von Kontraindikationen gegen Impfstoffe oder Krankheitsbilder, die ein günstiges Nutzen-/Risikoverhältnis der Impfung nicht gewährleisten, erfassen. Dies betrifft die physische und psychische Gesundheit. Hiermit sind wohl auch kritische Weltanschauungen oder Überzeugungen ausreichender Ernsthaftigkeit geschützt. Eine Weltanschauung ausreichender Ernsthaftigkeit ist durch ein kritische Haltung gegenüber COVID-19-Maßnahmen auszuschließen.[6] Die Ablehnung von Impfungen aus Gesundheitsgründen ist zudem von Art 9 EMRK nicht erfasst.[7] Die Wahl des Impfstoffs, um die Gefährdung zu vermeiden, ist laut Materialien (allein) auf zentral zugelassene Impfstoffe begrenzt.[8] Der Gesundheitsminister ist zur inhaltlichen Ausgestaltung per Verordnung ermächtigt.[9]

 

[1]     § 3 Abs 2 COVID-19-IG.

[2]     Unklarheiten im Begutachtungsentwurf, vgl § 1 Abs 2, § 5 Abs 1 Z 1 und Z 2 COVID-19-IG und IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 11; anscheinend soll eine Impfpflicht erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres (wegen vermuteter Entscheidungsfähigkeit) gelten.

[3]     § 3 Abs 6 iVm § 11 COVID-19-IG.

[4]     § 3 Abs 6 COVID-19-IG.

[5]     Fraglich, ob bei molekularbiologisch bestätigten Test auf SARS-CoV-2 (zB PCR-Test) erforderlich, vgl § 2 Z 5 iVm § 3 Abs 4 COVID-19-IG.

[6]     OLG Wien 10 Ra 100/21f; Die Presse, Skepsis gegen Covid-Maßnahmen ist keine "Weltanschauung" (13.01.2022).

[7]     EGMR 08.04.2021 (GK), Vavřička ua gegen Tschechien, Rn 334 f.

[8]     IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 13.

[9]     § 3 Abs 5 COVID-19-IG.

Der Gesundheitsminister hat nach § 6 COVID-19-IG am 15.02.2022 (sog "Stichtag") und in weiterer Folge in Abständen von je drei Monaten (sog "Folgestichtag") impfpflichtige Personen, die nicht ausreichend immunisiert sind, darüber (mittels Erinnerungsschreiben) zu informieren, dass die jeweilige ausständige Impfung bis zum 15.03.2022 (sog "Impfstichtag") oder zu dem im Abstand von je drei Monaten darauffolgenden Tag (sog "Folgestichtag") nachzuholen ist.

Demnach erhält eine unzureichend immunisierte Person jeweils einen Monat vor dem jeweiligen Impfstichtag bzw Folgestichtag ein Erinnerungsschreiben. Dadurch soll ein grundrechtskonformes, verhältnismäßiges Sanktionsregime gesichert sein.[1] Eine Vorladung des säumigen Impfpflichtigen ist hingegen nicht vorgesehen.[2]

Niederschwelliges Impfen ist anzubieten, dabei ist an "Impftage" an den "Impfstraßen" zu denken.[3]

Arbeitgeber sind verpflichtet, Arbeitnehmer während der für die Schutzimpfung einschließlich der An- und Abreise erforderlichen Zeit unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen.[4]

Für die dreiteilige Impfserie der (bisher) zentral zugelassenen Impfstoffe gegen COVID-19 legt § 4 Abs 1 COVID-19-IG folgendes Basis-Impfintervall (Zeitraum zwischen den einzelnen Teilimpfungen) fest:

  • Zweitimpfung oder weitere Impfung, die frühestens 14 und spätestens 42 Tage nach der Erstimpfung durchzuführen ist, und
  • Drittimpfung oder weitere Impfung, die frühestens 120 und spätestens 270 Tage nach der Vorimpfung durchzuführen ist.

Abweichungen von der dreiteiligen Impfserie und vom Basis-Impfintervall sind zum einen durch die besagte umfassende Verordnungsermächtigung des Gesundheitsministers[5] und zum anderen durch bestätigte Infektionen mit SARS-CoV-2[6] oder Überschreiten gewisser Zeitfenster zur vorangehenden Impfung[7] vorgesehen.

Nachweise der Erfüllung der Impfpflicht oder des Vorliegens eines Ausnahmegrunds können durch Eintragungen im zentralen Impfregister, durch Vorlage eines Impfpasses oder einer ärztlichen Bestätigung über die erfolgte Impfung erbracht werden.[8]

 

[1]     IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 13.

[2]     Vgl dazu § 16 BG über Schutzimpfungen gegen Pocken.

[3]     § 10 COVID-19-IG, IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 19.

[4]     § 10 Abs 3 COVID-19-IG.

[5]     § 4 Abs 7 COVID-19-IG.

[6]     § 4 Abs 2, Abs 6 COVID-19-IG.

[7]     § 4 Abs 3 – Abs 5 COVID-19-IG.

[8]     § 7 Abs 2 – Abs 3 COVID-19-IG.

Das COVID-19-IG regelt eine indirekte Impfpflicht: Ein Verstoß gegen eine im Erinnerungsschreiben vorgeschriebene Impfung begründet eine Verwaltungsübertretung.

Für die Abwicklung der Verwaltungsstrafe gilt (tw abweichend vom VStG):

  • Eine unterlassene Impfung zum Zeitpunkt des Impfstichtags bzw dessen nachfolgenden Folgestichtags (in Abständen von je drei Monaten) ist eine Verwaltungsübertretung.[1] Nach einem automationsunterstützten Datenabgleich informiert der Gesundheitsminister die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde über eine ausständige Impfung.[2]
  • Die Bezirksverwaltungsbehörde[3] kann für die jeweilige Verwaltungsübertretung durch Strafverfügung eine Geldstrafe von bis zu € 600 festsetzen, sofern nicht eine vom Gesundheitsminister verordnete (geringere) Strafhöhe zu beachten ist.[4] Damit ist die (indirekte) Impfpflicht mit einer Geldstrafe pro Verstoß strafbewehrt.
  • Die Strafverfügung ist ein Verwaltungsstrafbescheid, der ohne vorangehendes Ermittlungsverfahren dem Beschuldigten von der Bezirksverwaltungsbehörde zugestellt Die in § 8 COVID-19-IG geregelten Voraussetzungen für die Einleitung eines vereinfachten Verwaltungsstrafverfahrens sollen die Impfpflicht rasch und effizient umsetzen und damit einer möglichst zügigen Durchimpfung dienen und weichen von § 47 VStG ab.[5] Ein Ermittlungsverfahren bzw ordentliches Verfahren mit dem Recht auf mündliches Parteiengehör für den Beschuldigten ist erst nach Erheben eines (mündlichen/schriftlichen) Einspruchs binnen zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung vorgesehen. Auf das Einspruchsrecht ist in der Strafverfügung hinzuweisen. Das ordentliche Verfahren ist nach § 7 Abs 4 COVID-19-IG einzustellen, sobald die Impfpflicht nachweislich erfüllt ist. Ein förmlicher Freispruch ist nicht vorgesehen, ein Ermahnungsbescheid ausgeschlossen.[6]
  • In dem aufgrund des Einspruchs in einem ordentlichen Verfahren (vor der Bezirksverwaltungsbehörde) ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Geldstrafe als in der Strafverfügung verhängt werden (Verbot der reformatio in peius).[7] Gegen das Straferkenntnis (Verwaltungsstrafbescheid) steht dem Beschuldigten ein (schriftliches) Beschwerderecht an das zuständige Landesverwaltungsgericht binnen vier Wochen ab Zustellung/Verkündung des Straferkenntnisses zu.[8] Der Bescheidbeschwerde kommt grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu.
  • Sofern kein Rechtsmittel gegen Strafverfügungen bzw Straferkenntnisse, die Geldstrafen nach §§ 7 f COVID-19-IG verhängen, erhoben wird, kommt eine Vollstreckung der Geldstrafe in Frage. Rechtskräftig verhängte Geldstrafen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Nach Setzung einer angemessenen Mahnfrist hat die Vollstreckungsbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde) die Geldstrafe zu vollstrecken.[9] Zur effektiven Umsetzung der Impfpflicht hat die Vollstreckungsbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde) die Vollstreckung von amtswegen einzuleiten und durchzuführen.[10] Im Sinne der Raschheit und Kostenersparnis kann die Vollstreckungsbehörde selbst – ohne Veranlassung eines gerichtlichen Exekutionsverfahrens vor dem zuständigen Bezirksgericht – die Geldleistungen durch (Fahrnis-, Forderungs-)Pfändungen (auf Basis einer sog Vollstreckungsverfügung) eintreiben.[11]
  • Es ist ein gedeckeltes Kumulationsprinzip (Strafenhäufung) bei der Strafbemessung einzuhalten: Die Geldstrafen für die einzelnen Verwaltungsübertretungen am Impfstichtag bzw dessen Folgestichtag sind mit bis zu € 600 festzusetzen und bis zur Höchststrafe von € 3.600 zusammenzurechnen. Ein sog fortgesetztes Delikt, bei welchem der Täter nur wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung bestraft werden kann, ist dem COVID-19-IG wohl nicht zu entnehmen.[12]
  • Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten wie auch die Bedeutung des geschützten Rechtsguts (öffentliche Gesundheit) und Intensität seiner Beeinträchtigung sind bei der Bemessung der Geldstrafe zu berücksichtigen.
  • Eine (Ersatz-)Freiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist explizit ausgeschlossen.
  • Unzulässig ist eine zwangsweise Durchsetzung der Impfpflicht durch Anwenden unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder Einsatz einer Beugestrafe zur Vollstreckung der Impfpflicht.[13]

 

[1]     § 7 Abs 1, § 8 Abs 1 COVID-19-IG.

[2]     § 5 Abs 3 COVID-19-IG.

[3]     Der Landeshauptmann kann durch Verordnung (bundeslandweit) Verwaltungsstrafverfahren an sich ziehen, § 12 Abs 2 COVID-19-IG.

[4]     § 8 Abs 2 COVID-19-IG.

[5]     IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 18.

[6]     Vgl dazu hingegen § 45 VStG.

[7]     § 49 VStG.

[8]     §§ 3, 7 ff VwGVG; Art 130 ff B-VG.

[9]     § 54b VStG.

[10]    § 1a VVG.

[11]    § 3 VVG.

[12]    Arg § 8 Abs 1 ("am Impfstichtag und […] je drei Monaten") iVm § 7 Abs 1 COVID-19-IG ("begeht eine Verwaltungsübertretung").

[13]    § 1 Abs 3 COVID-19-IG; IA Impfpflichtgesetz, 2173/A 27. GP 11.

Ausgangslage für eine (allgemeine) Impfpflicht in Österreich

Die hitzige Debatte über den Entwurf zur Impfpflicht gegen COVID-19 betrifft einen staatlichen Schutzmechanismus für die öffentliche Gesundheit durch eine allgemeine Impfpflicht. Eine solche war zuletzt (eingriffsintensiver[1]) im Bundesgesetz über Schutzimpfungen gegen Pocken[2] bis zum 31.12.1980[3] geregelt. Bereits jetzt können Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaft, Magistrat) auf Bundesebene (ua)[4] nach § 17 Abs 3 und Abs 4 Epidemiegesetz (EpiG) für einen jeweils beschränkten Personenkreis eine Impfpflicht verordnen[5] bzw bescheidförmig[6] anordnen.

Das Regeln einer allgemeinen Impfpflicht obliegt dem Bund.[7] Eine Impfpflicht stellt als unfreiwillige Behandlung (insb)[8] einen Eingriff in die grundrechtlich bzw verfassungsrechtlich geschützte körperliche Unversehrtheit[9] dar, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Die Zulässigkeit eines solchen Eingriffs ist am konkreten Impfstoff und an den Eigenheiten der Infektionskrankheit zu bestimmen.[10] Je intensiver der Eingriff, desto größer muss der Nutzen der Impfung sein. Demnach gilt eine Impfpflicht als verhältnismäßig, wenn das Risiko von Nebenwirkungen und Folgeschäden durch die Impfung gering und der Impfstoff sicher und wirksam, das Risiko einer Infektion, von Komplikationen und Todesfällen im Laufe der Krankheit dagegen groß ist.[11]

Legitime Schutzziele zur Verhinderung strafbarer Handlungen,[12] zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer haben jüngst den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) veranlasst, eine Impfpflicht von Kindern gegen Kinderkrankheiten als grundrechtskonform einzustufen.[13] Dabei räumt der EGMR den Mitgliedstaaten einen weiten[14] Ermessensspielraum ein, um einen Interessensausgleich zwischen der (privaten) Selbstbestimmung und den öffentlichen Interessen zu finden. Der EGMR betont auch die positiven Schutzpflichten eines Konventionsstaats, durch angemessene Maßnahmen das Leben und die Gesundheit jener zu schützen, die seiner Hoheitsgewalt unterstehen.[15] Wesentlich für eine grundrechtskonforme Impfpflicht sei ihre konkrete Ausgestaltung (Umfang der Pflicht, Ausnahmetatbestände für bestimmte Personengruppen, Art der Sanktionen, Rechtsschutz, Schadenersatz, Transparenz, etc), die einen verhältnismäßigen und damit zulässigen Eingriff in Grundrechte[16] gewährleistet.[17] Dabei ist auf den Vorrang gelinderer und damit (auch) freiwilliger Mittel zu achten, um eine möglichst hohe Durchimpfungsrate zu erreichen. Dazu zählen etwa Gratisimpfungen mit intensiven Aufklärungskampagnen, Impfempfehlungen mit finanziellen Anreizsystemen, finanzielle Zuwendungen ("Impfprämien"), ein Entzug von Sozialleistungen oder beschränkter Zugang zu öffentlichen Einrichtungen wie Kindergärten.[18] Die Wahrung der Verhältnismäßigkeit war auch einer der maßgeblichen Punkte in der Diskussion über die Grundrechtskonformität der (indirekten) Impfpflicht in Österreich ab Anfang Februar 2022.

Im Übrigen sind geltende Impfprogramme in Österreich (unverbindliche) Empfehlungen,[19] bei denen der Bund für Schäden durch eine Schutzimpfung nach dem Impfschadengesetz[20] haftet. Seit dem 19.12.2020 fällt unter diese Entschädigungspflicht auch die Impfung gegen COVID-19.[21]

[1]     Notimpfungen als AuvBZ, (auch) Freiheitsstrafe als Verwaltungsstrafe nach Vorladung, vgl dazu auch VwGH 21.02.1979, 1440/77.
[2]     BGBl 1948/156.
[3]     BGBl 1980/583.
[4]     Wie auch Berufsgesetze und (sonstige) Regelungen im Heil- und Pflegewesen dazu Gamper, Stets umstritten – die Zulässigkeit einer Impfpflicht, DRdA-infas 2021, 249 (250). 
[5]     Kopetzki, Impfpflicht und Verfassung, RdM 2017/42.
[6]     VfGH 02.03.2021, G 362/2020.
[7]     Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG ("Gesundheitswesen").
[8]     Beachte auch Recht auf Leben (Art 2 EMRK), Verbot der Folter (Art 3 EMRK), Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art 9 EMRK).
[9]     Schutzbereich "Privatleben" iSd Art 8 EMRK.
[10]    Dazu eingehend Krasser, Zur grundrechtlichen Zulässigkeit einer Impfpflicht, RdM 2020, 136 (136 ff).
[11]    Krasser, RdM 2020, 136 (141).
[12]    §§ 178 f StGB.
[13]    EGMR 08.04.2021 (GK), Vavřička ua gegen Tschechien, Rn 263, 272; dabei waren allerdings langjährig erprobte Impfstoffe gegen Kinderkrankheiten betroffen (Polio, Hepatitis B, Tetanus, Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln, etc) EGMR 08.04.2021, Vavřička ua gegen Tschechien, Rn 158, 291.
[14]    EGMR 08.04.2021 (GK), Vavřička ua gegen Tschechien, Rn 310.
[15]    EGMR 08.04.2021 (GK), Vavřička ua gegen Tschechien, Rn 282.
[16]    Art 2, Art 3, Art 8, Art 9 EMRK.
[17]    EGMR 08.04.2021 (GK), Vavřička ua gegen Tschechien Rn 290 ff.
[18]    Vgl Kopetzki, Minenfeld "Impfzwang", RdM 2021/241.
[19]    Hiersche/K. Holzinger/Eibl, Handbuch des Epidemierechts (2020) 82 f.
[20]    BGBl 1973/371 idF BGBl I 2021/210.
[21]    § 1b Abs 2 Impfschadengesetz iVm Verordnung über empfohlene Impfungen (BGBl II 2006/526 idF BGBl II 2020/577).

Folgen aus der gesetzlichen Impfpflicht im (Arbeits-)Alltag

Im COVID-19-IG ist der Verstoß gegen die Impfpflicht verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert, weitere Folgen sind darin für einen Verstoß nicht geregelt. Nachfolgend wird auf einige Aspekte hingewiesen, die mit dem Einführen einer Impfpflicht zu beachten sind.

1.1 Wechsel von 3G- auf 2G-Nachweis

Als Arbeitsort sind alle Orte der beruflichen Tätigkeit erfasst, sofern keine Ausnahmen nach den COVID-19-Vorschriften (wie für Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit oder "Home-Office")[1] gelten. Beim Betreten und Verweilen am Arbeitsort ist aktuell als sog Nachweis einer lediglich geringen epidemiologischen Gefahr grundsätzlich ein "3G-Nachweis" (Geimpft – Genesen – Getestet) zu erbringen, sofern ein physischer Kontakt zu anderen Personen (bei einer Durchschnittsbetrachtung)[2] nicht auszuschließen ist.[3]

Als Folge der Impfpflicht und einer damit indizierten epidemiologischen Erforderlichkeit könnte ein strengerer Nachweis in Form eines "2G-Nachweises" (Geimpft – Genesen) am Arbeitsort auferlegt werden. Ein Wechsel zu einer 2G-Nachweispflicht ist (örtlich) ausdifferenziert möglich und kann unter Bedachtnahme auf die jeweils vorherrschende epidemiologische Situation (aus verwaltungsrechtlicher Sicht) zügig jederzeit verordnet werden: Für eine bundesweite Änderung hat der Gesundheitsminister den geltenden § 11 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordung ("Ort der beruflichen Tätigkeit") auf Grundlage von § 3 COVID-19-Maßnahmengesetz[4] anzupassen. Ferner kann eine 2G-Nachweispflicht am Arbeitsort landesweit bzw bezirksweit vom Landeshauptmann oder von einer Bezirksverwaltungsbehörde verordnet werden. Dabei kommen zusätzlich regionale Differenzierungen in Betracht.[5] Schließlich können vom Arbeitgeber in begründeten Fällen (nach einer Arbeitsplatzevaluierung) über die geltende Verordnung des Gesundheitsministers hinaus strengere Nachweispflichten vorgesehen werden.[6]

Die geltenden gesundheitspolizeilichen Maßnahmen zur Verhinderung und Verbreitung von COVID-19 sehen mit Ausnahme vom Ort der beruflichen Tätigkeit den 2G-Nachweis als Regel vor. So ist bereits jetzt eine 2G-Nachweispflicht etwa für den Umgang mit vulnerablen Personengruppen (mobiles Pflegepersonal, Mitarbeiter in Alten- und Pflegeheimen) und für Kunden bzw Gäste beim Betreten von Geschäften ("Betriebsstätten")[7], vom Gastgewerbe, von Freizeit- und Kultureinrichtungen, von gewissen Beherbungsbetrieben oder gewissen Verkehrsmitteln sowie (eigentlich) auch für einen unbeschränkten Ausgang normiert.

1.2 Nachweispflicht für Arbeitnehmer und Folgen für Unternehmen

Für die Durchführung der Nachweispflicht gilt: Der (2G- bzw 3G-)Nachweis ist (vom Arbeitnehmer[8], Inhaber, Betreiber) stets mit sich zu führen, bereitzuhalten und auf Verlangen vorzuweisen. Stichprobenartige, wirksame[9] Kontrollen hat ua der Inhaber eines Arbeitsortes durchzuführen.[10] "Inhaber" ist der für den jeweiligen Arbeitsort Verantwortliche, der die Gestaltungsmöglichkeiten zur Einhaltung der Nachweiskontrollen hat.[11] Inhaber von Arbeitsorten mit mehr als 51 Arbeitnehmern haben in ihrem verpflichtenden COVID-19-Präventionskonzept auch Vorschriften zur Kontrolle von Nachweisen und zur Sicherstellung sonstiger Auflagen (zB Maskenpflicht, Mindestabstandsregeln) zu enthalten.[12] Den kontrollpflichtigen Inhabern von Arbeitsorten ist es untersagt, Nachweise und der in den Nachweisen enthaltenen personenbezogenen Daten zu vervielfältigen, aufzubewahren oder zu verarbeiten.[13] Anonymisierte Aufzeichnungen sollten diesen datenschutzrechtlichen Vorgaben genügen.

Verstöße gegen die Nachweispflicht (durch den Arbeitnehmer) und der damit zusammenhängenden Kontrollpflicht (durch den Inhaber des Arbeitsorts) stellen Verwaltungsübertretungen dar und sind mit bis zu € 500 bzw € 3.600 Geldstrafe sanktioniert.[14] Für die Kontrolle der Einhaltung der Nachweis- und ihrer Kontrollpflicht sind der Bezirksverwaltungsbehörde bzw deren Organen und über deren Ersuchen den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Bundespolizei) und Sachverständigen umfassende Befugnisse eingeräumt. Dazu zählen Überprüfungen vor Ort mit Einsichtnahme in Unterlagen, die mit der Einhaltung der Nachweispflicht in Zusammenhang stehen, Beweismittelsicherungen oder Auskunftsobliegenheiten des Inhabers einer Betriebsstätte. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben gelinde und damit verhältnismäßige Maßnahmen zu ergreifen, sind jedoch zu Organstrafverfügungen und Zwangsmitteln ermächtigt.[15]

Gerade für Unternehmen mit größerer Belegschaft können Verletzungen kostenintensiv werden. Aufgrund des Kumulationsprinzips ist es nicht auszuschließen, dass ein Inhaber des Arbeitsorts eine Verwaltungsübertretung und damit eine Geldstrafe pro rechtsbrüchigen Mitarbeiter zu verantworten hat und folglich Kontrollen durch die zuständigen Behörden zu einer weiter über € 3.600 übersteigenden (Gesamt-)Geldstrafe führen. Dagegen ist allerdings die Eigenart der bloß stichprobenartigen Kontrollen einzuwenden. Da keine strengen permanenten Einlasskontrollen gefordert sind, soll die zuständige Behörde Verstöße gegen die Einhaltung von Kontrollpflichten durch den Inhaber des Arbeitsorts mit einer Geldstrafe von bis zu € 3.600 pro Ort der beruflichen Tätigkeit ahnden. Auch die bisherige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu Verstößen gegen Auflagen zur Eindämmung von COVID-19 stützt die Annahme einer Strafe pro Ort.[16]

Die aktualisierten Richtlinien über die Gewährung der laufenden COFAG-Unterstützungsprogramme (insb Verlustersatz III, Ausfallsbonus III)[17] schließen einen erfolgreichen Antrag (ua) aus, sofern der Antragsteller im Betrachtungszeitraum mindestens zweimal wegen Verstöße gegen "Einlasskontrollen" rechtskräftig bestraft wurde. Die Kontrollpflichten des Inhabers eines Arbeitsorts (wie auch Kontrollpflichten im Handel) betreffen laut den rechtlichen Begründungen gerade keine Einlasskontrollen und sind damit ausgenommen.[18]

Eine Gewerbeberechtigung, die zur Ausübung aller unter die GewO fallenden Gewerbe erforderlich ist, ist von der zuständigen Behörde (befristet) zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.[19] Das Gewicht des Verstoßes ergibt sich ua aus der Bedeutung des verletzten Schutzinteresses.[20] Im Falle der Kontrollpflichten von 3G- bzw 2G-Nachweisen nach den COVID-19-Maßnahmen wiegt das (öffentliche) Schutzinteresse schwer, es liegt in der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und damit (ua) im Interesse des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer, der als grundlegende arbeitnehmerschutzrechtliche Pflicht für den Arbeitgeber festgelegt ist.[21] Das Schutzinteresse trifft in Hinblick auf kontrollpflichtige Inhaber von Arbeitsorten grundsätzlich bei allen Arten des Gewerbes gleichermaßen zu. Das evidente öffentliche Schutzinteresse wird auch den hoch angesetzten Strafrahmen in § 8 COVID-19-MG bestätigt. Ein schwerwiegender Verstoß iSd GewO ist bei einem einmaligen Verstoß gegen Kontrollpflichten nur bei sehr hohem Unrechtsgehalt bzw bei einer sehr hohen Geldstrafe in Extremfällen anzunehmen. Im Übrigen kommt eine Entziehung der Gewerbeberechtigung insb bei wiederholten Verwaltungsübertretungen in Frage. Weiters gilt es zu beachten: Hat der gewerberechtliche Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer die schwerwiegenden Verstöße zu verantworten, hat die Gewerbebehörde seine Bestellung zu widerrufen.[22]

Eine Infektion am Arbeitsort bei mangelhafter Kontrolle der Nachweispflicht kann zu Regressansprüchen seitens der AUVA gegen den verantwortlichen Inhaber des Arbeitsortes aus den Behandlungskosten führen.[23]

1.3 Arbeitsrechtliche Aspekte

Die Einführung eines 2G-Nachweises am Arbeitsort kommt grundsätzlich einem Beschäftigungsverbot für Ungeimpfte gleich und könnte allenfalls als Entlassungsgrund für (dauerhaft) Ungeimpfte angesehen werden. Bereits aus verfassungsrechtlichen Erwägungen (Erwerbsfreiheit) ist auf eine ausdifferenzierte, verhältnismäßige Regelung (Ansteckungsgefahr nach Tätigkeitsprofil, Übergangsbestimmungen, etc) zu achten. Aktuell ist ein (bundes-)politischer Wille zur Umsetzung einer 2G-Nachweispflicht am Arbeitsplatz nicht ersichtlich, weil das Beschäftigungsverbot Ungeimpfter einer Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen wäre, die (auch) den Entzug von Sozialleistungen (Arbeitslosengeld, Mindestsicherung) zur Folge hätte.[24]

Ein Verstoß gegen die Nachweispflicht muss vom Arbeitgeber aufgrund seiner Kontrollobliegenheiten nach den gesundheitspolitischen COVID-19-Maßnahmen und seiner Fürsorgepflicht[25], die Gesundheit sämtlicher Arbeitnehmer zu schützen, berücksichtigt werden. Folgendes kommt gegenüber dem ungehorsamen Arbeitnehmer in Betracht:

  • eine Versetzung an einen Arbeitsort ohne physischen Kontakt,
  • eine Home-Office-Vereinbarung,
  • ein Betretungsverbot und Verlust des Entgeltsanspruchs,
  • eine Beendigung des Dienstverhältnisses (Kündigungsgrund bei Kündigungsanfechtung, Entlassung wegen beharrlicher Pflichtverletzung)[26]

 

[1]     Vgl § 11 Abs 4, § 21 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordung (6. COVID-19-SchuMaV).
[2]     Rechtliche Begründung zur 3. COVID-19-Maßnahmenverordnung 5.
[3]     § 1 Abs 5 Z 5 COVID-19-MG iVm § 11 Abs 2 6. COVID-19-SchuMaV.
[4]     Siehe auch § 1 Abs 5, Abs 5a, § 7 COVID-19-MG.
[5]     § 7 COVID-19-MG.
[6]     § 11 Abs 7 6. COVID-19-SchuMaV; Wirtschaftskammer Österreich, Stellungnahme vom 23.12.2021 zum Begutachtungsentwurf des COVID-19-IG (SpG 94-19/2021/CZ/KP) 3; eingehend Obrecht, Was in Corona-Zeiten im Arbeitsverhältnis angeordnet werden darf, RdW 2021, 709.
[7]     Davon sind Betriebsstätten zur Deckung notwendiger Grundbedürfnisse des täglichen Lebens ausgenommen.
[8]     Seuchenrechtlich autonomer Begriff, der alle arbeitsrechtlichen Rechtsverhältnisse (Arbeitsvertrag, Werkvertrag, [freier] Dienstvertrag, etc) erfasst; Rechtliche Begründungen zur 2. Novelle zur 3. COVID-19-Maßnahmenverordnung 7 f.
[9]     Keine systematischen Einlasskontrollen erforderlich, zusätzlich sind Hinweise oder sonstige Belehrungen sinnvoll, Rechtliche Begründung zur 3. COVID-19-Maßnahmenverordnung 5 f.
[10]    § 1 Abs 5d COVID-19-MG.
[11]    AB 813 BlgNR 27. GP 2.
[12]    § 11 Abs 6 6. COVID-19-SchuMaV.
[13]    § 1 Abs 5d COVID-19-MG.
[14]    § 8 COVID-19-MG.
[15]    §§ 9, 10 COVID-19-MG; § 23 6. COVID-19-SchuMaV.
[16]    ZB LVwG Tirol LVwG-2021/37/1901-7 (02.11.2021); LVwG Kärnten KLVwG-503-504/4/2021 (24.06.2021); LVwG Tirol LVwG-2021/14/0562-9 (21.06.2021).
[17]    BGBl II 2021/582, BGBl II 2021/583.
[18]    Vgl Rechtliche Begründung zur 3. COVID-19-Maßnahmenverordnung 5 f.
[19]    § 87 Abs 1 Z 3 GewO; vgl auch LVwG Tirol LVwG-2021/25/1843-1.
[20]    RV 635 BlgNR 18. GP.
[21]    § 3 ASchG.
[22]    § 91 Abs 1 GewO; beachte ferner für Gewerbetreibende als juristische Person § 91 Abs 2 GewO.
[23]    Zischka, Antworten auf die 11 wichtigsten Fragen zu 3-G am Arbeitsplatz, PVP 2021, 291 (294).
[24]    https://orf.at/stories/3243564/ (13.01.2022).
[25]    § 1157 ABGB; § 3 Abs 1 ASchG.
[26]    Obrecht, RdW 2021, 709 (714 f); vgl OGH 14.09.2021, 8 ObA 42/21s; OGH 14.09.2021, 8 ObA 54/21f.

Die Kontrollpflicht vom 2G-Nachweis durch den Betreiber der Betriebsstätte stellt im Handel ("Kundenbereich von Betriebsstätten") eine bloß stichprobenartige Einlasskontrolle dar.[1] Sie ist damit eine Ausnahme von sonstigen 2G-Nachweispflichten nach der 6. COVID-19-SchuMaV, die stets beim Einlass durchgehend zu kontrollieren sind. Im Handel lebensnotwendiger Geschäfte gilt jedoch die 2G-Kontrollpflicht nicht, die allgemeine Maskenpflicht im Kundenbereich ist aufrecht.[2]

Der Betreiber hat dafür zu sorgen, dass auf die 2G-Pflicht im Eingangsbereich durch entsprechende Aushänge hingewiesen wird und spätestens an der Kassa ein 2G-Nachweis des Kunden etwa durch Vorlage des Grünen Passes kontrolliert wird. Die Übertragung dieser Kontrollpflichten an das Kassapersonal ist durch die neu geschaffene Grundlage in § 6 Abs 1a 6. COVID-19-SchuMaV gedeckt, sofern der Betreiber vorab sein Personal über diese Kontrollpflichten ausreichend aufklärt. Jedenfalls haftet der Betreiber für Verstöße gegen seine Kontrollpflichten, die spätestens beim Erwerb der Ware oder Dienstleistung (von seinem Personal) zu erfüllen sind.[3]

 

[1]     § 6 6. COVID-19-SchuMaV; Rechtliche Begründung zur 6. Novelle zur 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung 4.
[2]     § 6 Abs 4 6. COVID-19-SchuMaV.
[3]     Vgl § 8 Abs 4 COVID-19-MG.

Ungeimpften drohen Hindernisse bzw höhere Prämien beim Abschluss neuer Versicherungsverträge. Unabhängig von der Einführung einer Impfpflicht führt der ungeimpften Status des Versicherten zu einer Risikoerhöhung, der Versicherer könnte sich unabhängig vom Eintritt eines Versicherungsfalls vom Vertrag lösen.[1]

 

[1]     Siehe Perner, Impfverweigerung nimmt Versicherungsschutz, Die Presse 2021/48/06 (29.11.2021).

Günther
Leissler

Partner

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