Im Gastbeitrag erklären die Juristen Marco Thorbauer und Tobias Hayden, warum Erbschaften lange nicht so billig waren wie jetzt.
Auf dem Gebiet des heutigen Österreich gab es mit dem Patent aus dem Jahr 1759 erstmals eine vergleichbare Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die vorübergehende Ausnahmesteuer sollte die Kosten des Siebenjährigen Kriegs ausgleichen. Mit dem Stempel- und Taxgesetz aus dem Jahr 1840 wurde die damalige Erbschaftssteuer durch Taxen im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens ersetzt. Wenig später führte man mit dem Gebührengesetz im Jahr 1850 aber wieder eine eigentliche Erbschafts- und Schenkungssteuer ein.
1940 übernahmen die Nationalsozialisten in Österreich das deutsche Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1925, welches später unverändert in die Zweite Republik überführt wurde. Mit Wirkung zum 15. Juli 1955 setzte Österreich schließlich das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 in Kraft, wonach der Vermögenserwerb von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen progressiv besteuert wurden.
Erst seit dem 1. August 2008 wird die Erbschafts- und Schenkungssteuer in Österreich nicht mehr erhoben. Der Verzicht auf die Einhebung war nicht primär politisch motiviert, sondern ging auf zwei Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2007 zurück, deren Gegenstand die verfassungswidrige (zu niedrige) Bewertung von Liegenschaftsvermögen war. Anstelle der Sanierung des Gesetzes verzichtete die damalige Regierungskoalition auf deren Einhebung gänzlich. Es verblieb lediglich eine Meldungsverpflichtung von Schenkungen, die einen gewissen Wert übersteigen.
Kaum Vermögenssteuern
Aktuell wird Vermögen einschließlich dessen Übertragung in Österreich nur punktuell besteuert: Während die Grundsteuer, die Bodenwertabgabe und die Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben jährlich wiederkehrende Vermögenssteuern für inländischen (Grund-)Besitz sind, betrifft die Grunderwerbsteuer, die Stiftungseingangssteuer und die Zessionsgebühr den Wert einzelner, nicht wiederkehrender Vermögenstransaktionen. Eine allgemeine Vermögenssteuer oder eine Erbschafts- und Schenkungssteuer besteht aktuell dagegen nicht.
Seit 1759 war Erben und Schenken in Österreich daher noch nie so "billig" wie heute. Da die politischen Forderungen um eine Erbschafts- und Schenkungssteuer jedoch wieder aufflammen, "boomen" aktuell Schenkungen unter Lebenden. Damit verbunden sind selbstverständlich auch gewisse Gestaltungsvarianten, zumal sich Geschenkgeber bei einer vorweggenommenen Erbfolge durch Schenkung regelmäßig gewisse Einflussrechte bewahren wollen. So werden Immobilien etwa häufig unter dem Vorbehalt verschenkt, dass der Schenkende weiter auf der Liegenschaft wohnen darf oder dass sie nicht mit Hypotheken belastet oder verkauft werden darf. Zudem kann vereinbart werden, dass auch die Schenkung selbst widerrufen werden kann.
Schnelle Schenkungen?
Inwieweit Schenkungen unter Lebenden wirklich vor Wiedereinführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer erfolgen sollen, hängt allerdings von einer möglichen Rückwirkung einer künftigen Erbschafts- und Schenkungssteuer ab.
Sollte eine Erbschafts- und Schenkungssteuer eingeführt werden, könnten theoretisch auch steuerfreie Schenkungen und Erbschaften seit dem 1. August 2008 durch eine (echte) Rückwirkung noch nachträglich besteuert werden. Eine echte Rückwirkung ist zwar verfassungsrechtlich nicht verboten, jedoch nur unter engen Grenzen möglich: Insbesondere braucht es einer besonderen Rechtfertigung für die Einführung rückwirkend belastender Steuern, die Sachverhalte vor Kundmachung des Gesetzes erfassen. Eine kurze Rückwirkung, die etwa an die Veröffentlichung eines Begutachtungsentwurfs eines entsprechenden Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes oder einer Regierungsvorlage anknüpft, bedarf einer geringeren sachlichen Rechtfertigung als eine mehrjährige Rückwirkung.
Zulässig ist jedenfalls eine sogenannte unechte Rückwirkung, die nur mittelbar bereits verwirklichte Sachverhalte mitumfasst: So könnten Schenkungen und Erbschaften zwischen 1. August 2008 und der Wiedereinführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer etwa auf künftige Erbschafts- und Schenkungssteuerfreibeträge angerechnet werden. Dadurch würden Schenkungen zwischen 1. August 2008 und der Wiedereinführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer zwar nicht unmittelbar besteuert, jedoch zu einer erheblich höheren Steuerlast für Schenkungen und Erbschaften nach Wiedereinführung einer derartigen Steuer führen. Bereits jetzt vorgezogene Schenkungen können daher möglicherweise Erbschafts- und Schenkungssteuer sparen, wenn dadurch möglichst viel Vermögen vorab übertragen wird.
(Marco Thorbauer, Tobias Hayden, 25.2.2024)