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Beim Generationenwechsel in Familienunternehmen können gewünschte gesellschaftsrechtliche Lösungen mit dem Erbrecht in Konflikt geraten
Bis zum Jahr 2029 wird laut aktuellen Schätzungen jedes vierte Klein- und Mittelunternehmen (KMU) an die nächste Generation übergeben; in Österreich stehen dadurch 51.500 Unternehmensnachfolgen an. Ein bevorstehender Generationswechsel birgt vor allem in Familienunternehmen ein hohes Konfliktpotenzial. Um Streitigkeiten zu vermeiden, sind schon vor der Einleitung einer Nachfolge eine fundierte Analyse der Optionen und ein klar definiertes Vorgehen notwendig.
Dabei stellen sich mehrere grundsätzliche Fragen: Sollen beide Generationen gleichzeitig in der Geschäftsführung vertreten sein? Wie können die Entscheidungsmechanismen auf Gesellschafterebene richtig ausgestaltet werden? Und wie lässt sich die gewünschte gesellschaftsrechtliche Lösung mit den Schranken des Erbrechts in Einklang bringen, vor allem im Zusammenhang mit Pflichtteilansprüchen?
Vor der rechtlichen Umsetzung müssen die eigentlichen Ziele der Regelung definiert werden. In KMU besteht die Geschäftsführung häufig aus Vertretern der Eigentümerfamilie, die wiederum die Gesellschafter bilden. Ein Erfolgsrezept für einen Nachfolgeprozess besteht darin, Optionen offen zu diskutieren und sowohl die Familienmitglieder als auch das allenfalls bestehende externe Management aktiv einzubeziehen. Die weichende Generation muss berücksichtigen, dass ihre Nachfolger andere Ansätze, neue Ideen und andere Talente haben werden als sie selbst. Das kann ein Argument für ein vorübergehendes Mehrgenerationenmanagement sein, das Kontinuität und Stabilität verspricht. In vielen Fällen wird allerdings eine klare Trennung zwischen den Generationen für den Bestand des Unternehmens unabdingbar sein.
In den vergangenen Jahrzehnten war die Gründung einer Privatstiftung als eine Art neutraler Eigentümer eine beliebte Lösung. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese Struktur häufig Innovationen verhindert. Ein Unternehmen braucht unternehmerische Persönlichkeiten, Engagement für die jeweilige Branche und die Bereitschaft, wirtschaftliche Risiken einzugehen. Anwälte, Steuerberater und Banker, die üblicherweise Vorstandsmandate in Stiftungen bekleiden, passen trotz ihrer professionellen Expertise nicht immer zu diesem Anforderungsprofil.
Von Vorteil kann es oft sein, wenn neben der Familie auch Mitarbeiter oder Dritte in den Prozess einbezogen werden, etwa durch eine Beteiligung an der Geschäftsführung oder einen Teilverkauf an spezialisierte Investoren. Ist die nachfolgende Generation allerdings nicht bereit oder in der Lage, das Familienunternehmen zu übernehmen, dann ist der Verkauf manchmal die beste Lösung – sowohl für die Familie als auch für das Unternehmen.
Schon in der strategischen Entscheidungsfindung sollten die rechtlichen Optionen im Auge behalten werden. Ist einmal ein Konsens hinsichtlich der Strategie erreicht, müssen die geeigneten Instrumente für die rechtliche Umsetzung gefunden werden. Dabei muss man bedenken, dass das Erbrecht den Gestaltungsspielraum einschränkt; der gesetzliche Pflichtteilsanteil, der bestimmten Familienmitgliedern vererbt werden muss, kann die beabsichtigte Vermögensverteilung behindern. Kommt es zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten unter den Erben, kann dies sogar die Existenz des Unternehmens gefährden.
Daher ist es dringend ratsam, die gewünschte Erbfolge rechtzeitig umzusetzen und dabei darauf zu achten, dass die verschiedenen Instrumente – Testament, Ehevertrag, eventuelle Verzichtserklärungen von Erben sowie der Gesellschaftsvertrag des jeweiligen Unternehmens – gut aufeinander abgestimmt sind und regelmäßig auf Aktualität geprüft werden.
Die übergebende Generation ist meist um Gleichbehandlung der Nachkommen bemüht. Doch die ist nicht immer leicht zu definieren, wenn die Erben nicht in die gleichen Positionen oder Aufgaben eintreten. Soll das Familienunternehmen nicht allen Nachkommen übergeben werden, dann müssen die anderen einen Pflichtteilverzicht abgeben, der ihnen gegebenenfalls finanziell abgegolten wird. Das ist ein Glücksgeschäft: Wer weiß schon, ob die Geschwister aus einem lokalen Familienbetrieb ein internationales Unternehmen entwickeln – oder einen Branchenprimus in den Ruin führen?
Weiters lohnt sich auch ein Blick auf die steuerrechtlichen Aspekte einer frühzeitigen Nachfolgeregelung. Derzeit fällt in Österreich bei unentgeltlichen Zuwendungen wie Erbweg oder Schenkung weder Schenkungs-, Erbschafts- noch Einkommensteuer an. Für Schenkungen unter Lebenden besteht allerdings eine Meldepflicht binnen dreier Monate. Unterbleibt die Meldung, kann dies zu hohen Strafen führen, nämlich bis zu zehn Prozent des Werts des geschenkten Guts. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sind ausländische Erbschafts- und Schenkungssteuern zu berücksichtigen, die auch österreichisches Vermögen erfassen können. (Michael Magerl, Marco Thorbauer, Victoria Zeppitz, 23.9.2022)
Article was first published in DerStandard on 23.09.2022
authors: Michael Magerl, Victoria Zeppitz and Marco Thorbauer
Michael
Magerl
Office Managing Partner
austria linz