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Die Richtlinie (EU) 2024/1788 vom 13. Juni 2024 ("GasbinnenmarktRL; GBMRL") regelt als Teil des EU‑Gas- und Wasserstoffpakets erstmals den Gasausstieg der Netzbetreiber mittels Stilllegung von Gasnetzen. Art 57 GBMRL sieht vor, dass Gasverteilernetzbetreiber (Netz-)Stilllegungspläne ("NSP") erarbeiten müssen, wenn sich eine Verringerung der Erdgasnachfrage abzeichnet. Die zuständigen nationalen Behörden bewerten, ob die NSP für das Verteilernetz den in der GBMRL festgelegten Grundsätzen genügen.
Der genehmigte NSP ist Voraussetzung für die Anschlussverweigerung neuer Netzkunden bzw die Kündigung bestehender Kunden. Die RL definiert Voraussetzungen für die Trennung von Gasnetzanschlüssen, zB die Konsultation von Verbraucherverbänden oder die Vornahme von Schutzmaßnahmen für von Energiearmut betroffene und schutzbedürftige Kunden. Auch gibt die GBMRL vor, dass die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene für eine von einer Entscheidung der Regulierungsbehörde betroffene Partei geeignete Rechtsschutzmechanismen zu schaffen haben.
Wem Parteistellung im zukünftigen NSP-Genehmigungsverfahren zukommen soll, hängt davon ab, ob die Entscheidung über den NSP als Bescheid oder Verordnung ("VO") ergeht, wobei diese sowohl Merkmale einer VO als auch eines Bescheids aufweist. Sie wird zwar in erster Linie das jeweilige Gasverteilernetz zum Gegenstand haben, jedoch (mittelbar) auch die an das Gasnetz angeschlossenen Kunden, deren Verträge in Folge der Genehmigung gekündigt werden können und mögliche neue Kunden, die keinen Netzzugang bzw Netzanschluss erhalten, betreffen. Insofern könnte von einem Eingriff in subjektive Rechte der Netzkunden durch Genehmigung des NSP ausgegangen werden. Dass der Rechtsschutz gegen eine VO deutlich schlechter ist als jener gegen einen Bescheid, spricht für die Regelung der Entscheidung über den NSP als Bescheidverfahren, verknüpft doch der VfGH in seiner Rechtsprechung die Rechtsformwahl mit Fragen des Rechtsschutzes. Auch unionsrechtliche Gründe sprechen dafür: Basierend auf dem Effektivitätsgrundsatz des EU-Rechts misst der EuGH Vorschriften der Infrastrukturregulierung in weitem Maße drittschützenden Charakter bei, sodass neben dem Infrastrukturbetreiber als unmittelbarer Adressat der Maßnahme auch die Infrastrukturnutzer als Betroffene anzusehen sind (EuGH C-489/15, CTL Logistics GmbH/DB Netz AG, ECLI:EU:C:2017:834, Rz 94). Für die Stellung als Betroffener genügt die Stellung als potenzieller Nutzer. Da der weitreichende Umfang der subjektiven Rechte aus dem Unionsrecht abgeleitet wird, bezieht er sich nur auf Regelungen, die ihre Grundlage im Unionsrecht finden. Nach dem Unionsrecht knüpft an die Stellung als Betroffener das Recht auf eine effektive Beschwerde an. Das bedeutet, dass potenzielle Nutzer eine Maßnahme der Infrastrukturregulierung effektiv bekämpfen können müssen.
Zusammenfassung:
Autoren: Marta Katarzyna Krzystek, Moritz Üblagger
Marta Katarzyna
Krzystek
Attorney at Law
austria vienna