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10 December 2024
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Three alternatives to inheritance and wealth taxes

This article was first published in Der Standard 9.12.2024

Das wären drei Alternativen zu Erbschafts- und Vermögenssteuern

Es gäbe andere Wege, Steuern zu erhöhen, ohne die Arbeitseinkommen stärker zu belasten. Etwa über die Abschaffung der Spekulationsfrist bei Goldverkäufen oder eine progressive Immobilienertragssteuer

Angesichts der verheerenden Budgetlage wird einnahmenseitiges und/oder ausgabenseitiges Sparen für Österreich jedenfalls notwendig werden. Während der einnahmenseitige Ansatz Besser- und Mittelverdiener treffen dürfte, könnte der ausgabenseitige Ansatz vor allem Gering- und Mittelverdiener erfassen.

Aufgrund der fehlenden qualifizierten Verfassungsmehrheit von ÖVP, SPÖ und Neos von zwei Dritteln besteht allerdings einnahmenseitig weit weniger politischer Gestaltungsspielraum. Eine solche neue Regierung könnte eine Erbschafts- und Schenkungssteuer oder laufende Vermögenssteuer gar nicht alleine, sondern praktisch nur mithilfe der Grünen wiedereinführen. Schließlich bedarf es für die Höherbesteuerung von Geldeinlagen bei Banken und Erträgen aus Forderungswertpapieren einer verfassungsrechtlichen Änderung des Endbesteuerungsgesetzes.

Das Endbesteuerungsgesetz sichert diese Kapitaleinkünfte ausdrücklich gegen jegliche zusätzliche Besteuerung ab. Umgekehrt ist eine Nichtumfassung dieser Kapitaleinkünfte von einer künftigen Erbschafts- und Schenkungssteuer oder laufenden Vermögenssteuer verfassungsrechtlich bedenklich, sehr missbrauchsanfällig und damit wohl unrealistisch.

Einnahmenseitig stünden auch andere, ähnliche abgabenrechtliche Maßnahmen offen, für die eine qualifizierte Verfassungsmehrheit nicht notwendig ist:

1. Abschaffung der Spekulationsfrist

Aktuell ist der Verkauf von physischem Gold, Schmuck und Kunstwerken nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist durch eine natürliche Person oder eine Privatstiftung ertragsteuerfrei. Die entsprechende Spekulationsfrist könnte von einer neuen Regierung abgeschafft werden und diese Einkünfte auch nach Ablauf eines Jahres weiterhin besteuert werden. Das Steuermehraufkommen aus einer solchen Maßnahme dürfte allerdings gering sein. Zudem ist die Finanzverwaltung insbesondere bei Schmuck und Kunstwerken auf die Steuerehrlichkeit angewiesen, weil sie aktuell im Verkaufsfall über kaum Informationen bezüglich dieser Güter verfügt.

2. Erhöhung der Immobilienbesteurung

Bereits bestehende Steuern wie laufende Grundsteuer oder Grunderwerbsteuer und Immobilienertragsteuer (Immo-ESt) im Transaktionsfall könnten erhöht werden. Zumindest die Erhöhung der Grundsteuer und Grunderwerbsteuer würde natürliche wie juristische Personen gleichermaßen treffen.

3. Progressive Besteuerung bei Immobiliengewinnen

Anstelle der Immo-ESt, die derzeit unabhängig vom Verkaufsgewinn bei 30 Prozent liegt, könnte auch eine progressive Ertragsbesteuerung von Immobilien für natürliche Personen ab einer bestimmten Höhe eines Immobilienerlöses oder Gesamteinkommensbetrags angedacht werden. Einer vergleichbaren progressiven Besteuerung von Kapitalvermögen stünde wiederum das Endbesteuerungsgesetz samt notwendiger Verfassungsmehrheit entgegen.

Generell ist die analytische Besteuerung von Einkünften aus Kapital- und Immobilienvermögen mit einem Sondersteuersatz samt Abgeltungswirkung eine Systemdurchbrechung des historischen Einkommensteuergesetzes in den letzten Jahrzehnten gewesen: Diese passiven Einkünfte werden dadurch gegenüber Aktiveinkünften unsystematisch begünstigt – also gegenüber Einkünften aus Land- und Fortwirtschaft, Einkünften aus selbstständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb und Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.

Besserstellung von Kapitaleinkünften

Auch vor diesem Hintergrund wurde 1993 überhaupt das Endbesteuerungsgesetz von SPÖ und ÖVP geschaffen, das diese unsachliche Besserstellung von Kapitaleinkünften verfassungsrechtlich absichern sollte. Der Unterschied zu einer Erbschafts- oder Schenkungssteuer oder laufenden Vermögenssteuer bliebe der Anknüpfungspunkt, weil nur erwirtschaftete Erträge und nicht die Substanz selbst angetastet werden würden.

Für Körperschaften könnte allenfalls die gerade reduzierte Körperschaftsteuer (KÖSt) pauschal ohne Einschränkung auf Immobiliengewinne wieder erhöht werden. Eine KÖSt-Erhöhung wäre dagegen bei progressiver Besteuerung von Kapitalvermögen nicht zwingend notwendig, weil Ausschüttungen an natürliche Personen ohnehin entsprechend besteuert werden könnten.

Anzumerken ist, dass es international (G20, OECD und EU) erstmals vermehrt Überlegungen gibt, "ultra-high-net-worth individuals" weltweit höher zu besteuern und auf EU-Ebene ein Vermögensregister einzuführen. Auch wenn in der nächsten Legislaturperiode keine Erbschafts- und Schenkungssteuer oder laufende Vermögenssteuer kommt, besteht eine nationale wie internationale Dynamik in diese Richtung. Bis dahin stünden denkbare Alternativen zur Verfügung.

 

(Marco Thorbauer, Tobias Hayden, 10.12.2024)

 

Marco
Thorbauer

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