Sie werden zur Website unserer Muttergesellschaft, Schönherr Rechtsanwälte GmbH, weitergeleitet: www.schoenherr.eu
Die Möglichkeiten zur Generierung von Musik und Sounds über KI-Anwendungen sind in den letzten Jahren so vielseitig wie breitenwirksam geworden.[1] Der Einsatz von KI ermöglicht insbesondere ein individuelles Zuschneiden von Melodien, Texten und musikalischen Stimmungen auf die Bedürfnisse der User (zB Anpassung der Musik an das Publikum in einem Geschäft). Die Verwendung KI-basierter Musik hat daher insbesondere im Bereich gewerblicher Nutzungskontexte an Relevanz gewonnen. Viele Sound-Plattformen bieten neben der Lizensierung ihres bisherigen Portfolios auch den Zugriff auf KI-Musikdatenbanken an. Kunden sind unter anderem Gastronomie und Handel, die das Konsumerlebnis durch Hintergrundmusik verbessern wollen, dafür aber nicht auf "Chart-Hits" angewiesen sind. Auch im Bereich Marketing und Werbung wird immer häufiger auf KI-generierte Musik zurückgegriffen.
Auf den ersten Blick verspricht die Verwendung von KI-Musik eine kostengünstige und risikoarme Alternative zur bisherigen Lizensierung. Die urheberrechtliche Einordnung ist aber durchaus komplexer. AKM und Austromechana warnen daher vor einer unkritischen Verwendung und verweisen auf ihre umfassende Lizensierungskompetenz.[2] Was steckt dahinter und wie kann KI-Musik möglichst risikofrei eingesetzt werden?
Bei der urheberrechtlichen Betrachtung muss zwischen zwei Formen von KI-Musik differenziert werden. Maßstab dafür sind Umfang und Art der Beteiligung des Input-gebenden Nutzers am Kreativprozess.
KI-Musik im engeren Sinne ist solche, bei der der menschliche Input (Prompt) so generisch bleibt, dass er im Hinblick auf das erzeugte Musikstück in den Hintergrund rückt.
In diesem Fall wird alleine die KI als "Schöpfer" tätig. Der Output ist nicht über das Urheberrecht geschützt, da es an der zwingenden Voraussetzung einer geistigen – und damit menschlichen – Schöpfung mangelt. Reine KI-Musik ist somit gemeinfrei. Nutzungsbeschränkungen können sich allenfalls aus den Verträgen mit den Anbietern ergeben. Was in diesen Konstellationen diskutiert werden könnte, ist ein Schutzrecht an der generierten Sounddatei (Tonträger). Diese leistungsschutzrechtliche Perspektive ist derzeit in Literatur und Praxis aber noch wenig besprochen.[3]
Von dieser Art von KI-Musik ist die sog KI-assistierte Musik zu unterscheiden. Hier wird die KI als Inspiration oder Werkzeug verwendet, wobei sich (auch) der Mensch kreativ einbringt. Im Bereich KI-assistierter Musik sind unterschiedlichste Konstellationen denkbar – beispielsweise ist es in allen gängigen KI-Musik-Generatoren möglich, eigene Texte hochzuladen, spezifische Prompts zu generieren oder Output umfassend zu bearbeiten (auch nachzubearbeiten). Auf allen Ebenen kann also menschliche Kreativität einfließen. Das Ergebnis kann dann urheberrechtlich geschützt sein.
Die Grenzen sind jedoch fließend und kaum rechtssicher zu definieren.
Beim Rückgriff auf bestehende, als "KI-Musik" gelabelte Musikstücke und Soundsequenzen, zum Beispiel auf Lizenzplattformen, wird man den Entstehungsprozess nur selten nachvollziehen können. Die Verantwortung für eine mögliche Schutzrechtverletzung liegt jedoch grundsätzlich beim Verwender. Man sollte die Lizenz- und Nutzungsbedingungen der Plattformen daher genau prüfen.
Üblicherweise treten Verwertungsgesellschaften wie die AKM als Verwalter urheberrechtlich und leistungsschutzrechtlich geschützter Werke aus dem Musikbereich auf. Sie erteilen die für gewerbliche Nutzungen notwendigen Lizenzen zu branchenspezifischen Einzel- oder Gesamttarifen. Traditionell wird angenommen, dass die Verwertungsgesellschaften über Verträge mit ihren Schwestergesellschaften das "Weltrepertoire" verwalten und lizenzieren.
Dementsprechend gibt es in Österreich auch eine (widerlegliche) gesetzliche Vermutung, dass öffentlich wiedergegebene Musik zum Repertoire der AKM gehört. Dass Musik "AKM-frei" ist, muss also der Nutzer beweisen.
Zudem können für den Einsatz in Gastronomie und Handel auch Werke von Rechteinhabern, die keinen Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen haben, wirksam über eine sog Außenseiter-Lizenz lizensiert werden, solange die Außenseiter nicht ausdrücklich widersprechen. Dies soll zu Rechtssicherheit und einer Vereinfachung des Lizenzmarktes führen.
Es scheint fraglich, ob die AKM-Vermutung angesichts der steigenden Relevanz von KI-Musik noch zu rechtfertigen ist. Aktuell führt sie jedenfalls zu erheblichen Rechtsunsicherheiten. Wünschenswert wäre, dass sich ein Procedere entwickelt, wie lizenzpflichtige von nicht lizenzpflichtiger Musik abgegrenzt werden kann und welche – möglichst einfachen – Nachweise die Verwertungsgesellschaften diesbezüglich akzeptieren.
Im Hinblick auf KI-Musik stellen sich noch weitere rechtliche Fragen, die je nach Anwendungsfall und Blickwinkel relevant werden. Hierbei geht es etwa um die Verwendung bestehender Werke zum KI-Training, den Rückgriff auf bestehende Werke innerhalb des user-seitigen Prompts (Input-Seite) oder um Haftungsfragen, wenn das KI-generierte Musikstück erkennbar Bestandteile bestehender Werke enthält (Output-Seite).[4] Während sich die ersten beiden Probleme vor allem für KI-Betreiber und Anbieter von KI-Musik stellen, birgt die Output-Seite auch Gefahren für bloße Verwender von "eingekaufter" KI-Musik.
Neben dem Urheberrecht kann zudem das Persönlichkeitsrecht verletzt werden, wenn es etwa zu einem ungefragten Rückgriff auf die Stimme existierender Personen kommt. Bei einer Nutzung in der Werbung kann sich infolge des 2026 in Kraft tretenden AI-Acts zudem in bestimmten Fällen eine Pflicht zur Kennzeichnung als "KI-Produkt" ergeben.[5]
[1] Siehe die umfassende Studie Goldmedia "AI and Music", 2024, https://www.goldmedia.com/fileadmin/goldmedia/Studie/2023/GEMA-SACEM_AI-and-Music/AI_and_Music_GEMA_SACEM_Goldmedia.pdf.
[2] AKM/austromechana, 12.08.2025, KI-Musik im Geschäft: Nicht automatisch lizenzfrei – AKM warnt vor rechtlichen Fallstricken, https://www.akm.at/ki-musik-im-geschaeft-nicht-automatisch-lizenzfrei-akm-warnt-vor-rechtlichen-fallstricken/.
[3] Vgl ua den Beitrag von Wiedemann/Stocks, GRUR 2025, 360 – Der Klang der Zukunft: Die Auswirkungen der KI auf die Musikindustrie; Wer als Inhaber dieses Leistungsschutzrechts gilt, hängt ua vom Speicherort der generierten Datei ab. Aktuell geht man bei einer Server-seitigen Speicherung von einer Inhaberschaft der KI-Anbieter aus, die sodann Nutzungsbedingungen in ihren AGBs vorhalten.
[4] Die deutsche Verwertungsgesellschaft GEMA ist etwa mit dem Vorwurf eines unzulässigen KI-Trainings mit bestehenden Musikstücken und Songtexten gegen die Betreiber der KI-Tools SunoAI und ChatGPT vorgegangen, https://www.gema.de/de/aktuelles/ki-und-musik/ki-klage; Gegen OpenAI wurde jüngst ein erstes Grundsatzurteil zum KI-Training erreicht, https://www.gema.de/de/w/grundsatzurteil-gema-gegen-openai.
[5] Vgl hierzu die Information der WKO, https://www.wko.at/oe/gewerbe-handwerk/kennzeichnungspflicht-fuer-ki-inhalte.
Autor:innen: Dominik Hofmarcher, Marie-Therese Wirtz
Dominik
Hofmarcher
Partner
austria vienna