Sie werden zur Website unserer Muttergesellschaft, Schönherr Rechtsanwälte GmbH, weitergeleitet: www.schoenherr.eu
Der OGH hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach mit der Zulässigkeit von Vertragsklauseln über die Verrechnung von Gebühren und deren Transparenz nach geltendem Verbraucherrecht befasst.
In seiner jüngsten Entscheidung vom 13.02.2025 (9 Ob 116/24k) ging es um die Frage der Zulässigkeit einer Servicegebühr, die von einem Lieferdienst erhoben wird.
In dem Fall klagte die Bundesarbeitskammer (BAK) gegen einen Lieferdienst, der eine Plattform für Partnerbetriebe, Restaurants und Shops, auf der einen und Verbrauchern auf der anderen Seite betreibt. Partnerbetriebe bieten die Zubereitung und ggf auch die Lieferung von Speisen und Getränken aller Art sowie sonstigen im Einzelhandel erhältlichen Produkten zum Verkauf online auf der Plattform an.
Die BAK beanstandete eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Lieferdienstes, die eine Servicegebühr für "die erbrachten Dienstleistungen" vorsieht.
Die Servicegebühr wurde während des gesamten Bestell- und Bezahlvorgangs angezeigt und bei jedem Bestellvorgang verrechnet. Für die Nutzung der Plattform selbst (ohne Tätigen einer Bestellung) wurde kein Entgelt verrechnet.
Während das Handelsgericht Wien der Klage der BAK stattgab, hob das Berufungsgericht dieses Urteil auf und wies die Klage ab. Auch die Revision der BAK beim OGH scheitere – ein Erfolg, nicht nur für ein einzelnes Unternehmen, sondern für die Branche.
Der OGH stellte fest, dass die Servicegebühr eine übliche und erwartbare Entgeltforderung für die Nutzung der Vermittlungsplattform darstellt. Die Klausel sei weder überraschend noch ungewöhnlich und verstoße daher nicht gegen die Geltungskontrolle des § 864a ABGB.
Zudem sei die Klausel auch ausreichend transparent, weil die konkrete Höhe der Servicegebühr während des Bestellvorgangs angezeigt werde. Einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 6 Abs 3 KSchG sah der OGH daher als nicht gegeben. Hierbei verwies er auf eine Entscheidung aus dem Jahr 2024 (9 Ob 34/24a), in der eine Servicegebühr eines Ticketvermittlers von EUR 2,00 (ebenfalls im Gegensatz zu den Vorinstanzen) als transparent beurteilt wurde. Auch dort wurde der Kunde im Rahmen des Webshop-Bestellungsvorgangs unmittelbar vor Abgabe der Bestellung über die konkrete Höhe der Servicegebühr aufgeklärt.
Nachdem es sich bei der Servicegebühr um das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung des Lieferdienstes und nicht um eine Nebenleistung handle, bedurfte es auch keiner Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB. Die viel beachteten sogenannten "Fitnessstudio-Entscheidungen", so zum Beispiel 5 Ob 169/22x, sind wie zutreffend vom OGH ausgeführt, jedenfalls nicht mit der Servicegebühr von Vermittlungsplattformen vergleichbar. Der OGH hatte in diesen Entscheidungen Klauseln zur Einhebung einer jährlichen "Servicepauschale" des Betreibers eines Fitnessstudios als intransparent erachtet, weil dieser Zusatzgebühr keine Leistungen gegenüberstünden. Eine Servicegebühr für die Vermittlungstätigkeit eines Lieferdienstes oder Ticketvertreibers als Hauptentgelt sei hingegen anders zu beurteilen.
Der OGH betonte, dass die Servicegebühr keine Zusatzleistung darstellt, sondern integraler Bestandteil der Hauptleistung ist, nämlich der Vermittlung von Bestellungen zwischen Kunden und Partnerbetrieben.
Diese Entscheidung ist von besonderer Bedeutung für Unternehmen, die ähnliche Geschäftsmodelle betreiben und Verbrauchern Gebühren für die Vermittlung von Leistungen verrechnen.
Die jüngste Entscheidung bestätigt, dass Gebühren für die Vermittlung einer Transaktion im B2C-Bereich rechtlich zulässig sind und transparent vereinbart werden können. Entscheidend ist lediglich die Gestaltung, Verständlichkeit und Transparenz solcher Gebühren und Bedingungen.
Unternehmen sollten sicherstellen, dass solche Gebühren klar als Entgelt für die Hauptleistung ausgewiesen werden und nicht als überraschende oder versteckte Kosten erscheinen.
Autoren: Manuela Zimmermann, Sara Khalil
Manuela
Zimmermann
Partner
austria vienna