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Digitale Kunstwerke in Form von Non-Fungible Tokens (NFTs) erzielen bei Auktionen Millionenpreise. Für Sammler stellt sich daher die Frage, ob sie die Werke versichern können
Jüngste Versteigerungen in Millionenhöhe beweisen, dass Non-Fungible Tokens (NFTs) eine neue Anlageklasse sind, die einen ganz erheblichen Wert haben kann und, wie jede andere Anlageklasse, geschützt werden muss. Aber lassen sich NFTs auch versichern?
Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst untersucht werden, was unter dem Begriff "Versicherung" zu verstehen ist. Nach der Rechtsprechung erfordert ein Versicherungsvertrag ein Risiko, eine Übertragung dieses Risikos auf ein Versicherungsunternehmen und ein Entgelt, sprich eine Prämie.
Für die Frage, ob NFTs versicherbar sind, ist das Element des Risikos wesentlich. Ein Versicherungsvertrag soll den Versicherungsnehmer gegen die Folgen der Verwirklichung eines Risikos schützen. Mit anderen Worten: Ohne ein Risiko gibt es keine Versicherung.
Wo aber liegen die Risiken bei NFTs? NFTs sind einmalige digitale Vermögenswerte. Wie bei Kryptowährungen werden NFTs in einer Blockchain gespeichert. Ihr Besitz ist dabei an sogenannte "Private Keys" geknüpft, die in einer "Wallet", also einer digitalen Brieftasche, gespeichert werden. Wer den Private Key hat, ist Eigentümer des NFTs und des zugrunde liegenden Assets. Geht der Private Key verloren, ist auch der Zugriff auf dieses Asset unwiederbringlich dahin: "Not your private keys, not your NFTs".
Darin liegt eines der Hauptrisiken von NFTs. Wenn man den Zugriff auf die Wallet verliert, kann das NFT aus der Wallet verlorengehen. Erst kürzlich erklärten Nutzer des NFT-Marktplatzes "Nifty Gateway", ihre gesamte NFT-Sammlung sei gestohlen worden.
Ein weiteres Risiko bei NFTs besteht darin, dass sie in der Regel einen Link zum Speicherort des Assets enthalten. Wenn diese Verbindung unterbrochen wird oder das Unternehmen, das den Vermögenswert speichert, seine Geschäftstätigkeit einstellt, könnte der Besitzer der NFTs mit Links zu Vermögenswerten oder Dateien zurückbleiben, die nicht mehr existieren.
Ähnliche Risiken ergeben sich, wenn ein digitaler Marktplatz, ein Anbieter von digitalen Wallets oder eine Serverfarm, die an NFT-Transaktionen beteiligt sind, ihre Dienste einstellen oder unterbrechen, wodurch die digitalen Dateien beschädigt werden könnten. Zu weiteren Risiken im Zusammenhang mit NFTs gehört die Frage, ob der Verkäufer über die erforderlichen Rechte am geistigen Eigentum an dem digitalen Vermögenswert verfügt.
Die Antwort auf die Frage, ob NFTs versicherbare Risiken mit sich bringen, lautet daher eindeutig Ja.
Um sich gegen diese Risiken zu schützen, sind folgende NFT-Deckungsvarianten denkbar: "Crime Coverage" und Deckung gegen Verlust oder Beschädigung.
Eine "Crime Coverage" könnte für Diebstahl oder Betrug im Zusammenhang mit Hackerangriffen gewährt werden und ähnlich wie Cybercrime-Versicherungen strukturiert sein, die einige österreichische Versicherungsunternehmen anbieten.
Die Deckung gegen Verlust oder Beschädigung könnte unterbrochene Verbindungen, Softwarefehler oder finanzielle Probleme der verschiedenen an NFT-Transaktionen beteiligten Stellen decken, soweit es dadurch zu einer Beschädigung oder einem Verlust von NFTs kommt.
Ein Element der Versicherung stellt jedoch eine weitere Anforderung: die Kalkulation nach dem Gesetz der großen Zahl. Je mehr versicherte Personen, Güter und Sachwerte von demselben Risiko bedroht sind, desto geringer ist der Einfluss des Zufalls. Das Ziel ist ein Risikoausgleich im Kollektiv, was die Kalkulierbarkeit des Risikos voraussetzt.
Da der NFT-Markt noch in den Kinderschuhen steckt, ist diese Anforderung schwer zu erfüllen. Zudem ist der Markt volatil, was ein weiteres Problem darstellt: Bei einer regulären Kunstversicherung sind der Verkaufswert oder der Kaufpreis Kriterien zur Bewertung des Werks. Bei NFTs und Kryptowährungen schwankt dieser Wert erheblich, was zu einem Bewertungsproblem führen kann.
Fazit: NFTs sind nach österreichischem Versicherungsrecht versicherbar. Digitale Vermögenswerte im Allgemeinen und NFTs im Besonderen werfen jedoch eine Reihe von versicherungsrelevanten Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf ihre Bewertung, weshalb es bisher noch keine Versicherungsprodukte explizit für NFTs gibt. Aufgrund des großen Marktpotenzials von NFTs ist es wohl auch nur eine Frage der Zeit, bis erste Versicherungsunternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen und Versicherungsschutz für NFTs anbieten. (Peter Konwitschka, Daniel Höhnl, 25.11.2021)
Article was first published in Der Standard on 25.11.2021
authors: Peter Konwitschka and Daniel Höhnl
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