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Wien. Von Höhenflügen weit entfernt, aber auch nicht mehr im Krisenmodus: So lässt sich der österreichische M&A-Markt beschreiben. Eine Ende April veröffentlichte Deloitte-Studie bestätigt eine leichte Erholung im vergangenen Jahr, wenn auch auf einem Niveau unter dem langjährigen Durchschnitt. Ganz ähnlich beschreibt Rechtsanwalt Rainer Kaspar die Situation im Gespräch mit der „Presse“. Er ist Partner in der Kanzlei PHH und einer der Initiatoren des Wiener M&A Day, der am 7. Mai zum zweiten Mal stattfand. Weltweit habe es im Vorjahr viele Megadeals gegeben, in Österreich habe sich immerhin der Small und Midcap-Bereich auf niedrigem Niveau stabilisiert, sagt Kaspar. „Und für heuer ist die Stimmung vorsichtig optimistisch.“ Rezession, Sparpaket und globale Risikofaktoren bremsen zwar nach wie vor die Aktivitäten. „Aber die sinkenden Zinsen haben einen positiven Effekt.“ Vor allem für strategische Investoren – überwiegend aus dem Ausland – lasse das auf gute Kaufgelegenheiten hoffen.
„Distressed M&A“ ist freilich ebenfalls ein großes Thema, auch darum ging es bei der Veranstaltung vorige Woche. Gemeint ist die Übernahme von Unternehmen, die in der Krise stecken. Oft komme es sogar zu Deals in einer noch späteren Phase,quasi „beyond distressed“, sagt Miriam Simsa, Partnerin bei Schönherr, zur „Presse“. Das sind jene Fälle, in denen Gesellschafter ein materiell bereits insolventes Unternehmen verkaufen. Oder überhaupt der Masseverwalter den Verkauf abwickelt. Unterschiedliche Szenarien Letzteres stellt einen Sonderfall im Vergleich zu klassischen M&A-Deals dar: „Es gibt in den allermeisten Fällen keine Gewährleistung, außer für die Übertragung von lastenfreiem Eigentum“, sagt Simsa. Auch eine Due Diligence sei oft nur eingeschränkt möglich. „Und der Vertrag muss auf Deutsch sein.“ Für klassische M&A-Abteilungen internationaler Investoren sei all das ungewohnt, Simsa nennt es einen „Clash of Cultures“. Das schlage sich auch auf die Rolle der involvierten Anwälte nieder, „sie müssen da oft auch Übersetzer sein“.
Der Vorteil für den Investor: Er bekommt das Unternehmen lastenfrei. Das Risiko dabei: „Man muss es so nehmen, wie es ist.“ Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn kreditgeben Banken dem bisherigen Eigentümer noch die Möglichkeit geben, den Verkauf selbst abzuwickeln. Gegenüber dem Vertragspartner muss dann zwar offengelegt werden, wie es um das Unternehmen steht. „Am Markt werden solche Transaktionen aber oft gar nicht als ,distressed‘ wahrgenommen“, sagt Simsa. Vielmehr könne es durchaus wie eine eigentümergetriebene Transaktion wirken. Auch das hat seine Vorteile, das Unternehmensimage wird nicht angekratzt. So lässt sich dann oft auch ein besserer Preis erzielen. „Vor der Insolvenz kann man außerdem mit Gewährleistung kaufen“, gibt Kaspar zu bedenken. Wobei diese aber nur so viel wert ist wie die Bonität des Eigentümers. Ist dieser „distressed“, nützt dessen Gewährleistung wenig. „Ein gutes Instrument wäre dann eine W&I-Versicherung“, sagt Kaspar. Das Kürzel steht für Warranty & Indemnity, die Gewährleistung wie auch andere Zusagen können damit abgesichert werden. Etliche heimische Mittelständler dürften dieses Instrument jedoch gar nicht kennen. Und, so Kaspar: „Es braucht dafür eine gute Due Diligence.“ Schon deshalb sei es nicht immer möglich.
author: Christine Kary (Die Presse)
interviewees: Miriam Simsa (Schoenherr), Rainer Kaspar (PHH)