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29 October 2018
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Österreich: Ab 2019 vereinfachter Kapitalmarktzugang für KMU, Wachstumsunternehmen und Startups durch Öffnung des Dritten Markts

Am 25.10.2018 hat der Nationalrat die seit langem erwartete Änderung des Aktiengesetzes beschlossen, die den Zugang von österreichischen Gesellschaften, insbesondere von KMU, Wachstumsunternehmen und Startups, zum Kapitalmarkt erleichtern soll.

Ab 2019 werden auch nicht börsennotierte Gesellschaften Inhaberaktien ausgeben und ihre Aktien am Dritten Markt der Wiener Börse, der Handelsplattform mit den geringsten Zulassungsanforderungen, listen können. 

Bis dato scheiterte dies an dem Umstand, dass die Ausgabe von Inhaberaktien bislang nur Unternehmen offenstand, die an einem EU geregelten Markt (in Österreich: der Amtliche Handel der Wiener Böse) gelistet sind. Der Dritte Markt ist kein solcher EU-geregelter Markt.

Die neuen Regelungen sollen mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten.

Die Wiener Börse bietet aus diesem Anlass ab 21.01.2019 zwei attraktive, kostengünstige neue Marktsegmente, "direct market plus" und "direct market" an, die künftig das bestehende Segment "mid-market" ablösen. Damit werden Aktien von KMU, Wachstumsunternehmen und Startups an der Wiener Börse über das Handelssystem Xetra® T7 handelbar und Investoren können diese unkompliziert kaufen und verkaufen. 

Die Erleichterungen ab 2019 im Überblick

  • Ausgabe von Inhaberaktien auch für Gesellschaften, deren Aktien mit deren Wissen über ein multilaterales Handelssystem (MTF) im Sinne des WAG 2018 gehandelt werden; damit ist eine Zulassung zum Dritten Markt der Wiener Börse möglich
     
  • Zwei neue Marktsegmente der Wiener Börse versprechen schnelleren, kostengünstigeren und einfacheren Kapitalmarkteinstieg

Wesentliche Anforderungen für ein Listing im Wiener Börse Segment "direct market"

  • Rechtsform: Unternehmen muss eine Aktiengesellschaft sein (insbesondere Startups, die typischerweise als GmbH gegründet werden, werden daher vor Listing eine Umwandlung von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft durchführen müssen)
     
  • Cap Table: es ist eine "ausreichende Anzahl an verschiedenen Aktionären" erforderlich, d.h. die Aktionärsstruktur muss im niedrigen zweistelligen Bereich liegen
     
  • Es ist keine Mindestbestandsdauer des Unternehmens nötig (auch neugegründeten Startups steht ein Listing offen)
     
  • Es gibt keine 
     
    • Mindestgröße (Umsatz, Bilanzsumme)
    • Mindestanforderung an Marktkapitalisierung
    • Mindestanforderung an Platzierungsvolumen 
    • Pflicht zur Veröffentlichung von Jahresabschluss, Zwischenabschluss und Unternehmenskalender 
    • Pflicht zur Bestellung eines Capital Market Coaches im ersten Jahr zur rechtlichen Begleitung bei den Zulassungsfolgepflichten
       
  • Attraktive Gebührenstruktur für Einbeziehung: Einmalig EUR 5.000, danach jährlich EUR 1.000
     
  • Antragstellung durch Emittenten, Börsenmitglied, Kreditinstitut, Wertpapierfirma oder Rechtsanwalt möglich

Wesentliche Anforderungen für ein Listing im Wiener Börse Segment "direct market plus"

Einem "plus" an Vermarktung durch die Wiener Börse stehen in diesem Segment erhöhte Transparenzanforderungen gegenüber. Mit folgenden zusätzlichen Voraussetzungen gelten dieselben Anforderungen wie für eine Notierung im Segment "direct market":

  • Mindestbestandsdauer des Unternehmens von einem Jahr nötig
     
  • Veröffentlichungspflicht für Jahresabschluss, Zwischenabschluss und Unternehmenskalender nötig
     
  • Verpflichtende Bestellung eines Capital Market Coaches zur Betreuung für mindestens einem Jahr ab Beginn des Listings, insbesondere bei der Erfüllung der Zulassungsfolgepflichten nötig

Achtung

Interessierte Emittenten sollten beachten, dass aufgrund europäischer Vorgaben die Ad Hoc Publizitätspflichten, Führung von Insiderlisten und Veröffentlichung von Manager Transaktion nach der EU Marktmissbrauchsverordnung (MAR) auch bei Notierung im Dritten Markt gelten. Eine sorgfältige Vorbereitung aus rechtlicher Sicht ist vor allem angesichts der empfindlichen Sanktionen im Fall eines Verstoßes dringend zu empfehlen.

Zusätzlich haben interessierte Emittenten geltende Kapitalmarktvorschriften zu beachten: wird im Rahmen eines Listings am Dritten Markt (oder davor oder danach) ein öffentliches Angebot zum Erwerb von Aktien gelegt (z.B. zum Zweck der Finanzierung des Startups) ist zu prüfen, ob z.B. ein Kapitalmarktprospekt oder ein vereinfachter Prospekt notwendig ist. Das Listing am Dritten Markt befreit daher nicht von diesen Vorschriften. Ist aus rechtlicher Sicht kein Prospekt erforderlich, reicht ein Informationsmemorandum für ein Listing am Dritten Markt.

Ausblick

Der vereinfachte Kapitalmarktzugang durch Öffnung des Dritten Markts auch für österreichische Unternehmen ab 2019 ist ein positives Signal für die Wirtschaft und im Sinn der europäischen Kapitalmarktunion, den Kapitalmarkt für KMU zu öffnen, zu begrüßen. Gleichzeitig muss den Emittenten auch bewusst sein, dass mit einem Listing auch laufende Verpflichtungen verbunden sind. Interessierte Emittenten sollten daher Pros und Contras abwägen; gerne unterstützen wir Sie dabei.

Ursula
Rath

Partner

austria vienna

co-authors