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Wien – Das neue Arbeitszeitgesetz mit dem Zwölfstundentag könnte die Position von Arbeitnehmern stärken, die eine Kündigung vor dem Arbeits- und Sozialgericht anfechten. Denn im Abänderungsantrag, der Ende Juni noch schnell im Nationalrat eingebracht wurde, ist nicht nur das Recht festgeschrieben, eine elfte und zwölfte Überstunde ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Es steht darin auch, dass Arbeitnehmer eine Kündigung anfechten können, wenn sie deshalb ihren Job verlieren.
"Das bringt gekündigte Arbeitnehmer in eine bedeutend bessere Position", sagt Teresa Waidmann, Arbeitsrechtsexpertin bei Schönherr Rechtsanwälte. Auch jetzt kann eine Kündigung aus einem unlauteren Motiv, etwa wenn ein Arbeitnehmer einen "nicht unberechtigten" Anspruch geltend macht und deshalb gekündigt wird, angefochten werden. Aber erstmals werde im Arbeitszeitgesetz ein konkreter Tatbestand definiert, betont Waidmann.
Anders als in anderen EU-Staaten müssen Kündigungen in Österreich grundsätzlich nicht begründet werden. Anders sieht es aus, wenn der Verdacht eines unlauteren Motivs im Raum steht.
Verweigert ein Arbeitnehmer die Leistung von Überstunden, wird bald darauf gekündigt, und ficht er die Kündigung auf Basis des neuen Tatbestands an, dann muss der Arbeitgeber andere Kündigungsmotive glaubhaft machen. Aber auch dann kann er verlieren, denn damit der Motivkündigungsschutz wirkt, reicht es grundsätzlich aus, wenn die Ablehnung einer der wesentlichen Kündigungsgründe war, sagt Waidmann.
In der Praxis enden solche Verfahren häufig mit einem Vergleich im Ausmaß mehrerer Monatsgehälter, die der Arbeitgeber zahlen muss. Je öfter Überstunden abgelehnt wurden und je schneller die Kündigung nach einem solchen Vorfall erfolgt, desto besser die Chancen des Arbeitnehmers, glaubhaft zu machen, dass die Kündigung wegen der Ablehnung erfolgte, betont Waidmann.
Auch Matthias Unterrieder von Wolf Theiss sieht im neuen Gesetz eine Stärkung der Arbeitnehmer in Kündigungsanfechtungen, rechnet aber nicht mit einem großen Zuwachs bei Verfahren. Auch jetzt gebe es zahlreiche Gründe, um Kündigungen anzufechten und sich vor Gericht etwas Geld herauszuholen. "Es kommt hier eine weitere Möglichkeit zu vielen anderen dazu", sagt er,
Manche Arbeitnehmer, die im Unfrieden mit ihren Chefs liegen, würden dies strategisch einsetzen, indem sie einen Streit vom Zaun brechen und, wenn sie dann gekündigt werden, gegen eine Motivkündigung klagen. "Das neue Gesetz gibt ihnen weiteren Spielraum, um dem Arbeitgeber die Auflösung des Dienstverhältnisses zu erschweren und den Preis in die Höhe zu treiben", sagt er.
Ursprünglich war im Initiativantrag zum Gesetz vorgesehen, dass die elften und zwölften Überstunden nur wegen "überwiegender persönlicher Interessen" abgelehnt werden dürfen. Nach einem Proteststurm von Arbeitnehmerseite wurde auf Drängen der FPÖ die Freiwilligkeit fixiert. Bei der neunten und zehnten Überstunde müssen hingegen weiterhin "berücksichtigungswürdige Interessen des Arbeitnehmers" für eine Ablehnung angeführt werden. (Eric Frey, 24.7.2018)
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