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21 June 2021
Schoenherr publication
austria

to the point: Gesellschafts- und Unternehmensrecht | Q2 2021

In unserem "to the point" beleuchten unsere Experten für Sie jedes Quartal die aktuelle österreichische Rechtsprechung im Gesellschafts- und Unternehmensrecht.

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In Kürze: 

OGH zu Entsendungsrechten in den Aufsichtsrat: Die – in Verletzung eines omnilateralen Syndikatsvertrags – erfolgte Abberufung eines vom Mitgesellschafter entsendeten Aufsichtsratsmitglieds durch Mehrheitsbeschluss kann treuwidrig und damit anfechtbar sein.

OGH zur Wirkung von nichtigen Beschlüssen auf Folgebeschlüsse: Die Nichtigkeit eines ersten Beschlusses hat auch die Nichtigkeit des zweiten zur Folge, wenn zwischen den beiden Beschlüssen ein Zusammenhang besteht.

OGH zur Kündigungskompetenz der Geschäftsführer in der GmbH & Co KG: Aufgrund der Annexkompetenz fällt die Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG ebenso in die Kompetenz der Gesellschafter der Komplementär-GmbH wie die Kündigung eines unmittelbar zur GmbH bestehenden Geschäftsführervertrags.

OGH zur Haftung des Abschlussprüfers: Die Redepflicht des Abschlussprüfers gemäß § 273 UGB besteht bei schwerwiegenden Verstößen der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung. Keine Rechtswidrigkeit der Unterlassung der Redepflicht besteht, wenn eine Frage strittig ist und der Abschlussprüfer eine objektiv vernünftige Rechtsmeinung vertritt, wobei nicht alles schon deshalb vertretbar ist, weil es einmal in der Literatur vertreten wurde.

OGH zur Qualifikation des Verrechnungskontos bei der KG: Die Verbuchung von Verlusten auf einem Konto zusammen mit der Verbuchung von entnahmefähigen und nicht entnahmefähigen Gewinnen führt zu einer eigenkapitalbezogenen "Infizierung" des gesamten Kontos. Damit entsteht auch bei einem positiven Saldo kein unmittelbares Forderungsrecht, sondern gelten die Entnahmebeschränkungen des § 122 UGB.

Drei Entscheidungen zum Stiftungsrecht: (1) Die rechtliche Qualifikation von Zuwendungen von Privatstiftungen an Begünstigte (Erfordernis einer notariell zu beurkundenden Schenkung) bleibt offen. (2) Die Befugnisse eines gesetzlich nicht vorgesehenen satzungsautonom geschaffenen Stiftungsorgans richten sich ausschließlich nach der Satzung. (3) Die Auslegung einer Stiftungsurkunde erfolgt objektiv (normativ); dies umfasst auch die Frage der Begünstigtenstellung.

OGH in weiteren Entscheidungen:

  • Die sehr detaillierten Fristenregelungen zur Aufstellung des Jahresabschlusses und der Offenlegung gemäß COVID-19-GesG lassen eine analoge Anwendung darüber hinaus nicht zu.
  • Der OGH scheint das Mitgliedschaftsrecht jedes einzelnen Gesellschafters zumindest teilweise dem deliktsrechtlichen Schutz zu unterstellen.
  • Bei der Anmeldung einer GmbH-Gesellschafteränderung ist der Notariatsakt grundsätzlich nicht vorzulegen. Ob Bedenken gegen die Richtigkeit des Eintragungsgesuchs bestehen, ist eine Frage des Einzelfalls.
  • Die Formpflicht nach § 76 Abs 2 GmbHG betrifft Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft. Einer allfälligen nachträglichen Heilung kommt keine "rückwirkende" Wirkung zu.
  • Neben einer Liquidationseröffnungsbilanz ist zusätzlich ein Jahresabschluss für das Rumpfgeschäftsjahr der Gesellschaft zum Stichtag der Auflösung zu erstellen.
  • Der bloße Zusatz "in Liquidation" zum Firmenwortlaut begründet nicht den Entfall der Pflicht zur Jahresabschlussaufstellung, denn der Zusatz schließt für sich genommen eine (vorübergehende) Fortführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit keineswegs aus.
  • Beschränkungen des Innenverhältnisses schlagen grundsätzlich nicht auf das Außenverhältnis durch. Das gilt nicht für Geschäfte, bei denen dem Dritten der Vollmachtmissbrauch bekannt war und dieser wusste, dass der Geschäftsführer durch Abschluss des Geschäftes eine interne Pflicht verletzt.

Hier zum Download des to the point: Gesellschafts- und Unternehmensrecht | Q2 2021.

Authors: Linda Černá, Gabriel Ebner, Markus Fasching, Benedikt Gröhs, Irina Hanin, Stefan Holub.