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24 März 2020
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Tschechien: Arbeitsausfall durch Hinderungsgründe auf Seiten des Arbeitgebers in Zusammenhang mit dem Coronavirus

Derzeit finden sich viele Arbeitgeber in einer prekären Situation wieder – sie stehen vor der Entscheidung, wie sie mit Arbeitsausfall umgehen sollen, dessen Gründe in Zusammenhang mit dem sich ausbreitenden Coronavirus eintraten, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dieser Arbeitsausfall infolge der Regierungsmaßnahmen (vollständige oder teilweise Einschränkung des Betriebs) oder infolge faktischer betrieblicher Ursachen (Schwierigkeiten mit Lieferungen, die für die Produktion notwendig sind, Absatzrückgang) eintrat. Das Arbeitsgesetzbuch rechnet nämlich nicht mit Hinderungsgründen, die durch eine Pandemie verursacht werden, und Arbeitgeber ringen so mit Auslegungsproblemen der einschlägigen Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches. Unten werden wir versuchen, die Problematik des Arbeitsausfalls durch Hinderungsgründe auf Seiten des Arbeitgebers wenigstens teilweise zu erläutern.

Anmerkung: Dieser Beitrag berücksichtigt Betriebe mit Arbeitszeitkonto nicht. 

HINDERUNGSGRÜNDE AUF SEITEN DES ARBEITGEBERS

Standzeit (§ 207 Buchst. a) des Arbeitsgesetzbuches)

Wenn Arbeitnehmer für eine vorübergehende Zeit ihre Arbeit aufgrund der Einschränkung der Lieferung von Rohstoffen oder der Antriebskraft oder aus anderen betrieblichen Gründen nicht ausführen können, handelt es sich um eine Standzeit.

Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer in einem solchen Falle andere Arbeit zuteilen, und wenn für diese Arbeit ein niedrigerer Lohn zusteht, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen Lohnaufschlag bis zur Höhe seines Durchschnittsverdienstes zu zahlen.

Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern keine andere Arbeit zuteilt, steht den Arbeitnehmern  Lohnersatz in Höhe von wenigstens 80 % ihres Durchschnittsverdienstes zu.

Die Bestimmung über die Standzeit kommt am häufigsten bei Arbeitgebern zur Anwendung, die für ihre Produktion viele Teilkomponenten z.B. aus dem Ausland importieren müssen.

Naturereignis (§ 207 Buchst. b) des Arbeitsgesetzbuches)

In den Reihen der Fachöffentlichkeit tauchen jetzt auch Ansichten auf, laut denen die Coronavirus-Pandemie als ein Naturereignis angesehen werden könnte, auch wenn das nicht dem traditionellen Verständnis seiner Bedeutung entspricht.

Wenn es gelingen würde, diese Auslegung auch seitens der Organe der Staatsverwaltung (bzw. bei Gerichten) durchzusetzen, hätte der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Lohnersatz bis auf 60 % des Durchschnittsverdienstes herabzusetzen, wenn er dem Arbeitnehmer keine andere Arbeit zuteilt.

Andere Hinderungsgründe (§ 208 des Arbeitsgesetzbuches)

Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Arbeit zuteilen kann (und es sich gleichzeitig nicht um Gründe handelt, die in einer Standzeit oder in der Unterbrechung der Arbeit infolge ungünstiger Witterungseinflüsse oder eines Naturereignisses bestehen), gilt allgemein, dass es sich um einen sog. anderen Hinderungsgrund auf Seiten des Arbeitgebers handelt, während dessen Dauer dem Arbeitnehmer Lohnersatz in Höhe von 100 % seines Durchschnittsverdienstes zusteht.

Das Ministerium für Arbeit und Soziales veröffentlichte auf seinen Seiten am 12.03.2020 eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, dass die Arbeitgeber, bei denen es anknüpfend an die von der Regierung eingeführten Maßnahmen zur Schließung der Arbeitsstätte oder zur Einschränkung von deren Betrieb für bestimmte Zeit kam, in der jetzigen Situation so vorgehen sollen, als ob es sich um einen Hinderungsgrund auf ihrer Seite gemäß § 208 des Arbeitsgesetzbuches handle und den Arbeitnehmern Lohnersatz in Höhe von 100 % des Durchschnittsverdienstes auszahlen sollen (sofern sie nicht in der Lage sind, die Arbeitnehmer anders auszulasten). Es ist anzunehmen, dass ein solches Vorgehen für viele Arbeitgeber nach bestimmter Zeit untragbar sein und zu noch weniger wünschenswerten Entlassungen führen könnte.  

Die Staatliche Arbeitsinspektionsbehörde gab am 18.03.2020 eine Stellungnahme heraus, in der sie die oben aufgeführte Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales bestätigt, gleichzeitig jedoch die Anwendung der Bestimmung des Arbeitsgesetzbuches über die teilweise Arbeitslosigkeit (siehe unten) für die übrigen Fälle zugesteht, d.h. wenn es sich nicht um Hinderungsgründe handelt, die infolge des Regierungsbeschlusses eintraten, durch den angewiesen wurde, die Betriebsstätte für die Öffentlichkeit zu schließen oder ihren Betrieb einzuschränken, wobei es dennoch infolge der eingetretenen Situation bei diesen Arbeitgebern zur Einschränkung des Absatzes ihrer Produkte oder Dienstleistungen, zum Einbruch des Absatzes oder der Produktion kam.

Man muss hinzufügen, dass die aufgeführten Stellungnahmen rechtlich nicht verbindlich sind.

Teilweise Arbeitslosigkeit (§ 209 des Arbeitsgesetzbuches)

Aus der Diktion des Arbeitsgesetzbuches geht hervor, dass es sich dann um sog. teilweise Arbeitslosigkeit handelt, wenn der Arbeitgeber aufgrund der zeitweiligen Einschränkung des Absatzes seiner Produkte oder der Einschränkung der Nachfrage nach den von ihm gewährten Dienstleistungen nicht in der Lage ist, dem Arbeitnehmer Arbeit im Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit zuzuteilen.

In einem solchen Falle kann der Lohnersatz aufgrund der Vereinbarung mit der Gewerkschaftsorganisation und, sofern es beim Arbeitgeber keine Gewerkschaft gibt, dann aufgrund der internen Vorschrift des Arbeitgebers bis auf 60 % des Durchschnittsverdienstes herabgesetzt werden.

Bei der Auslegung der teilweisen Arbeitslosigkeit herrscht ein beträchtliches Maß an Unsicherheit. Gemäß der inoffiziellen Mitteilung eines Mitarbeiters des Ministeriums für Arbeit und Soziales ist es für die Anwendung der Regelung der teilweisen Arbeitslosigkeit notwendig, dass der Arbeitnehmer wenigstens eine bestimmte Stundenanzahl wöchentlich arbeitet (z.B. wird der Arbeitnehmer anstelle von 40 Wochenstunden nur 10 Wochenstunden arbeiten). Laut anderen Ansichten wird das Kennzeichen der teilweisen Arbeitslosigkeit dadurch erfüllt, dass wenigstens einige Wochen im Monat gearbeitet wird. Nach weiteren genügt es, dass wenigstens einer der Arbeitnehmer „irgendeine“ Arbeit ausführt. Zur uneinheitlichen Auslegung trägt die sehr unbestimmte Formulierung der gegenständlichen Bestimmung bei.

Wenn jedoch Sinn und Zweck dieser Rechtsregelung die Erhaltung einer möglichst großen Zahl von Arbeitsplätzen sein soll, d.h. dass keine vollständige Arbeitslosigkeit der betroffenen Arbeitnehmer eintritt, können die oben aufgeführten Ansichten keine Stichhaltigkeit haben.

Es bleibt nichts anderes übrig als zu hoffen, dass in der nächsten Zeit eine andere (zwar noch immer rechtlich unverbindliche) Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales herausgegeben wird, die für die Anwendung der sog. teilweisen Arbeitslosigkeit eine extensivere Auslegungsauffassung anbietet, also auch für die Fälle, in denen der Arbeitgeber die gesamte Betriebsstätte für länger als eine Woche schließt. Auf eine rechtsverbindliche Auslegung werden wir nämlich noch warten müssen – entweder im Rahmen einer Novelle des Arbeitsgesetzbuches, die die unbestimmte Formulierung präzisiert, oder im Rahmen der Judikatur des Obersten Gerichts.

HILFE DES STAATES

Zuschuss für die Zeit der teilweisen Arbeitslosigkeit

Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber kann das Arbeitsamt dem Arbeitgeber in der Zeit der teilweisen Arbeitslosigkeit einen Zuschuss gewähren (gemäß § 115 des Beschäftigungsgesetzes), und zwar sowohl im Falle teilweiser Arbeitslosigkeit als auch im Falle eines Naturereignisses (hier hat man jedoch bei Naturereignis eine Naturkatastrophe gemäß der direkt anwendbaren EU-Vorschrift im Sinne, die nicht mit einer Pandemie rechnet), wobei für den Abschluss der Zuschussvereinbarung die folgenden Bedingungen erfüllt sein müssen:

  1. Der Arbeitgeber kann Arbeit nicht wenigstens im Umfang von 20 % der festgelegten Wochenarbeitszeit zuteilen;
  2. Er gewährt Lohnersatz in Einklang mit dem Arbeitsgesetzbuch und gleichzeitig wird er ab Abschluss der Zuschussvereinbarung mit dem Arbeitsamt Lohnersatz wenigstens in Höhe von 70 % des Durchschnittsverdienstes gewähren;
  3. In der Zuschussvereinbarung verpflichtet er sich, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer in der Zeit der Gewährung des Zuschusses nicht aufgrund organisatorischer Änderungen aufzulösen.

Die Höhe des Zuschusses beträgt 20 % des Durchschnittsverdienstes des Arbeitnehmers, höchstens jedoch das 0,125-fache des Durchschnittslohns in der Nationalwirtschaft für das 1. bis 3. Quartal des vorangehenden Kalenderjahres, d.h. 4 178 CZK (0,125 x 33429 CZK). Die Zuschussvereinbarung unterliegt der vorhergehenden Zustimmung der Regierung.

FLASH NEWS:

Vorbereitetes Beschäftigungsschutzprogramm Antivirus

In den Abendstunden des 19.03.2020 wurde vom Ministerium für Arbeit und Soziales das Beschäftigungsschutzprogramm Antivirus vorgestellt, auf dessen Grundlage der Staat mittels des Arbeitsamtes vom Arbeitgeber ausgezahlte Mittel in Form eines Zuschusses bis zur vollen oder teilweisen Erstattung des Lohnersatzes kompensieren sollte, und zwar im Falle eines Hinderungsgrundes auf Seiten des Arbeitnehmers (Anordnung der Quarantäne) oder auf Seiten des Arbeitgebers (Hinderungsgrund – Schließung der Betriebsstätte aufgrund der Anordnung der Regierung zur Schließung des Betriebs), wenn nachgewiesen wird, dass der Hinderungsgrund infolge der Ansteckung mit COVID-19 entstand.

Laut dem Pressebericht wird dieser Beitrag ausgezahlt:

  1. bei Anordnung der Quarantäne für Arbeitnehmer: in voller Höhe des ausgezahlten Lohnersatzes (d.h. in Höhe von 60 % der durchschnittlichen Bemessungsgrundlage) und
  2. bei Unmöglichkeit, den Arbeitnehmern aufgrund der außerordentlichen Krisenmaßnahmen der Regierung Arbeit zuzuteilen: Wenn die Schließung des Betriebs infolge des Auftretens der Ansteckung Covid-19 angeordnet wurde, und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Lohnersatz in Höhe von 100 % auszahlt, wird dem Arbeitgeber ein Zuschuss in Höhe von 80 % des ausgezahlten Lohns (Lohnersatzes) gewährt. Aus dem Text des Presseberichts geht hervor, dass es sich offenbar nicht um Fälle handelt, in denen der Betrieb durch die Regierungsverordnung z.B. nur eingeschränkt ist.

Die Gesamtkosten des Programms werden in Höhe von 1,2 Mrd. CZK vorausgesetzt.

Änderungen im Betreuungsgeld

Das Ministerium für Arbeit und Soziales gab eine Pressenachricht heraus, laut der Betreuungsgeld (mehr zum Betreuungsgeld siehe unseren Newsletter vom 16.03.2020) während der gesamten Zeit der Schließung der Schulen in Anspruch genommen werden kann, wobei der Kreis der Empfänger auf Eltern von Kindern bis 13 Jahre erweitert wird (gegenüber den ursprünglichen 10 Jahren). Die Änderungen müssen aber im Modus des legislativen Notstands noch das Parlament passieren, wobei das Betreuungsgeld nach der Verabschiedung auch rückwirkend ausgezahlt wird.

This article is part of our coronavirus-focused legal updates – visit our coronavirus infocorner to get more info!

Marie
Gremillot

Attorney at Law

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