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06 May 2025
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Österreich: Novelle des Grunderwerbsteuergesetzes – Auswirkungen auf Immobilientransaktionen

Am 02.05.2025 wurde ein Ministerialentwurf, der (ua) eine Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) mit Auswirkungen auf den Share Deal vorsieht, in Begutachtung gesendet. Die Begutachtungsfrist endet am 09.05.2025, das Inkrafttreten der Novelle ist für den 01.07.2025 geplant.

Umfang und Zweck der Gesetzesänderung

Die geplante Novelle des GrEStG umfasst insbesondere eine Änderung der relevanten Bezugsgröße bei Gesellschafterwechsel (§ 1 Abs 3 Z 1 GrEStG) bzw bei der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs 3 Z 2 GrEStG), der Bemessungsgrundlage für bestimmte Vorgänge und führt darüber hinaus die neue Kategorie der "Immobiliengesellschaft" ein. Weiters ist eine Börsenklausel vorgesehen, die eine Ausnahme für Anteile an Gesellschaften vorsieht, die an einer in- oder ausländischen Börse gehandelt werden.

Ziel der Regelung soll ein Lückenschluss im Grunderwerbsteuerrecht sein, der den Share Deal effektiver steuerlich erfasst.

Regelungsinhalt

Folgende Regelungsinhalte sollen mit 01.07.2025 in Kraft treten:

  • Senkung der Beteiligungsschwelle für den Gesellschafterwechsel und die Anteilsvereinigung auf 75% statt bisher 95% (§ 1 Abs 3 GrEStG);
  • Erweiterung des Anwendungsbereichs auch auf mittelbare Anteilsverschiebungen (§ 1 Abs 3 GrEStG);
  • Zusätzliche Aufnahme einer Börsenklausel als Ausnahme für börsennotierte Anteile (§ 1 Abs 3 Z 4 GrEStG);
  • Schaffung der Kategorie der "Immobiliengesellschaft" zur Erfassung von Transaktionen, in denen die Übertragung einer Immobilie im Vordergrund steht (§ 4 Abs 4 GrEStG) und Erhöhung des Steuersatzes für solche Transaktionen.

Gesellschafterwechsel / Anteilsvereinigung /Mittelbarkeit

Bisher umfasste § 1 Abs 3 GrEStG lediglich den unmittelbaren Gesellschafterwechsel bzw die unmittelbare Anteilsvereinigung. Die relevante Schwelle für die Anwendbarkeit des Tatbestands war 95%.

Mit der Novelle soll die Schwelle nunmehr auf 75% für den unmittelbaren Gesellschafterwechsel und die unmittelbare und mittelbare Anteilsvereinigung gesenkt werden. 

Der für Änderungen des Gesellschafterbestandes maßgebliche Zeitraum wurde nunmehr auf sieben statt fünf Jahre verlängert.

Darüber hinaus ist beachtlich, dass auch mittelbare Anteilsvereinigungen umfasst werden sollen – das bedeutet, dass jede mittelbare Übertragung bis zu den Gesellschaftern für die Beurteilung eines Anfalls von Grunderwerbsteuer relevant sein soll. 

Für die Ermittlung der Beteiligungsschwelle soll eine Multiplikation der prozentuellen Beteiligungen auf jeder Ebene erfolgen (§ 1 Abs 3 Z 3 GrEStG).

Für die Zusammenrechnung der Anteile ist relevant, ob eine Person oder Personenvereinigung vorliegt. § 1 Abs 3 Z 7 GrEStG definiert die Personenvereinigung so, dass darunter sämtliche Personen- und Kapitalgesellschaften zu verstehen sind, die zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind oder unter dem unmittelbaren oder mittelbaren beherrschenden Einfluss einer Person stehen; natürliche Personen, die die einheitliche Leitung oder den beherrschenden Einfluss ausüben sind Teil dieser so definierten Personenvereinigung.

Börsenklausel

Änderungen des Gesellschafterbestandes von börsennotierten Gesellschaften sind von der Steuerpflicht ausgenommen. Eine Verständigungspflicht durch die FMA an das Finanzamt ist dann vorgesehene, wenn mehr als 75% der Anteile an einer börsennotierten Gesellschaft veräußert oder erworben wurden (§ 16 Abs 2 GrEStG).

Immobiliengesellschaft

Die Einführung des Begriffs der "Immobiliengesellschaft" (§ 4 Abs 4 GrEStG) soll gemäß Erläuterungen dazu führen, dass bei Share Deals, bei denen die Übertragung einer oder mehrerer Immobilien im Vordergrund steht, eine zum Asset Deal vergleichbare Steuerbelastung entsteht.

Eine Immobiliengesellschaft liegt dann vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft überwiegend aus Grundstücken besteht, die nicht für eigene gewerbliche Zwecke genutzt werden. Ausdrücklich aus der Definition von gewerblichen Zwecken ausgenommen sind die Veräußerung, Vermietung und Verwaltung von Grundstücken. Alternativvoraussetzung ist, dass die Einkünfte der Gesellschaft überwiegend durch die Veräußerung, Vermietung oder Verwaltung erzielt werden.

Bei Vorliegen einer solchen Immobiliengesellschaft wird die Grunderwerbsteuer sodann nicht vom Grundstückswert, sondern vom gemeinen Wert (=Verkehrswert) berechnet. Der Steuersatz beträgt sodann 3,5%.

Ausgenommen sind Vorgänge nach dem UmgrStG, bei denen die Gesellschafter vor und nach Durchführung der Maßnahme dem Personenkreis gemäß § 26a Abs 1 Z 1 GGG entsprechen; dies wäre zB dann der Fall, wenn es sich um Ehegatten handelt. In diesen Fällen beträgt der Steuersatz 0,5% und ist vom Grundstückswert zu berechnen.

Anwendung auf Übertragung bereits gehaltener Anteile

Die Bestimmung über das Inkrafttreten enthält noch eine Überraschung: "Werden am 30. Juni 2025 mindestens 75% der Anteile am Gesellschaftsvermögen oder an der Gesellschaft in der Hand einer Person gehalten, ist § 1 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2025 auch auf Rechtsvorgänge anzuwenden, sofern dadurch das Beteiligungsausmaß verändert wird, aber nicht unter 75% sinkt und bezogen auf diese Anteile nicht bereits ein Tatbestand des § 1 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2025 erfüllt wurde."

Die Erläuterungen sagen dazu: "Hinsichtlich der Steuertatbestände des Gesellschafterwechsels und der Anteilsvereinigung sollen diese auch verwirklicht werden, wenn es zu einer Verschiebung von Anteilen kommt, solange diese nicht unter die maßgeblichen Beteiligungsschwellen sinken."

Werden demnach nach unserem Verständnis am 30.06.2025 bereits zumindest 75% der Anteile in der Hand einer Person gehalten, ist § 1 Abs 3 GrEStG (also sowohl Änderung des Gesellschafterbestandes als auch Anteilsvereinigung) auch dann anzuwenden, wenn es ab dem 01.07.2025 zu einer Verschiebung der Anteile kommt und die Beteiligungsschwelle von 75% nicht unterschritten wird.  (Beispiel: A hält 80% einer Gesellschaft und veräußert 4% der Anteile an B => Steuerpflicht des A gemäß § 1 Abs 3 GrEStG).

Ausblick

Der Gesetzesentwurf befindet sich derzeit in Begutachtung, wobei die Begutachtungsfrist bis 09.05.2025 läuft.

Sofern die Änderungen im Nationalrat beschlossen werden, ist beabsichtigt, dass diese mit 01.07.2025 in Kraft treten. 

Sollten derzeit Transaktionen über Immobiliengesellschaften im Laufen sein, die als Share Deal strukturiert sind, können diese bis 30.06.2025 noch im alten Regime abgeschlossen werden und daher von den derzeitigen günstigeren Regeln profitieren. 

Für Share Deals, die ab dem 01.07.2025 erfolgen sollen, ist dann im Detail zu prüfen, inwieweit eine Strukturierung als Share Deal weiterhin Vorteile gegenüber dem Asset Deal hat. Dabei ist auch zu beachten, dass für die Bemessung der Grunderwerbsteuer im Share Deal über Immobiliengesellschaften künftig weitere Schritte, wie beispielsweise Gutachten zur Ermittlung des gemeinen Wertes, erforderlich sein könnten.

Autoren: Michael Lagler, Markus Buchleitner

Michael
Lagler

Partner

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co-authors