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EuGH 25.01.2024, C-810/21 Caixabank ua: Beginn einer zehnjährigen Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückforderung geleisteter Zahlungen aufgrund missbräuchlicher Klauseln erst ab Kenntnis des Anspruchs.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu Beginn und Lauf der Verjährungsfrist für Ansprüche von Verbrauchern auf Rückforderung von Zahlungen, die sie aufgrund missbräuchlicher Klauseln geleistet haben, waren folgende objektive Verjährungsfristen zu kurz:
Klar war daher schon bislang, dass derartige kenntnisunabhängige Fristen zu kurz waren. Nicht klar war hingegen, welchen Grad der Kenntnis der Verbraucher haben musste und ob die fehlende Kenntnis nur den Ablauf der Verjährungsfrist hinderte oder auch schon deren Beginn.
Zu beiden Themen bringt die EuGH-Entscheidung vom 25.01.2024 weitere Klarheit.
Der Sachverhalt der verbundenen Rechtssachen C-810/21 Caixabank, C-811/21 Banco Bil-bao Vizcaya Argentaria, C-812/21 Banco Santander und C-813/21 Banco Sabadell umfasste jeweils Ansprüche von Verbrauchern auf Rückzahlung von Kosten des Vertragsabschlusses von Kreditverträgen, die auf missbräuchlichen Klauseln beruhten. Die Verbraucher erhoben diese Ansprüche jeweils mehr als zehn Jahre, nachdem sie die Kosten bezahlt hatten.
Nach dem katalanischen Zivilgesetzbuch galt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren ab Entstehen und Fälligkeit des Anspruchs wenn der Anspruchsinhaber die Umstände, auf denen er beruht, und die Person, gegen die er geltend gemacht werden kann, kennt oder vernünftigerweise kennen kann.
Die Vorlagefragen an den EuGH zielten, in der Reihenfolge der Beantwortung zusammengefasst, darauf ab,
Der EuGH beantwortete die Vorlagefragen wie folgt:
Die österreichische Lehre hat aus der bisherigen EuGH-Rechtsprechung überwiegend abgeleitet, dass für Rückforderungsansprüche, die aus der Missbräuchlichkeit einer Klausel resultieren, die 30-jährige objektive Regelverjährung der §§ 1478 f ABGB gilt, dass eine (analoge) Anwendung von §§ 1480, 1486 ABGB richtlinienwidrig wäre und dass OGH RS0117773, wonach der Anspruch des Kreditschuldners auf Rückzahlung zu viel gezahlter Zinsen wegen missbräuchlicher Klauseln objektiv nach drei Jahren verjährt, daher überholt ist. [1]
Diese Ansichten sind in zweierlei Hinsicht fraglich: Einerseits bezieht sich die EuGH-Entscheidung nur auf eine zehnjährige Verjährungsfrist. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass der EuGH dieselben Grundsätze zum Fristbeginn auch auf eine 30-jährige Verjährungsfrist anwenden würde. Andererseits eröffnet die EuGH-Entscheidung für Bereicherungsansprüche, die nach österreichischem Recht der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen, die Möglichkeit einer richtlinienkonformen Interpretation von § 1480 ABGB[2] dahingehend, dass die dreijährige Frist erst, aber immerhin, mit der Kenntnis des Verbrauchers von seinem Anspruch zu laufen beginnt. Diese Lösung wäre nach österreichischem Recht sachgerecht.
Offen bleibt allerdings nach wie vor, von wem und wodurch ein Verbraucher eine solche, den Lauf der Verjährungsfrist auslösende Kenntnis von seinem Anspruch erlangen und wie ein Unternehmer diesen Zeitpunkt je beweisen kann. Hier bleibt weitere Rechtsprechung abzuwarten.
[1] P. Bydlinski, VbR 2020, 200 ff; Leupold/Gelbmann, VbR 2020, 222; vgl auch T. Rabl, ecolex 2021/68 und Eliskases, ZFR 2020, 559.
[2] Zur analogen Anwendung Zoppel, ZFR 2021, 283 mwN; vgl OGH 4 Ob 73/03v ErwGr 1. OGH 8 Ob 145/19k.
Peter
Konwitschka
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