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Wenn in der Krise Bankkredite für Immobilienprojekte knapp werden, sind alternative Finanzierungsformen wie Mezzaninkapital gefragt
Während die realwirtschaftliche Bau- und Immobilienbranche von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in vielen Asset-Klassen unbetroffen zu sein scheint, stehen Entwickler und Investoren auf Finanzierungsseite vermehrt vor Liquiditätsengpässen. Dazu tragen auch die erhöhte Eigenmittelanforderungen klassischer Banken bei.
Wenn die Hausbank diese Finanzierungslücken nicht mehr schließen kann, können alternative Finanzierungsformen einspringen. Dazu gehört auch Mezzaninkapital, dessen Einsatz in Österreich im Vergleich zu größeren Märkten wie Deutschland noch relativ wenig etabliert ist.
Warum Banken zum Teil aktuell Probleme bei der Kreditgewährung haben, kann anhand des Beleihungswerts (Loan-to-Value-Verhältnis) einer Immobilie erklärt werden. Diese zentrale Kreditkennzahl drückt den maximal finanzierbaren Kreditbetrag im Verhältnis zum Wert eines Immobilienobjekts aus. Sinkt der für Banken mögliche Beleihungswert aufgrund geänderter Risikoeinschätzungen in einer Krise von 70 auf 50 Prozent des Werts der Immobilie, ergibt sich daraus auch eine Reduzierung des maximalen Kreditbetrags.
Dasselbe gilt, wenn der maximale Beleihungswert der Bank für ein Projekt zwar unverändert bleibt, sich der maximale Kreditbetrag jedoch aufgrund gesunkener Objektbewertungen dennoch reduziert.
Stark unter der Pandemie leidende Immobiliensektoren wie Hotels, der Einzelhandel, Shoppingcenter oder Büroflächen sind davon besonders betroffen. Zum einen sehen Banken in diesen Bereichen vermehrt ein erhöhtes Kreditrisiko, wodurch sich der maximale Beleihungswert reduziert. Zum anderen sinken die Bewertungen der Immobilien selbst.
Der Effekt verdoppelt sich und wirkt sich damit stark negativ auf die maximale Kredithöhe aus. Möchten oder können Eigentümer die Lücke nicht durch teures Eigenkapital schließen, braucht es alternative Finanzierungsformen.
Mezzaninkapitalgeber schaffen in solchen Fällen Abhilfe. Diese können bewusst höhere Kreditrisiken eingehen und sind als Nichtkreditinstitute anderen regulatorischen Anforderungen ausgesetzt. Mezzaninkapital ist somit vielfach agiler und flexibler als der klassische Bankkredit. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld haben zudem institutionelle Investoren einen erhöhten Veranlagungsdruck zu renditebringenden Investitionsmöglichkeiten.
Wirtschaftlich steht Mezzaninkapital zwischen dem klassischen, hypothekarisch besicherten Bankkredit und dem Eigenkapital.
Der Vorteil für Kreditnehmer liegt bei dieser Finanzierungsart in einer deutlichen Steigerung des Fremdkapitalpotenzials (daher in einem hohen Beleihungswert, zusammen mit dem Bankkredit) für ein Objekt, der hohen Flexibilität in der Ausgestaltung (z. B. keine Tilgung, kein oder nur ein sehr niedriger laufender Zinsdienst) und vor allem darin, dass im Unterschied zu Eigenkapitalmaßnahmen Mezzaninkapitalgeber nicht zu Miteigentümern einer Objektgesellschaft werden und diesen keine Eigentümerrechte zukommen. Im Gegenzug erhalten Mezzaninkreditgeber deutlich höhere Renditen in Form von Zinsen und abhängig von der Ausgestaltung, Partizipation am Gewinn, zum Beispiel im Zuge der Veräußerung der finanzierten Immobilie. Der Unterschied zum klassischen Bankkredit besteht in der schlechteren (da gegenüber der Bank nachrangigen) Besicherung und der eingeschränkten Möglichkeit zur Sicherheitenverwertung.
Das Mezzaninkapital ist schuldrechtlich oder strukturell nachrangig gegenüber dem Bankkredit und dinglich zumeist nur im zweiten Rang (nach dem Bankkredit) besichert. Zudem sind die Rechte des Mezzaninkapitalgebers gegenüber der kreditfinanzierenden Bank im Rahmen einer Intergläubigervereinbarung vertraglich eingeschränkt. Die konkrete Ausgestaltung unterliegt dem Parteiwillen.
Die hohe Flexibilität von Mezzaninkapital und der fehlende etablierte MarkStandard birgt jedoch auch hohe Unsicherheitsfaktoren. Die wirtschaftlichen Parameter, nämlich die Art der Verzinsung des Mezzaninkapitals (fix, variabel, mit oder ohne Gewinnbeteiligung), sind nicht wie im klassischen Kreditgeschäft vorgegeben, sondern Teil der Verhandlung.
Auch die Art der Mezzaninkapitalgeber ist unterschiedlich und nicht mit der Standardisierung von Banken zu vergleichen. Mezzaninkapitalgeber ist nicht gleich Mezzaninkapitalgeber. Institutionelle Investoren stellen andere Anforderungen an Mezzanindarlehen als Family-Offices, Crowd-Funding-Plattformen, Versorgungswerke oder Versicherungen.
Auch muss das Mezzaninkapital zum parallel zu verhandelnden klassischen Bankkredit passen – sowohl wirtschaftlich aus auch rechtlich, insbesondere was die Besicherung der beiden Fremdkapitaltranchen und die Ausgestaltung der Intergläubigerregelungen betrifft.
Mezzaninkapital kann besonders in Krisenzeiten helfen, Finanzierungslücken zu schließen und Eigenkapitalkosten eines Projekts zu senken. Die noch fehlende Standardisierung und die hohe Flexibilität birgt jedoch auch Risiken. Fachkundige Beratung bei der Auswahl des Partners und der Abstimmung der finanzierenden Bank mit dem Mezzaninkapitalgeber ist ratsam. (Laurenz Schwitzer, 15.4.2021)
author: Laurenz Schwitzer
This article was first published on DerStandard, 15.04.2021
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