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Niederösterreich zieht beim Thema Batteriespeicher die Zügel an. Die am 23.10.2025 beschlossene Änderung des NÖ Raumordnungsgesetzes (NÖ ROG) sieht strengere Vorgaben für Batteriespeicher im Grünland[1] vor. Die bereits bestehenden Widmungskategorien für erneuerbare Energie, zB für Wind- und Photovoltaikanlagen, werden durch eine neue Widmungskategorie "Grünland-Batteriespeicheranlagen" für "stand-alone" Großspeicher ergänzt. Weiters werden nun auch Hybridspeicher geregelt. Begleitet wird die Änderung von einer Übergangsbestimmung. Der Ausbau von Batteriespeichern wird sich dadurch in NÖ verlangsamen.
Nach herrschender Ansicht gelten Batteriespeicheranlagen als Erzeugungsanlagen.[2] Dieses Verständnis öffnete bisher die Anwendbarkeit des § 20 Abs 6 NÖ ROG, wonach Betriebsbauwerke für die öffentliche Energieversorgung – darunter auch Energiespeicher – in sämtlichen Grünlandwidmungsarten zulässig waren.
Die Behördenpraxis legte diese Bestimmung bislang weit aus, um sicherzustellen, dass auch privatrechtlich organisierte Betreiber (zB Energieunternehmen in GmbH-Form) die Privilegierung in Anspruch nehmen konnten, sofern ihre Anlagen in ein öffentliches Netz einspeisten und somit der allgemeinen Versorgung dienten. Maßgeblich war somit nicht die Rechtsform des Betreibers, sondern der Versorgungszweck der Anlage.[3] Eine Flächenwidmung für Batteriespeicher im Grünland war daher bislang nicht erforderlich.
Die Widmungsart "Grünland-Windkraftanlagen" (§ 20 Abs 2 Z 19 NÖ ROG) umfasst nun auch Anlagen zur Speicherung der dort erzeugten Energie (Hybridbatteriespeicher), allerdings nur bis zur zweifachen Engpassleistung der Anlagen.[4]
Anmerkungen:
Die Leistungsbegrenzung erscheint angesichts der rasanten technologischen Entwicklung und der zunehmenden Kompaktheit moderner Batteriespeicher als nicht sinnvoll.
Unklar ist zudem das künftig erforderliche Ausmaß der Widmungsflächen:
· Bislang mussten lediglich die Fundamentflächen der Windkraftanlagen gewidmet werden. Sonstige Teile eines Windparks mussten dementsprechend üblicherweise nicht auf einer als "Grünland-Windkraftanlagen" gewidmeten Fläche errichtet werden.
· Dieser Grundsatz findet sich auch weiterhin im nun geänderten § 20 Abs 2 Z 19 NÖ ROG wieder: "Es ist ausreichend, wenn die für das Fundament einer Windkraftanlage erforderliche Fläche gewidmet wird […]".
· Demgegenüber besagt der neue § 20 Abs 6 NÖ ROG jedoch, dass Windkraftanlagen und Speicheranlagen zukünftig nur auf Flächen mit der Widmung "Grünland-Windkraftanlagen" errichtet werden dürfen.
Durch diese Unklarheiten wird einerseits der Zubau von Batteriespeichern zu bestehenden Windparks erschwert, weil häufig keine großflächigen Widmungsflächen für Windkraftanlagen vorliegen. Andererseits wird durch die Änderung in § 20 Abs 6 NÖ ROG die langjährige Praxis infrage gestellt, lediglich auf die Fundamente der Windkraftanlagen abzustellen. Es ist nun nämlich auch bei Windkraftanlagen ohne Batteriespeicher unklar, worauf abzustellen ist.
Die Widmungsart "Grünland-Photovoltaikanlagen" (§ 20 Abs 2 Z 21) umfasst nun ebenfalls standortgebundene Speicher, wiederum bis zur zweifachen Engpassleistung der jeweiligen PV-Anlage[5]. PV auf Bauwerken bleiben weiterhin von der Grünlandwidmung ausgenommen. Ausdrücklich klargestellt wird nun, dass Erdbauwerke nicht als Bauwerke iSd Bestimmung gelten.
Anmerkungen:
Auch hier erscheint die Leistungsbegrenzung angesichts der Effizienzsteigerungen und kompakten Bauformen moderner Batteriesysteme wenig zukunftsfähig.
Für eigenständige ("stand alone") Batteriespeicheranlagen mit einer Entladeleistung von mehr als 1 MW oder einer nutzbaren Kapazität von mehr als 2 MWh wird mit § 20 Abs 2 Z 22 NÖ ROG eine neue Widmungsart "Grünland-Batteriespeicheranlagen" eingeführt.
Bei der Leistungsermittlung gelten Anlagen, die sich auf demselben oder auf angrenzenden Grundstücken befinden, als "räumlich zusammenhängend" und sind somit die Leistungen oder Kapazitäten zu summieren.
Anmerkungen:
Wir verstehen grundsätzlich, dass es für den "Wildwuchs" an "stand alone" Großbatteriespeichern in NÖ eine Lösung braucht. Durch die nun erforderliche Widmung werden neue Projekte im Grünland aber wesentlich verzögert oder verunmöglicht, weil zB die Gemeinden für eine Widmung nicht bereit sind.
Die Regelung soll offenbar auch Umgehungskonstruktionen durch die Aufteilung größerer Speicherprojekte auf mehrere Parzellen verhindern, wirft jedoch in der Praxis Abgrenzungsfragen auf. So bleibt etwa offen, wie "räumlich zusammenhängend" bei getrennter technischer Infrastruktur oder unterschiedlichen Betreibern auszulegen ist.
Erwähnenswert ist idZ auch die Einschränkung auf Batteriespeicheranlagen. Nicht erfasst sind andere Speichertechnologien wie Druckluft- oder Wasserstoffspeicher. Der Gesetzgeber hat es also ausschließlich auf Batteriespeicher abgesehen.
Vorhaben, die am 23.10.2025 bereits bei der nach dem NÖ Elektrizitätswesengesetz (NÖ ElWG) zuständigen Behörde anhängig waren und im Zuge des Verfahrens nicht "wesentlich" geändert werden, bleiben vom neuen Regime unberührt. Als "wesentliche Änderung" gilt eine Erhöhung der Entladeleistung oder Speicherkapazität um mehr als 10 %.
Anmerkungen:
Diese Schwelle ist ausgesprochen niedrig: Schon geringfügige technische Anpassungen oder Softwareoptimierungen könnten ein Widmungserfordernis nach der geänderten Rechtslage auslösen. Angesichts der hohen Innovationsdynamik im Speicherbereich ist fraglich, ob dieser enge Rahmen sachlich gerechtfertigt ist.
Zudem weicht der Wesentlichkeitsbegriff der Novelle erheblich vom Verständnis des NÖ ElWG ab. Dieses sieht nur solche Änderungen als wesentlich an, die geeignet sind, größere oder andere Gefährdungen herbeizuführen. Eine Klarstellung dahingehend wäre wünschenswert, dass genehmigte Anlagen auch künftig am selben Standort angepasst werden dürfen, ohne dass eine neue Widmung erforderlich wird.
Mit der neuen Widmungskategorie "Grünland-Batteriespeicheranlagen" wird der bisher weitgehend freie Rahmen für Batteriespeicheranlagen im Grünland durch ein strenges schwellenwertbasiertes Widmungsregime ersetzt. Ziel ist es, dem rasanten Ausbau von Speicherinfrastruktur eine klare planungsrechtliche Struktur zu geben und ein unkontrolliertes "Wuchern" von Projekten im Grünland zu verhindern.
Für Gemeinden bedeutet die Novelle eine deutlich gestärkte Steuerungsfunktion: Sie entscheiden künftig im Widmungsverfahren aktiv über Speicherstandorte und gewinnen damit energiepolitisches Gewicht.
Für Projektwerber wird es entscheidend sein, die Widmungs-, Netz- und Genehmigungsstrategie frühzeitig integriert zu planen, um spätere Anpassungen und Genehmigungshindernisse zu vermeiden. Ob die Novelle langfristig zu mehr Rechtssicherheit oder lediglich zu mehr Verwaltungsaufwand und langsameren Projekten führen wird, wird sich in der Vollzugspraxis zeigen.
[1] Gesetzesbeschluss hier abrufbar (zuletzt abgerufen am 24.10.2025). Die Errichtung von Batteriespeicheranlagen im Bauland soll grds wie bisher zulässig sein.
[2] Jirak, Der "Stand-alone"-Großbatteriespeicher in Österreich, ecolex 2025/288 mHa BVwG 22.09.2023, W290 2250769-1, sowie VfGH 12.03.2013, V 63/12-8, wonach es sich auch bei Pumpspeicherkraftwerken um Anlagen zur Erzeugung von Energie handelt.
[3] Reiter/Schalhas, Stromspeicher sind Erzeugungsanlagen(?), RFG 2024/33.
[4] Gemeint sind wohl Windkraftanlagen.
[5] Annahme unsererseits, dass es sich um die PV-Anlage handeln muss; im Gesetz steht lediglich "Anlage".
Christoph
Jirak
Partner
austria vienna