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03 Februar 2025
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Österreich: neue OGH-Entscheidung zu Betriebskosten und Wertsicherung

Der OGH hat am 17.12.2024 in einem Prozess eines Mieters gegen seinen Vermieter auf Rückzahlung von Betriebskosten und Wertsicherungsbeiträgen mit seiner Entscheidung (10 Ob 54/24z) zwar den Vermieter zur Rückzahlung der Betriebskosten verpflichtet, aber die Gültigkeit der Wertsicherungsklausel bestätigt und einige Klarstellungen für bisher kontroversiell diskutierte Punkte gemacht.

Diese Entscheidung wurde in der Tagespresse als großer Sieg für Mieter und großes Risiko für Vermieter dargestellt. Tatsächlich ist sie für die Vermieter in weiten Bereichen positiv:

Wann liegt ein Formularvertrag vor?

Wenn der Vermieter erkennen lässt, dass er bereit ist, die Formulierungen des von ihm ausgearbeiteten Mietvertrags zu ändern oder darüber zu verhandeln, wird der Vertrag nicht mehr als Formularvertrag beurteilt. Dazu muss aber der Vertrag nicht nur zur "Durchsicht und Unterzeichnung" an den Mieter gesandt werden, sondern es muss die Übersendung zur "Durchsicht und Bekanntgabe von Ergänzungs- und Änderungsvorschlägen" erfolgen. Wenn derartige Änderungsvorschläge kommen, sollte über diese auch verhandelt werden und bei den Punkten, die für den Vermieter nicht relevant sind, den Wünschen des Mieters gefolgt werden. Dadurch kann die Ernsthaftigkeit der Bereitschaft zu Änderungen dokumentiert werden. Dann besteht die Chance, dass die Regelungen von § 6 Abs. 3 KSchG und § 879 Abs. 3 ABGB, die die Unwirksamkeit gröblich benachteiligender und intransparenter Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern regeln, keine Anwendung finden (im Einzelfall ist es natürlich nicht gesichert, erhöht aber die Chancen relevant).

To Do:

  • Entwürfe von Mietverträgen zur "Durchsicht und Bekanntgabe von Ergänzungs- und Änderungsvorschlägen" an den potenziellen Mieter versenden.
  • Tatsächlich eingebrachte Änderungsvorschläge des Mieters auch akzeptieren oder zumindest Kompromisslösungen in der Mitte zwischen beiden Formulierungen finden.

Abschließende Aufzählung der Betriebskosten

Die Unwirksamkeit der Klausel betreffend die Verrechnung von Betriebskosten beruht ausschließlich darauf, dass diese Klausel deswegen intransparent ist, weil die überwälzten Kosten nur beispielsweise aufgezählt werden. Der Mieter kann dann nicht beurteilen, was als Bewirtschaftungskosten zu verstehen ist und welche Kostenbelastung für ihn daraus resultiert.

Die Kläger haben nur deswegen gewonnen, weil bei der Aufzählung der Betriebskosten das Wort "insbesondere" gestanden ist. Auch wenn er dies nicht ausdrücklich sagt, dürfte der OGH davon ausgehen, dass auch im Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes die Vereinbarung des Betriebskostenkatalogs der §§ 21 ff MRG zulässig ist.

To Do:

  • Im Mietvertrag keine pauschalen Formulierungen wie "sämtliche für den Betrieb des Hauses notwendige Kosten", "insbesondere" oder "beispielweise" verwenden.
  • Vorsehen, dass die "Betriebskosten die im Folgenden abschließend aufgezählten Positionen umfassen".

Zulässigkeit der Vereinbarung des VPI und des für den Monat des Vertragsabschlusses verlautbarten Indexwerts

Bei der Wertsicherungsklausel hat der OGH zwei für die Vermieter sehr wichtige Klarstellungen getroffen:

Es ist zulässig, dass als Basis der Indexwert vereinbart wird, der für den Monat des Vertragsabschlusses verlautbart wird – es muss hier nicht auf den, meist erst in der Zukunft liegenden Monat des Vertragsbeginns abgestellt werden. Es liegt hier weder Intransparenz vor (diese liegt wohl bei der Vereinbarung einer länger zurückliegenden Indexzahl – wie zum Beispiel der Indexzahl, die der letzten Neuberechnung der Richtwerte zugrunde gelegen ist – vor, wenn daneben nur der jetzt zu zahlende Mietzins genannt ist) noch eine gröbliche Benachteiligung (diese hat der OGH beim zuvor genannten Beispiel angenommen, ohne dies jedoch näher zu begründen). Weiterhin offen bleibt, ob auch die Vereinbarung der Indexzahl, die am Tag des Vertragsabschlusses die zuletzt verlautbarte Indexzahl ist, zulässig ist.

Eine Wertsicherungsvereinbarung nach dem Verbraucherpreisindex ist grundsätzlich zulässig und widerspricht nicht per se dem Sachlichkeitsgebot. Damit hat der OGH ausdrücklich bestätigt, dass er die Vereinbarung einer Wertsicherung auf Basis des VPI als zulässig ansieht, nachdem er in einer vorangegangenen Entscheidung die Vereinbarung des Baukostenindex als sachlich nicht gerechtfertigt beurteilt hatte, da dieser nicht die Veränderung sämtlicher Kosten eines Vermieters abbildet.

To Do:

  • In Mietverträgen eine Wertsicherung immer an den VPI anknüpfen und keine anderen Indices wählen.
  • Als Basisindex den Indexwert vereinbaren, der für den Monat des Vertragsabschlusses verlautbart wird.

Haftung für Rückforderungsansprüche

Der OGH hat auch ausgesprochen, dass der Käufer der Wohnung auch für Rückforderungsansprüche haftet, die Zahlungen betreffen, die zeitlich vor dem Kauf an den Voreigentümer geleistet worden sind. Dabei ist im vorliegenden Fall im Kaufvertrag eine Vertragsübernahme des Mietvertrags mitsamt den damit verbundenen Rechten und Pflichten zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart worden. Bei einer Vertragsübernahme, mit der die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wird, geht die Rechtsprechung davon aus, dass dieser gesamte Übergang auch Rückforderungsansprüche umfasst, die auf Leistungen an die ausgeschiedene Altpartei beruhen und deren Rückabwicklung aufgrund Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zu erfolgen hat.

Grundsätzlich ist der Rechtsnachfolger des Vermieters sowohl im Teil- als auch im Vollanwendungsbereich des MRG schon gemäß § 2 MRG an den wirksam geschlossenen Hauptmietvertrag gebunden.

Um diese Rechtsfolge zu vermeiden, sollte im Kaufvertrag jedenfalls vereinbart werden, dass sämtliche Forderungen und Ansprüche, die den Zeitraum vor dem Kauf betreffen, nicht mit übergehen und der Übergang der Rechte und Pflichten nur für die Zukunft gilt. Wenn dies auch Mietern bei der Information, dass das Eigentum am Mietgegenstand übergegangen ist, mitgeteilt wird, kann auch der Mieter nicht von einer Übernahme auch von Rückforderungsansprüchen für Zeiten vor dem Eigentumsübergang ausgehen.

To Do:

  • Beim Kauf eines Mietobjekts klarstellen, dass Ansprüche aus dem übernommenen Mietvertrag, die die Vergangenheit betreffen, nicht übernommen werden.
  • Information des Mieters, dass Altansprüche beim bisherigen Eigentümer verbleiben.

Autor: Peter Madl